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Der "Schwarze Montag" an der Wall Street

Nach einem Höhenflug im Jahr 1987 folgte im Herbst der Absturz an der Wall Street: Vor 25 Jahren brach der US-Leitindex Dow Jones um mehr als 500 Punkte und damit 22 Prozent weg. Es war der größte prozentuale Abrutsch innerhalb eines Tages.

Von Miriam Braun |
    Es sollte ein ganz normaler Montag werden für Louis Sulsenti. Der junge Börsenhändler war damals Mitte 20 und hatte seinen Job in der Finanzindustrie und auf dem Parkett gerade erst begonnen:

    "Ich war der Laufbursche – ich war der, der die Orders vom Parkett unten an die Händler oben in den Büros weitergegeben hat."

    Als am Schwarzen Montag vor 25 Jahren auf einmal die Stimmung kippte: Eine Verkaufsorder folgte auf die nächste - die Kurse rutschten ins Bodelose:

    "Ich weiß noch, 300.000 Aktien sollte ich verkaufen, so hieß es in den Anweisungen von oben. Und fragen sie mich nicht nach den genauen Zahlen: Aber es hieß 50.000 für 40 Dollar, noch mal 50.000 für 30 Dollar und 100.000 für 28 Dollar. Diese Preise waren einfach lächerlich."

    Eigentlich war 1987 bis dato ein gutes Jahr für den Dow Jones gewesen: Der legte in den Monaten zuvor eine scheinbar unaufhörliche Ralley hin war bis August um 15 Prozent auf rund 2700 Punkte angeschwollen. Im September und Anfang Oktober musste er bereits einige Punkte abgeben, dann der schwarze Montag: 508 Punkte und um mehr als 22 Prozent, der prozentual größte Tagesabrutsch in der Geschichte des Leitindex.

    "Ich war Neuling auf dem Parkett, für mich ging die Welt unter, ich dachte es sei das Ende der Börse und des Aktienhandels, es herrschte organisiertes Chaos."

    Schnell breitete sich die negative Stimmung auf die weltweiten Handelsplätze aus. Bis heute ist umstritten welche Ursachen den Abrutsch auslösten. Zu den globalen wirtschaftlichen Entwicklungen und Schwierigkeiten sei auch gerade neu eingeführte Technik hinzugekommen: Portfoliostrategien und deren Absicherungen. Richard Sylla ist Finanzhistoriker an der New York University.

    " Es war ein technisches Hilfsmittel das Halter von großen Portfolios vor zu starken Verlusten schützen sollte. Leider verkaufte es automatisch Papiere wenn die Kurse fielen, was beim Crash passierte. Etwas das eigentlich schützen sollte, schadete letztendlich den Anlegern."

    In den Folgejahren wurde einiges unternommen,um den Handel an der Börse sicherer zu machen. Stürzen Kurse beispielsweise zu stark ab, wird der Handel heute automatisch für einige Zeit gestoppt. Die Kritik an den Tücken der Technik bleibt, und die Angst vor den Folgen. Richard Sylla:

    "Ich habe genug Finanzgeschichte studiert um zu wissen, dass so etwas leicht wieder passieren kann. Denken Sie an den Hochfrequenzhandel - Und wir hatten 2010 ja auch grade erst den Flashcrash. Die schicke Computertechnik, all die Algorithmen und Geschwindigkeit..."

    Je stärker die Computerfeuerkraft, desto größer die Gefahr, dass der Handel außer Kontrolle gerät, meint Sylla.

    Im Oktober 1987 war der damalige US-Notenbank Chef Alan Greenspan erst seit wenigen Monaten im Amt und am "Black Monday" für Stunden auf einem Flug nach Texas. Nach seiner Landung sagte er die sofortige Senkung der Leitzinsen und eine Lockerung der Geldpolitik zu. Auf den Crash folgte weder eine Depression noch ein Rezession, auf Jahressicht konnte der Dow Jones sogar rund 3 Prozent zulegen.

    Auch Louis Sulsenti wird nachdenklich wenn man ihn fragt, ob ein solcher Kursrutsch auch heute möglich wäre.

    "Der Markt ist der Boss. Es gibt keinen anderen Boss. Man kann alle möglichen Meinungen haben über die Ökonomie, einzelne Aktien oder Unternehmen: Am Ende sagt dir der Markt wo es hingeht!"

    Wahrscheinlich kann solch ein Kursrutsch jederzeit wieder passieren, sagt Händler Louis Sulsenti, der inzwischen seit drei Jahrzehnten auf dem Parkett der Wall Street arbeitet.