"Sie sagen, Sie waren kein normaler Befehlsempfänger, Sie haben mitgedacht. Stimmt das? Haben Sie so gesagt? – Nein, das kann ich mir nicht vorstellen, nein. – Sie waren ein Trottel, Sie haben nicht mitgedacht? – Mitgedacht? – Ja. – Mitgedacht habe ich selbstverständlich, aber ich war kein, ich war kein, ich war ein Befehlsempfänger."
Ein Filmausschnitt aus der Befragung des Angeklagten Adolf Eichmann durch Generalstaatsanwalt Gideon Hausner, zu sehen und zu hören an einer von acht Medienstationen im Berliner Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors". Dem Titel der Ausstellung folgend, haben sich die Kuratoren ganz auf das Gerichtsverfahren konzentriert. Aus unzähligen Stunden Drehmaterial haben sie 50 Minuten ausgewählt, in denen die Einlassungen des Angeklagten mit den Aussagen der Zeugen konfrontiert werden.
Ulrich Baumann, Kurator der Ausstellung, über Eichmann und die Dramaturgie der Filmaufnahmen:
"Sie können im Grunde als Besucher oder als Besucherin ihn viel näher studieren, wie er sich von seiner Mimik her oder seiner Gestik her verhält, wie Besucher im Gerichtssaal in Jerusalem; weil sie sitzen durch die Kameras, die die Bilder eingeholt haben, viel näher an ihm dran als die Besucher damals."
Konsequent verzichten die Kuratoren – dem Beispiel der nüchternen Dauerausstellung in der Topographie des Terrors verpflichtet – auf jedes Artefakt und eine aufwendige Inszenierung. Als Blickfang fallen großformatige Fotografien weit oben an den Wänden ins Auge. Sie zeigen atemlos lauschende Zuhörer im Gerichtssaal bzw. die Orte, die Eichmann als Handelsreisender des Völkermords ansteuerte: von Saloniki bis Amsterdam, von Paris bis Lodz und Budapest.
Sparsam skizziert die Ausstellung die Biografie Adolf Eichmanns, seinen Werdegang im NS-Staat, das Untertauchen nach 1945, die Flucht nach Argentinien bis hin zur Entführung durch den israelischen Geheimdienst. Zu sehen sind Bilder aus Kindertagen, das von Eichmann gefertigte Protokoll der Wannseekonferenz, eine unbekannte Aufnahme von 1947 als Gast einer Hochzeitsfeier in der Lüneburger Heide sowie als Verwalter auf einer Kaninchenfarm in Argentinien in den 50er-Jahren.
Erst kürzlich war bekannt geworden, dass westdeutsche Geheimdienste über das Versteck Eichmanns in Südamerika offensichtlich gut informiert waren. Wer sich von der Ausstellung weiteren Aufschluss darüber erwartet, wie maßgebliche Stellen der frühen Bundesrepublik mit NS-Tätern umgingen, wird jedoch enttäuscht. Die Kuratorin Lisa Hauff:
"Wir haben selber auch vor einigen Monaten einen Antrag beim BND gestellt auf Akteneinsicht. Dieser Antrag ist nicht bewilligt worden. Wir haben uns in dieser Ausstellung vor allen Dingen auf das Prozessgeschehen selbst konzentriert, hauptsächlich zu 80 Prozent."
Der Prozess gegen Adolf Eichmann markierte einen Wendepunkt im Umgang mit dem Nationalsozialismus. Eine lange Zeit des Schweigens und Verdrängens ging zu Ende. In Jerusalem begann vor 50 Jahren die "Ära der Zeitzeugen". Die Worte der Überlebenden, die bis dahin kaum jemand hören wollte, lösten weltweit Bestürzung aus. Die Leiden der Opfer bekamen eine hundertfache Stimme, die Täter mit Eichmann ein Gesicht. Das aktuelle Verfahren gegen den mutmaßlichen KZ-Aufseher John Demjanjuk in München ist der Epilog zu dem in Jerusalem einsetzenden historischen Prozess, die NS-Verbrechen unter großer medialer Begleitung juristisch zu verfolgen.
An der Person Adolf Eichmanns entzündete sich eine weitreichende Debatte über Ursachen, Motive und Verantwortliche des Völkermords. War Eichmann der "Spediteur des Todes", der "Manager der Massenvernichtung" oder nur ein "kleines Rädchen"? Die Ausstellung beteiligt sich nicht an dieser Diskussion.
"Wir haben uns in erster Linie darauf konzentriert, seine Verteidigungsstrategien zu entlarven, soweit es möglich war, und zwar anhand des authentischen Materials. Das stand, was die Person Adolf Eichmann betrifft, für uns im Mittelpunkt; weniger die Rezeption, was aus dem Begriff des Schreibtischtäters oder der Banalität des Bösen geworden ist."
Bei aller Zurückhaltung in der Darstellung - auf spektakuläre Exponate wollten die Kuratoren nicht gänzlich verzichten, als trauten sie ihrem eigenen Konzept nicht. Ab Mitte Mai wird in der Topographie des Terrors die schusssichere Glaskabine zu sehen sein, in der Eichmann während des Prozesses in Jerusalem saß. "Die Banalität des Bösen" hinter Glas.
Topographie des Terrors
Ein Filmausschnitt aus der Befragung des Angeklagten Adolf Eichmann durch Generalstaatsanwalt Gideon Hausner, zu sehen und zu hören an einer von acht Medienstationen im Berliner Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors". Dem Titel der Ausstellung folgend, haben sich die Kuratoren ganz auf das Gerichtsverfahren konzentriert. Aus unzähligen Stunden Drehmaterial haben sie 50 Minuten ausgewählt, in denen die Einlassungen des Angeklagten mit den Aussagen der Zeugen konfrontiert werden.
Ulrich Baumann, Kurator der Ausstellung, über Eichmann und die Dramaturgie der Filmaufnahmen:
"Sie können im Grunde als Besucher oder als Besucherin ihn viel näher studieren, wie er sich von seiner Mimik her oder seiner Gestik her verhält, wie Besucher im Gerichtssaal in Jerusalem; weil sie sitzen durch die Kameras, die die Bilder eingeholt haben, viel näher an ihm dran als die Besucher damals."
Konsequent verzichten die Kuratoren – dem Beispiel der nüchternen Dauerausstellung in der Topographie des Terrors verpflichtet – auf jedes Artefakt und eine aufwendige Inszenierung. Als Blickfang fallen großformatige Fotografien weit oben an den Wänden ins Auge. Sie zeigen atemlos lauschende Zuhörer im Gerichtssaal bzw. die Orte, die Eichmann als Handelsreisender des Völkermords ansteuerte: von Saloniki bis Amsterdam, von Paris bis Lodz und Budapest.
Sparsam skizziert die Ausstellung die Biografie Adolf Eichmanns, seinen Werdegang im NS-Staat, das Untertauchen nach 1945, die Flucht nach Argentinien bis hin zur Entführung durch den israelischen Geheimdienst. Zu sehen sind Bilder aus Kindertagen, das von Eichmann gefertigte Protokoll der Wannseekonferenz, eine unbekannte Aufnahme von 1947 als Gast einer Hochzeitsfeier in der Lüneburger Heide sowie als Verwalter auf einer Kaninchenfarm in Argentinien in den 50er-Jahren.
Erst kürzlich war bekannt geworden, dass westdeutsche Geheimdienste über das Versteck Eichmanns in Südamerika offensichtlich gut informiert waren. Wer sich von der Ausstellung weiteren Aufschluss darüber erwartet, wie maßgebliche Stellen der frühen Bundesrepublik mit NS-Tätern umgingen, wird jedoch enttäuscht. Die Kuratorin Lisa Hauff:
"Wir haben selber auch vor einigen Monaten einen Antrag beim BND gestellt auf Akteneinsicht. Dieser Antrag ist nicht bewilligt worden. Wir haben uns in dieser Ausstellung vor allen Dingen auf das Prozessgeschehen selbst konzentriert, hauptsächlich zu 80 Prozent."
Der Prozess gegen Adolf Eichmann markierte einen Wendepunkt im Umgang mit dem Nationalsozialismus. Eine lange Zeit des Schweigens und Verdrängens ging zu Ende. In Jerusalem begann vor 50 Jahren die "Ära der Zeitzeugen". Die Worte der Überlebenden, die bis dahin kaum jemand hören wollte, lösten weltweit Bestürzung aus. Die Leiden der Opfer bekamen eine hundertfache Stimme, die Täter mit Eichmann ein Gesicht. Das aktuelle Verfahren gegen den mutmaßlichen KZ-Aufseher John Demjanjuk in München ist der Epilog zu dem in Jerusalem einsetzenden historischen Prozess, die NS-Verbrechen unter großer medialer Begleitung juristisch zu verfolgen.
An der Person Adolf Eichmanns entzündete sich eine weitreichende Debatte über Ursachen, Motive und Verantwortliche des Völkermords. War Eichmann der "Spediteur des Todes", der "Manager der Massenvernichtung" oder nur ein "kleines Rädchen"? Die Ausstellung beteiligt sich nicht an dieser Diskussion.
"Wir haben uns in erster Linie darauf konzentriert, seine Verteidigungsstrategien zu entlarven, soweit es möglich war, und zwar anhand des authentischen Materials. Das stand, was die Person Adolf Eichmann betrifft, für uns im Mittelpunkt; weniger die Rezeption, was aus dem Begriff des Schreibtischtäters oder der Banalität des Bösen geworden ist."
Bei aller Zurückhaltung in der Darstellung - auf spektakuläre Exponate wollten die Kuratoren nicht gänzlich verzichten, als trauten sie ihrem eigenen Konzept nicht. Ab Mitte Mai wird in der Topographie des Terrors die schusssichere Glaskabine zu sehen sein, in der Eichmann während des Prozesses in Jerusalem saß. "Die Banalität des Bösen" hinter Glas.
Topographie des Terrors