Tobias Armbrüster: Welche weiteren politischen Folgen hat es nun, wenn Frau Schavan ihren Doktortitel verliert, so wie gestern Abend an der Universität Düsseldorf beschlossen? Mein Kollege Dirk-Oliver Heckmann hat darüber am Abend mit Kai Gehring gesprochen, er ist der bildungs- und hochschulpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.
Erste Frage an ihn: Hat Annette Schavan die Universität mit ihrer Dissertation betrogen?
Kai Gehring: Also wir Grüne haben in den vergangenen Monaten immer gesagt, Plagiieren ist im Wissenschaftsbereich keine Bagatelle und Respekt vor der Wissenschaft gebietet es, das Urteil anzuerkennen, das am Ende des Plagiatsverfahrens steht. Und wir haben gesagt, wenn Frau Schavan ihren Doktorgrad verliert, dann ist sie als Bundeswissenschaftsministerin unhaltbar, so tragisch das für sie als Person auch ist. Jetzt hat die Universität Düsseldorf heute eine Entscheidung getroffen und für Klarheit gesorgt und es wurde formuliert, dass sie als Doktorandin systematisch und vorsätzlich gedankliche Leistungen vorgetäuscht hätte, die sie nicht selber erbracht hat. Ich gehe davon aus, dass die Universität sehr, sehr gründlich geprüft hat und sich die Universität der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst ist, und dass sie auch darauf geachtet hat, dass ihre Entscheidung gerichtsfest ist.
Dirk-Oliver Heckmann: Annette Schavan hat ja erst vor wenigen Tagen betont, Herr Gehring, es mag Flüchtigkeitsfehler gegeben haben, aber sie habe niemals absichtlich plagiiert. Was ist diese Aussage aus Ihrer Sicht vor dem Hintergrund der heutigen Entscheidung wert?
Gehring: Wir haben wissenschaftliche Verfahren und die Universität hat jetzt für Klarheit gesorgt und der Bundeswissenschaftsministerin den Doktorgrad aberkannt. Ich gehe davon aus, dass sie das auf einer klaren Grundlage getan hat, und wir respektieren auch die Entscheidung der Universität, und ich gehe deshalb davon aus, dass die Wissenschaftsministerin die Konsequenz zieht und um Entlassung aus ihrem Amt bittet. Falls nicht, riskiert sie einen Vertrauensverlust für genau dieses Amt.
Heckmann: Aber jetzt ist es ja so, Herr Gehring, dass Annette Schavan über ihre Anwälte hat mitteilen lassen, dass sie gerichtlich gegen die Entscheidung vorgehen wird. Kann man ihr das vergönnen, diese Entscheidung wirklich durch unabhängige Gerichte einmal prüfen zu lassen?
Gehring: Das ist natürlich ihr gutes Recht, wenn Frau Ministerin Schavan gegen den Titelentzug vor dem Verwaltungsgericht klagen will. Mir ist jetzt kein Fall bekannt, in dem ein Verwaltungsgericht die Entscheidung einer Universität korrigiert hätte.
Heckmann: Aber es kann ja sein, dass es kommt.
Gehring: Eine Klage gegen den Titelentzug würde aber womöglich noch mal eine monatelange Hängepartie bedeuten. Ich halte es für fraglich, dass Frau Schavan dann noch die Autorität und Handlungsfähigkeit hätte, die sie bei der Amtsführung als Ministerin braucht. Eine Bundeswissenschaftsministerin ist qua Amt auch Hüterin von Wissenschaftsfreiheit und von wissenschaftlicher Redlichkeit, und wenn sie klagt, riskiert sie, genau das infrage zu stellen. Aber ich gehe auch davon aus, dass die Universität sich der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst ist und sehr gründlich geprüft hat.
Heckmann: Jetzt ist es aber so, Herr Gehring, dass diese Doktorarbeit ja über 30 Jahre her ist. Was sagt das denn über die politische Arbeit einer Ministerin?
Gehring: Also an der politischen Arbeit der Ministerin, da habe ich sehr viel inhaltliche Kritik. Ich finde, dass zum Beispiel das Thema Bildungsarmut bei ihr ein Fremdwort ist und sie viel zu wenig tut, für Bildungsaufstieg zu sorgen. Ich habe viel fachliche, inhaltliche Kritik an ihrer Arbeit. Der Verlust der Doktorarbeit sagt darüber recht wenig aus, aber es ist völlig klar, dass sie sich auch an den Maßstäben messen lassen muss, die in der Wissenschaft gelten, die sie auch selber in der Vergangenheit formuliert hat, und deshalb, so tragisch das für sie als Person ist, glaube ich, dass in der Konsequenz der Rücktritt dann unausweichlich ist.
Heckmann: Im Dezember, da war ja bereits ein internes Gutachten des Promotionsausschusses an die Öffentlichkeit gedrungen. Gehen Sie eigentlich davon aus, dass dieses Verfahren an der Universität Düsseldorf wirklich fair verlaufen ist?
Gehring: Es gab ja schon Diskussionen über dieses Verfahren, aber erst mal ist es so, dass sich jede Universität in Deutschland ein eigenes Verfahren auch gibt und eine eigene Promotionsordnung, und da hat ja offensichtlich auch ein Gutachten gesagt, man hat sich da juristisch entlang diesem Verfahren bewegt. Und deshalb gehe ich jetzt auch erst mal davon aus, dass dieses Verfahren gerichtsfest ist.
Armbrüster: Soweit Kai Gehring, der bildungs- und hochschulpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, gestern Abend hier im Deutschlandfunk im Gespräch mit meinem Kollegen Dirk-Oliver Heckmann.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Dirk-Oliver Heckmann: Annette Schavan hat ja erst vor wenigen Tagen betont, Herr Gehring, es mag Flüchtigkeitsfehler gegeben haben, aber sie habe niemals absichtlich plagiiert. Was ist diese Aussage aus Ihrer Sicht vor dem Hintergrund der heutigen Entscheidung wert?
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Heckmann: Aber es kann ja sein, dass es kommt.
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Gehring: Also an der politischen Arbeit der Ministerin, da habe ich sehr viel inhaltliche Kritik. Ich finde, dass zum Beispiel das Thema Bildungsarmut bei ihr ein Fremdwort ist und sie viel zu wenig tut, für Bildungsaufstieg zu sorgen. Ich habe viel fachliche, inhaltliche Kritik an ihrer Arbeit. Der Verlust der Doktorarbeit sagt darüber recht wenig aus, aber es ist völlig klar, dass sie sich auch an den Maßstäben messen lassen muss, die in der Wissenschaft gelten, die sie auch selber in der Vergangenheit formuliert hat, und deshalb, so tragisch das für sie als Person ist, glaube ich, dass in der Konsequenz der Rücktritt dann unausweichlich ist.
Heckmann: Im Dezember, da war ja bereits ein internes Gutachten des Promotionsausschusses an die Öffentlichkeit gedrungen. Gehen Sie eigentlich davon aus, dass dieses Verfahren an der Universität Düsseldorf wirklich fair verlaufen ist?
Gehring: Es gab ja schon Diskussionen über dieses Verfahren, aber erst mal ist es so, dass sich jede Universität in Deutschland ein eigenes Verfahren auch gibt und eine eigene Promotionsordnung, und da hat ja offensichtlich auch ein Gutachten gesagt, man hat sich da juristisch entlang diesem Verfahren bewegt. Und deshalb gehe ich jetzt auch erst mal davon aus, dass dieses Verfahren gerichtsfest ist.
Armbrüster: Soweit Kai Gehring, der bildungs- und hochschulpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, gestern Abend hier im Deutschlandfunk im Gespräch mit meinem Kollegen Dirk-Oliver Heckmann.
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