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Der schlechteste Showmaster aller Zeiten gibt sein Bestes

Zum zweiten Mal lädt das komische Multitalent Helge Schneider am Samstag zum Tee. Und wahrscheinlich scheiden sich erneut die Geister an "Helge hat Zeit", seiner Interpretation einer Talkshow für den WDR.

Von Achim Hahn |
    Da schaut er gelangweilt aus dem Fenster. Die Arme auf einem Kissen ruhend. Zupft mal an der vertrockneten Blume neben sich. Schaut von links nach rechts und wieder von rechts nach links. Dann auf die Uhr, denn Helge Schneider hat Zeit, bevor er im gefakten Aufzug einfährt in die heiligen Hallen seiner neuen Talkshow.

    "Ja, guten Tach. Hä, hä, hä. - Boach. So."

    Die Atmosphäre ist heimelig. Das Publikum nah dran, manche konnten sogar die besten Plätze unter der Stehlampe ergattern, direkt neben dem Schlagzeug und den Instrumenten, die das Zentrum dieser Show sind. Denn, so sagte Helge Schneider noch letztens:

    "Wir sind nicht hier, um zu reden. Wir haben Zeit."

    Und die schlägt er tot, zumindest, wenn er quatschen muss. Denn das gehört hier zu seinem Anforderungsprofil:

    "Is' ja auch nicht nur 'ne Musikshow, muss mich so ein bisschen um Gäste kümmern, mit denen quatschen."

    Die Talkecken: spartanisch. Mal zwei Kunstledersessel mit Blick in den Garten, mal talkt er irgendwo in der Gegend stehend, mal vor einem Schminktisch. Dazu jede Menge Tee:

    "Ich habe einen eigenen Teekoch!"

    Den könne er sich leisten, sagt er, weil er stinkreich sei; und da Quatsch machen und quatschen ja irgendwie dasselbe scheinen, haben ihn die Programmverantwortlichen wohl auch zum zweiten Mal in den Ring geschickt, obwohl Helge Schneider auf seiner Webseite bekennt, er sei der schlechteste Showmaster aller Zeiten. Und er hat recht:

    "Und zwar hab ich 'ne bunte Auswahl von Gästen in meiner Sendung und zwar, folgende Leute kommen heute, ich habe die Karteikarten dabei, kann ich noch nicht sagen, aber ich mach schon mal die Einleitung an der Orgel."

    Helge Schneider ist ein Improvisationstalent. Auf der Bühne, wo er das Zerdehnen der Zeit absolviert, bis es lustig wird. Im Fernsehen wirkt er als Gastgeber eher unkoordiniert, zerfahren und unkonzentriert. Oft blickt er ratlos, fast Hilfe suchend in die Runde, greift Understatement heischend in die Tasche mit offenbar leeren Karteikarten, sucht immer wieder sein Moderatorenheil an der Orgel. Dann aber lebt er richtig auf.

    Musizieren, das kann er. Der Rest ist belanglose und in dieser Show selten wirklich lustige Nonsensimprovisation, für die ihn seine Fans sonst so lieben. Selbst die Einspielfilmchen etwa von einem blökenden Helge unter Schafen entbehren jeder Komik.

    Dabei sind seine Gäste diesmal ausgesprochen unterhaltsam: die Karnevalslegende Hans Süper beispielsweise,

    "Hans Süper ist jedem ein Begriff, der ihn kennt."

    Mit dem er über seine Showanfänge plaudert.

    "Du hast zum Beispiel jetzt ungefähr 50 Jahre Showgeschäft, 60, 70 Jahre auf dem Buckel, 80 Jahre?"

    Oder auch Ralf König, der einen seiner neuen Evolutions-Comicstrips hinreißend vor Beamerbildern interpretiert.

    Helge: "Und es spricht auch viel Weisheit daraus."

    Ralf: "Das möcht' ich jetzt nicht kommentieren, also Comics können durchaus weise sein, ob dieses ..."

    Helge: "Na ja, Weisheit als bekannte Weisheit, ist 'ne bekannte Weisheit, ist schon sehr, sehr lange bekannt diese Art der Weisheit. - Komm wir malen was."

    Großartig aber auch die Puppenspielerin Suse Wächter, die in der letzten Show bereits u.a. mit Gott höchstpersönlich im Gepäck ankam und nun einen zombiehaft gealterten Udo Lindenberg spielt. Und da zeigt auch Helge Schneider wieder, was er drauf hat, wenn er Udo stimmlich kongenial und sogar im Duett parodiert.


    Von den Gästen selbst erfährt man allerdings eher wenig, was wohlmeinende Kritiker auch für einen hinterhältigen Boykott des Talks selber halten. Immerhin bieten sie die Staffage in der One-and-only-Helge-schindet-Zeit-Show. Denn davon hat er schließlich genug, wie der Titel schon sagt. Fazit:

    "Wollen mal so sagen. Eine im Jahr muss aber reichen. Oder zwei."

    Info
    Helge hat Zeit im WDR Fernsehen am Samstag, 5. Januar 2013, 22.45 - 00.00 Uhr.