Betroffen sind wir als Feuerwehrleute direkt. Ich sehe auch ein, dass irgendwo gespart werden muss, aber es ist natürlich auch hart, wenn man bedenkt, man kriegt Urlaubsgeld abgezogen, man kriegt Weihnachtsgeld gekürzt so einen riesig großen Betrag, und vielleicht sollen wir im Endeffekt auch noch länger arbeiten gehen – das ist natürlich ein bisschen viel.
Die Feuerwehrleute aus Köln, verbeamtet im mittleren Dienst, sind empört über die neuesten Sparvorhaben. Bei einem Gehalt von etwa 2.000 Euro brutto, wird ihnen in diesem Jahr das Weihnachtsgeld gekürzt, im nächsten Jahr das Urlaubsgeld ganz gestrichen. Viele fühlen sich in ihrer Existenz bedroht.
Also, wenn das jetzt so kommt: Ich bin Familienvater, zwei Kinder, einer in der Schule, der andere kommt jetzt in den Kindergarten. Dann ist es so, um das alles zu finanzieren, damit die Kinder auch was werden, wird es wohl so sein, dass meine Frau wieder arbeiten gehen muss.
Bundesweit sind die knapp 1,8 Millionen Beamten von Kürzungen betroffen. Die Finanzminister aller Bundesländer sehen sich einer beispiellosen Haushaltsmisere gegenüber. Dabei kennt die Not weder Ländergrenzen noch Parteifarben.
In den vergangenen Monaten gab es gegen die Kürzungen bundesweit immer wieder Proteste und Demonstrationen. Denn das ist das einzige Mittel, das die Beamten haben, um ihrem Unmut Luft zu machen. Streiken dürfen Beamte nicht. Sie stehen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis und sind ausschließlich den Interessen des Staates, sprich dem Allgemeinwohl, verpflichtet.
Bei den Beamten wurden die Arbeits- und Einkommensbedingungen bislang einheitlich per Gesetz geregelt. Doch im Juli dieses Jahres beschloss der Bundesrat eine entscheidende Änderung. Er stimmte für die so genannte Öffnungsklausel. Die ermöglicht es jedem Bundesland, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld der Beamten eigenständig zu regeln. Das war bislang so nicht möglich. Diesen Vorschlag hatte der Bürgermeister von Berlin, Jürgen Wowereit, eingebracht. Sein Hauptbeweggrund war der extreme Haushaltsnotstand in der Bundeshauptstadt.
Spitzenreiter bei den Einsparungen sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Hier werden den Beamten nicht nur Weihnachts- und Urlaubsgeld gekürzt. In diesen Ländern wird zusätzlich die Wochen-Arbeitszeit angehoben – in Hessen und Bayern auf 42 Wochenstunden, in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg müssen die Beamten künftig 41 Stunden in der Woche arbeiten.
Die Gewerkschaftsverbände schlagen Alarm. Der neu gewählte Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Peter Heesen, warnt vor einer Perspektivlosigkeit im öffentlichen Dienst. Dass jedes Bundesland nun bei den Sonderzahlungen seine eigene Suppe kochen kann, hält er für einen Fehler.
Das führt dazu, dass keine Suppe richtig schmeckt. Wir halten von dieser Lösung, die Zahlungsstrukturen freigibt in die Hand der einzelnen Dienstherren, überhaupt nichts. (…)Wir sind nicht in der Wirtschaft, wo sie jetzt miteinander konkurrieren, sondern wir sind in einem Dienstleistungsbereich, wo der Staat Sorge zu tragen hat für eine gleichmäßige gute Dienstleistungsversorgung in allen Bereichen des Landes. Ob das die innere Sicherheit betrifft, ob das die Bildung betrifft, – was immer Sie nehmen, überall müssen wir gleich gut sein. Erst recht übrigens in den strukturschwachen Gebieten und deshalb haben wir überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Bundesländer sich das nun aufs Auge legen, was da geschehen ist.
In fast allen Bundesländern gilt schon ab diesem Jahr: das Weihnachtsgeld wird gekürzt, nach Einkommen gestaffelt. Das reicht von einer Kürzung auf 45 Prozent in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern bis auf 60 Prozent beispielsweise in Hamburg oder Hessen. Bei Pensionären soll, so der hessische Gesetzentwurf, das Weihnachtsgeld auf 50 Prozent gekürzt werden. Die Stadt Berlin will einheitlich nur noch einen Sockelbetrag von 640 Euro als Weihnachtsgeld zahlen. Pensionäre müssen mit der Hälfte auskommen. In Nordrhein-Westfalen sollen Beamte in den unteren Besoldungsgruppen von der geplanten Kürzung des Weihnachtsgeldes ausgenommen werden. Dies betrifft alle Angehörigen des einfachen und die Einstiegsgruppen des mittleren Dienstes. Bayern hingegen will dieses Jahr das Weihnachtsgeld noch nicht kürzen, ab nächstem Jahr dann auf 70 Prozent. Auch Bundesbeamte müssen bei dem Weihnachtsgeld erst ab 2004 mit Kürzungen rechnen. Geplant sind 60 Prozent bzw. für Pensionäre 50 Prozent der jeweiligen Dezemberbezüge.
Beim Urlaubsgeld 2004 gehen Bund und Bundesländer weitaus radikaler vor. In fast allen Ländern wird es ersatzlos gestrichen. Nur Beamte im einfachen und mittleren Dienst können in manchen Bundesländern noch mit etwas Geld rechnen – etwa in Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Bayern bzw. Hessen gewähren lediglich eine Einmalzahlung von 100 bzw. 166 Euro.
Schuld an der Haushaltsmisere in den Ländern sind die niedrigen Steuereinnahmen als Folge der schwachen Konjunktur. Insgesamt müssen die Bundesländer, so die jüngsten Schätzungen der Steuerexperten, mit Steuerausfällen von 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2004 rechnen. Im Jahr 2003 waren es immerhin „nur“ 3,8 Milliarden Euro. Die desolate Haushaltslage zwingt daher alle Landesfinanzminister, den Rotstift anzusetzen.
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) muss in seinem Landeshaushalt 2004 mindestens zwei Milliarden Euro einsparen. Dies, so erläutert er, macht es zwingend notwendig, auch bei den Beamten zu kürzen.
Die Kürzungen sind unumgänglich, weil die Personalkosten der größte Kostenfaktor im Landeshaushalt sind. Wir sind trotz aller Anstrengungen auch in der Zukunft nicht unter 41 Prozent des Jahresbudgets, die wir für Personalkosten ausgeben. Bezogen auf die Steuereinnahmen liegt der Anteil erheblich über 50 Prozent. Vor einem solchen Hintergrund ist es unerlässlich, dass man auch im Bereich der Personalkosten ein Konsolidierungsbeitrag einfordert. Misslich, aber nicht abwendbar aus meiner Sicht ist, dass wir dies nur den Beamten zumuten. Die Angestellten sind hier unter dem Schutz des Tarifvertragswerkes. Die Länder haben allerdings zeitgleich das entsprechende Tarifwerk gekündigt, damit wenigstens mittelfristig hier auch die Gleichbehandlung von Beamten und Angestellten wieder erreicht wird.
Wann die neuen Tarifverhandlungen für die Angestellten anstehen, ist bislang noch unklar. Bis auf weiteres gilt: Beamte und Angestellte werden bei den Kürzungen ungleich behandelt.
Der Deutsche Beamtenbund kritisiert genau diese Ungleichbehandlung von Angestellten und Beamten. In der Vergangenheit hätten die Beamten schon genügend Opfer gebracht, heißt es dort. Seit über 10 Jahren sei die Besoldungsanpassung bei den Beamten immer nur zeitversetzt erfolgt. Es habe auch Jahre ganz ohne Anpassung gegeben. Insofern seien schon enorme Vorleistungen im Tarifbereich erbracht worden. Die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sei zudem noch seit 1990 von 5,3 Millionen auf jetzt nur noch 4,2 Millionen reduziert worden, so der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Peter Heesen. Die Beamten seien zunehmend demotiviert.
Alles, was die Politik in diesem Bereich macht und was bei den Beschäftigten so bitter aufstößt, das führt am Ende zu einer mangelnden Akzeptanz auch des Staates. Denn wir erleben das, es sind viele Menschen im öffentlichen Dienst frustriert, und am Ende ist der Leittragende einer solchen Entwicklung der Bürger. Das möchten wir nicht. Wir wollen einen guten öffentlichen Dienst, wir wollen zufriedene Bürger, aber eben auch einen funktionierenden Staat. Und auf der Basis dieser permanenten Kürzung wird das auf die Dauer nicht mehr zu gewährleisten sein.
Auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sieht die schwindende Motivation als Problem. Denn neben den Kürzungen bei den Sonderzahlungen steht in einigen Ländern auch die Verlängerung der Wochen- bzw. Lebensarbeitszeit an. Dazu werden viele Stellen, so auch bei der Polizei, einfach gestrichen. Dabei habe sich das Aufgabenfeld nach den Anschlägen des 11. September 2001 und durch diverse Auslandsengagements deutscher Polizisten, etwa auf dem Balkan oder in Afghanistan, noch ausgeweitet, so Freiberg.
1998 hatten wir noch ca. 273.000 Polizisten, jetzt haben wir nur noch 266.000, also 7000 weniger. Und wenn wir in die Zukunft schauen, werden noch rund 5000 gekürzt werden. Dies alles, und ich könnte noch eine ganze Linie weiterziehen, d.h. Verlängerung der Wochenarbeitszeit, der Lebensarbeitszeit, Kürzung des Weihnachtsgeldes, von Urlaubsgeld, ganz sogar gestrichen, und dann die weiteren so genannten Reformen im Bereich Gesundheit und Rente summieren sich zu immensen Einsparungen, was zur Folge haben wird, dass wir 20 Jahre lang zurückgeworfen werden. Das ist der Stand, den wir erreicht haben, und das bei einer Polizei an die immer größere Herausforderungen herankommen, wo wir auf die Motivation der Kollegen angewiesen sind. Und das nimmt Schaden.
Wenn jedes Bundesland jetzt machen könne, was es wolle, so Freiberg weiter, dann entstehe dadurch eine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland. Beispiel: der Digitalfunk: Die finanziell besser gestellten Länder wollen den Digitalfunk einführen, die anderen Länder könnten es sich aber nicht leisten. Das Ergebnis: bei Großeinsätzen kann die Polizei aus unterschiedlichen Bundesländern nicht mehr miteinander kommunizieren, was natürlich fatale Auswirkungen haben kann.
Wenn die Entwicklung voranschreitet, werden wir selbstverständlich die Situation haben, dass wir Polizeien haben, die schlecht ausgerüstet sind, schlecht bezahlt werden, und dass es dann Abwanderung gibt, zumindest von höher gestellten Polizeiführern. Die werden natürlich Verlockungen von anderen Bundesländern annehmen. Und ich glaube, dass ist eine völlig verkehrte Entwicklung, die wir dann bekommen. Ich darf das mal ganz einfach sagen: wir bekommen dann eine einfache Lumpenpolizei und eine hochausgerüstete, hochmotivierte Polizei. Davor können wir nur warnen. Wir müssen versuchen, Polizei in Beruf, in Professionalität auf einem gewissen Level zu halten, weil eine innere Sicherheit können wir nur für ganz Deutschland erreichen zusammen, und nicht einzelne Bundesländer.
Seit Sommer versucht nun die Gewerkschaft der Polizei, bundesweit mit großen und kleinen Aktionen auf die Situation ihrer Beamten aufmerksam zu machen. Dabei haben sie Deutschlands Regierungschefs, also den Ministerpräsidenten, den Innenministern oder Bürgermeistern die „Rote Karte“ gezeigt. Die „Rote Karte“ gegen das Foulspiel in der Beamtenbesoldung.
Professor Peter Grottian, Politologe an der Freien Universität Berlin, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Beamte in Deutschland“. 1996 hat er ein Buch veröffentlicht mit dem Titel: „Wozu noch Beamte ? – Vom starren zum schlanken Berufsbeamtentum.“ In Sachen Öffnungsklausel, nach der jedes Bundesland selbst entscheiden kann, wo es die Kürzungen der Sonderzahlungen für seine Beamten ansetzt, ist er sich mit den Gewerkschaftsvertretern durchaus einig.
Wir werden einen Wettbewerb unter den Ländern bekommen und wir werden natürlich sehen, dass vor allem die finanzschwachen Länder, also die ostdeutschen Länder, aber auch Bremen, das Saarland oder Berlin, dass die dann sozusagen besonders kürzen müssen. Und das führt natürlich dann dazu, dass es dann einen Wettbewerb gibt zwischen den guten Beamten und Beamtinnen, und dass dann möglicherweise Bayern und Baden-Württemberg, Hessen immer erheblich die Nase vorn haben. Das ist schon etwas problematisch, wenn man eigentlich der Meinung ist, der Lehrer in Passau sollte eigentlich genau das Gleiche verdienen, wie der Lehrer in Hamburg oder in Berlin.
Grundsätzlich hält er aber die Beamten für privilegiert. Nicht nur, dass Beamte sich nicht fürchten müssten arbeitslos zu werden. Auch beim Gehalt sind sie im Vergleich zu Angestellten besser gestellt. So verdient ein angestellter Lehrer oder ein Angestellter beim Kulturamt zwischen 8 und 25 Prozent weniger als der Beamte, der genau die gleiche Arbeit macht. Allerdings ist auch Professor Grottian der Meinung, dass zumindest die Beamten im höheren und gehobenen Dienst etwas für die Konsolidierung der Finanzhaushalte beitragen müssten.
Ich selbst bin eher der Meinung, dass man eine Strategie fahren muss, die höheren Gehaltsgruppen abzuschöpfen und das zum Teil einzusetzen fürs Sparen. Der andere Teil muss wirklich eingesetzt werden für die junge Generation und für öffentliche Dienstleistungen, die nicht vergreisen dürfen. Man muss schon auch die treffen, die tatsächlich stark sind. Ich sage mal ein Beispiel aus Berlin: Dass der regierende Bürgermeister Wowereit tatsächlich 10.000 Euro weniger Weihnachtsgeld bekommt, das hält nicht nur das Volk für in Ordnung, das ist auch von der Sache her in Ordnung.
Doch eine Arbeitszeitverlängerung, wie sie zusätzlich in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen vorgesehen ist, hält er für einen absoluten Fehler. So trifft es beispielsweise die nordrhein-westfälischen Polizisten besonders hart. Denn neben der Anhebung der Wochenstunden auf 41 soll bei ihnen auch noch die Lebensarbeitszeit verlängert werden. Derzeit werden die nordrhein-westfälischen Polizeibeamten regulär mit 60 Jahren pensioniert. Doch Nordrhein-Westfalens Finanzminister Jochen Dieckmann sieht keinen anderen Ausweg.
Das ist zugegebenermaßen eine ganze Menge, natürlich vor dem Hintergrund, dass wir schon in der Vergangenheit den Beamten einiges zugemutet haben. Es ist allerdings so bei der Konsolidierung der Landeshaushalte im Jahr 2004 und 2005: in dem Zusammenhang sind wir darauf angewiesen, die Arbeitszeit in der Woche und zum Teil auch die Lebensarbeitszeit zu erweitern. Auch der Kostenfaktor beim Personal ist so beachtlich, dass wir hier einen zusätzlichen Beitrag einfordern müssen. Das ist hart, dessen sind wir uns bewusst, aber es gibt keine Alternative. Alle anderen Möglichkeiten sind ausgereizt.
In Nordrhein-Westfalen sollen die Kürzungen der Sonderzahlungen für die Beamten zunächst auf drei Jahre befristet werden. Außerdem sollen die Beamten, so der Vorschlag von Dieckmann, ab 2005 stärker als bisher leistungsbezogen arbeiten. Um Leistungsprämien zahlen zu können, müsste dafür das Grundgehalt gekürzt werden. Insgesamt erhofft sich die nordrhein-westfälische Landesregierung, durch das umfassende Sparpaket neue Spielräume ab dem Jahr 2006 zu schaffen.
Für Bayern hat Ministerpräsident Edmund Stoiber ein klares Ziel vorgelegt. Bis zum Jahr 2006 will er einen Haushalt ohne Schulden vorlegen. Das gelingt nur mit einem radikalen Spar- und Reformkurs. Für die bayerischen Beamten bedeutet dies, dass sie künftig 42 Stunden in der Woche im Dienst sein müssen.
In Hessen, wo die Beamten künftig auch 42 Stunden in der Woche arbeiten sollen, hat das gravierende Auswirkungen auf die Personalstruktur. So sollen beispielsweise im Jahr 2004 von den 1.500 durch Pensionierung freiwerdenden Lehrerstellen nur 30 Prozent – also nur 450 Stellen – wiederbesetzt werden. Die restlichen 1.050 Stellen werden gestrichen. Doch durch die 42-Stunden-Woche entstehe ein „Produktivitätsgewinn“, so das hessische Kultusministerium. Es würden letztendlich keine Stellen gestrichen, sondern man erreiche durch die Mehrarbeit sogar ein Äquivalent von rund 1.300 Stellen, also mehr als vorher.
Doch solche Maßnahmen hält Professor Peter Grottian von der Freien Universität Berlin für einen Weg in die falsche Richtung. Bund und Länder sollten nicht Stellen einsparen, sondern durch Umverteilung neue Stellen schaffen – das würde die Konjunktur ankurbeln. Das würde zum einen die hohe Arbeitslosenquote entlasten und zum anderen jungen Leuten eine Chance geben.
Das ist aber auch gerade das Falsche an dieser Politik, was Hessen betrifft. Also in derzeitigen Zeiten Arbeitszeitverlängerung tatsächlich auf die Fahnen zu schreiben, das ist wirklicher Unsinn. Unsinn deshalb, weil wir ja dafür sorgen sollen, dass durch ein bisschen Arbeitszeitverkürzung und Flexibilisierung und gerade auch durch Umverteilung neue Arbeitsplätze dann auch überhaupt möglich werden. Zur Vitalität öffentlicher Dienstleistung gehört – Gewitter noch eins – auch, dass junge Leute nachwachsen und auch andere Ideen haben, die mit neuen Vorstellungen kommen und da muss man etwas dafür schaffen.
Die Deutsche Telekom will diese Idee zumindest zum Teil verwirklichen. Die Hälfte der 100.000 inländischen Telekom-Mitarbeiter sind, historisch bedingt aus alten Postzeiten, auch Beamte. Technischer Wandel und rückläufiges Mengenaufkommen zwingen den Konzern, die Belegschaft zu verringern. Um jedoch Arbeitsplätze zu sichern, sollen die Mitarbeiter künftig 10 Prozent weniger arbeiten, aber auch im Gegenzug entsprechend weniger verdienen. Dadurch sollen 10.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Für die Telekom-Beamten sind dafür jedoch gesetzliche Änderungen durch den Bundestag notwendig. Es bedarf dazu einer Sonderregelung im Postpersonalrechtsgesetz, die der Bundestag beschließen muss. Die Neuregelungen für die Telekom-Beamten werden aller Voraussicht erst im Frühsommer nächsten Jahres wirksam werden.
Doch bei Bund und Bundesländern besteht wegen der leeren Kassen sofortiger Handlungsbedarf. Das große Wort SPAREN hängt wie ein Damoklesschwert über jedem einzelnen Bundesland. Die Diskussion wird im öffentlichen Dienst noch zusätzlich verschärft, weil im Rahmen der geplanten Gesundheitsreform vermutlich auch Beamte mit Einschnitten bei der Krankenversicherung rechnen müssen. So sollen sie sich künftig beispielsweise bei den Behandlungskosten stärker beteiligen. Die Arbeiten für die Übertragung der Gesundheitsreform auf die Beamten seien bereits angelaufen, heißt es aus dem Bundes-Innenministerium.
Fest stehen indes die unmittelbaren Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld. Bis zum Jahresende werden wohl alle Landtage der einzelnen Bundesländer die nötigen Entscheidungen getroffen haben. Der Gesetzgeber hat dann das letzte Wort, und die Beamten müssen als Staatsdiener, ob sie wollen oder nicht, die Kürzungen hinnehmen.
Die Feuerwehrleute aus Köln, verbeamtet im mittleren Dienst, sind empört über die neuesten Sparvorhaben. Bei einem Gehalt von etwa 2.000 Euro brutto, wird ihnen in diesem Jahr das Weihnachtsgeld gekürzt, im nächsten Jahr das Urlaubsgeld ganz gestrichen. Viele fühlen sich in ihrer Existenz bedroht.
Also, wenn das jetzt so kommt: Ich bin Familienvater, zwei Kinder, einer in der Schule, der andere kommt jetzt in den Kindergarten. Dann ist es so, um das alles zu finanzieren, damit die Kinder auch was werden, wird es wohl so sein, dass meine Frau wieder arbeiten gehen muss.
Bundesweit sind die knapp 1,8 Millionen Beamten von Kürzungen betroffen. Die Finanzminister aller Bundesländer sehen sich einer beispiellosen Haushaltsmisere gegenüber. Dabei kennt die Not weder Ländergrenzen noch Parteifarben.
In den vergangenen Monaten gab es gegen die Kürzungen bundesweit immer wieder Proteste und Demonstrationen. Denn das ist das einzige Mittel, das die Beamten haben, um ihrem Unmut Luft zu machen. Streiken dürfen Beamte nicht. Sie stehen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis und sind ausschließlich den Interessen des Staates, sprich dem Allgemeinwohl, verpflichtet.
Bei den Beamten wurden die Arbeits- und Einkommensbedingungen bislang einheitlich per Gesetz geregelt. Doch im Juli dieses Jahres beschloss der Bundesrat eine entscheidende Änderung. Er stimmte für die so genannte Öffnungsklausel. Die ermöglicht es jedem Bundesland, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld der Beamten eigenständig zu regeln. Das war bislang so nicht möglich. Diesen Vorschlag hatte der Bürgermeister von Berlin, Jürgen Wowereit, eingebracht. Sein Hauptbeweggrund war der extreme Haushaltsnotstand in der Bundeshauptstadt.
Spitzenreiter bei den Einsparungen sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Hier werden den Beamten nicht nur Weihnachts- und Urlaubsgeld gekürzt. In diesen Ländern wird zusätzlich die Wochen-Arbeitszeit angehoben – in Hessen und Bayern auf 42 Wochenstunden, in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg müssen die Beamten künftig 41 Stunden in der Woche arbeiten.
Die Gewerkschaftsverbände schlagen Alarm. Der neu gewählte Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Peter Heesen, warnt vor einer Perspektivlosigkeit im öffentlichen Dienst. Dass jedes Bundesland nun bei den Sonderzahlungen seine eigene Suppe kochen kann, hält er für einen Fehler.
Das führt dazu, dass keine Suppe richtig schmeckt. Wir halten von dieser Lösung, die Zahlungsstrukturen freigibt in die Hand der einzelnen Dienstherren, überhaupt nichts. (…)Wir sind nicht in der Wirtschaft, wo sie jetzt miteinander konkurrieren, sondern wir sind in einem Dienstleistungsbereich, wo der Staat Sorge zu tragen hat für eine gleichmäßige gute Dienstleistungsversorgung in allen Bereichen des Landes. Ob das die innere Sicherheit betrifft, ob das die Bildung betrifft, – was immer Sie nehmen, überall müssen wir gleich gut sein. Erst recht übrigens in den strukturschwachen Gebieten und deshalb haben wir überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Bundesländer sich das nun aufs Auge legen, was da geschehen ist.
In fast allen Bundesländern gilt schon ab diesem Jahr: das Weihnachtsgeld wird gekürzt, nach Einkommen gestaffelt. Das reicht von einer Kürzung auf 45 Prozent in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern bis auf 60 Prozent beispielsweise in Hamburg oder Hessen. Bei Pensionären soll, so der hessische Gesetzentwurf, das Weihnachtsgeld auf 50 Prozent gekürzt werden. Die Stadt Berlin will einheitlich nur noch einen Sockelbetrag von 640 Euro als Weihnachtsgeld zahlen. Pensionäre müssen mit der Hälfte auskommen. In Nordrhein-Westfalen sollen Beamte in den unteren Besoldungsgruppen von der geplanten Kürzung des Weihnachtsgeldes ausgenommen werden. Dies betrifft alle Angehörigen des einfachen und die Einstiegsgruppen des mittleren Dienstes. Bayern hingegen will dieses Jahr das Weihnachtsgeld noch nicht kürzen, ab nächstem Jahr dann auf 70 Prozent. Auch Bundesbeamte müssen bei dem Weihnachtsgeld erst ab 2004 mit Kürzungen rechnen. Geplant sind 60 Prozent bzw. für Pensionäre 50 Prozent der jeweiligen Dezemberbezüge.
Beim Urlaubsgeld 2004 gehen Bund und Bundesländer weitaus radikaler vor. In fast allen Ländern wird es ersatzlos gestrichen. Nur Beamte im einfachen und mittleren Dienst können in manchen Bundesländern noch mit etwas Geld rechnen – etwa in Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Bayern bzw. Hessen gewähren lediglich eine Einmalzahlung von 100 bzw. 166 Euro.
Schuld an der Haushaltsmisere in den Ländern sind die niedrigen Steuereinnahmen als Folge der schwachen Konjunktur. Insgesamt müssen die Bundesländer, so die jüngsten Schätzungen der Steuerexperten, mit Steuerausfällen von 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2004 rechnen. Im Jahr 2003 waren es immerhin „nur“ 3,8 Milliarden Euro. Die desolate Haushaltslage zwingt daher alle Landesfinanzminister, den Rotstift anzusetzen.
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) muss in seinem Landeshaushalt 2004 mindestens zwei Milliarden Euro einsparen. Dies, so erläutert er, macht es zwingend notwendig, auch bei den Beamten zu kürzen.
Die Kürzungen sind unumgänglich, weil die Personalkosten der größte Kostenfaktor im Landeshaushalt sind. Wir sind trotz aller Anstrengungen auch in der Zukunft nicht unter 41 Prozent des Jahresbudgets, die wir für Personalkosten ausgeben. Bezogen auf die Steuereinnahmen liegt der Anteil erheblich über 50 Prozent. Vor einem solchen Hintergrund ist es unerlässlich, dass man auch im Bereich der Personalkosten ein Konsolidierungsbeitrag einfordert. Misslich, aber nicht abwendbar aus meiner Sicht ist, dass wir dies nur den Beamten zumuten. Die Angestellten sind hier unter dem Schutz des Tarifvertragswerkes. Die Länder haben allerdings zeitgleich das entsprechende Tarifwerk gekündigt, damit wenigstens mittelfristig hier auch die Gleichbehandlung von Beamten und Angestellten wieder erreicht wird.
Wann die neuen Tarifverhandlungen für die Angestellten anstehen, ist bislang noch unklar. Bis auf weiteres gilt: Beamte und Angestellte werden bei den Kürzungen ungleich behandelt.
Der Deutsche Beamtenbund kritisiert genau diese Ungleichbehandlung von Angestellten und Beamten. In der Vergangenheit hätten die Beamten schon genügend Opfer gebracht, heißt es dort. Seit über 10 Jahren sei die Besoldungsanpassung bei den Beamten immer nur zeitversetzt erfolgt. Es habe auch Jahre ganz ohne Anpassung gegeben. Insofern seien schon enorme Vorleistungen im Tarifbereich erbracht worden. Die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sei zudem noch seit 1990 von 5,3 Millionen auf jetzt nur noch 4,2 Millionen reduziert worden, so der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Peter Heesen. Die Beamten seien zunehmend demotiviert.
Alles, was die Politik in diesem Bereich macht und was bei den Beschäftigten so bitter aufstößt, das führt am Ende zu einer mangelnden Akzeptanz auch des Staates. Denn wir erleben das, es sind viele Menschen im öffentlichen Dienst frustriert, und am Ende ist der Leittragende einer solchen Entwicklung der Bürger. Das möchten wir nicht. Wir wollen einen guten öffentlichen Dienst, wir wollen zufriedene Bürger, aber eben auch einen funktionierenden Staat. Und auf der Basis dieser permanenten Kürzung wird das auf die Dauer nicht mehr zu gewährleisten sein.
Auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sieht die schwindende Motivation als Problem. Denn neben den Kürzungen bei den Sonderzahlungen steht in einigen Ländern auch die Verlängerung der Wochen- bzw. Lebensarbeitszeit an. Dazu werden viele Stellen, so auch bei der Polizei, einfach gestrichen. Dabei habe sich das Aufgabenfeld nach den Anschlägen des 11. September 2001 und durch diverse Auslandsengagements deutscher Polizisten, etwa auf dem Balkan oder in Afghanistan, noch ausgeweitet, so Freiberg.
1998 hatten wir noch ca. 273.000 Polizisten, jetzt haben wir nur noch 266.000, also 7000 weniger. Und wenn wir in die Zukunft schauen, werden noch rund 5000 gekürzt werden. Dies alles, und ich könnte noch eine ganze Linie weiterziehen, d.h. Verlängerung der Wochenarbeitszeit, der Lebensarbeitszeit, Kürzung des Weihnachtsgeldes, von Urlaubsgeld, ganz sogar gestrichen, und dann die weiteren so genannten Reformen im Bereich Gesundheit und Rente summieren sich zu immensen Einsparungen, was zur Folge haben wird, dass wir 20 Jahre lang zurückgeworfen werden. Das ist der Stand, den wir erreicht haben, und das bei einer Polizei an die immer größere Herausforderungen herankommen, wo wir auf die Motivation der Kollegen angewiesen sind. Und das nimmt Schaden.
Wenn jedes Bundesland jetzt machen könne, was es wolle, so Freiberg weiter, dann entstehe dadurch eine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland. Beispiel: der Digitalfunk: Die finanziell besser gestellten Länder wollen den Digitalfunk einführen, die anderen Länder könnten es sich aber nicht leisten. Das Ergebnis: bei Großeinsätzen kann die Polizei aus unterschiedlichen Bundesländern nicht mehr miteinander kommunizieren, was natürlich fatale Auswirkungen haben kann.
Wenn die Entwicklung voranschreitet, werden wir selbstverständlich die Situation haben, dass wir Polizeien haben, die schlecht ausgerüstet sind, schlecht bezahlt werden, und dass es dann Abwanderung gibt, zumindest von höher gestellten Polizeiführern. Die werden natürlich Verlockungen von anderen Bundesländern annehmen. Und ich glaube, dass ist eine völlig verkehrte Entwicklung, die wir dann bekommen. Ich darf das mal ganz einfach sagen: wir bekommen dann eine einfache Lumpenpolizei und eine hochausgerüstete, hochmotivierte Polizei. Davor können wir nur warnen. Wir müssen versuchen, Polizei in Beruf, in Professionalität auf einem gewissen Level zu halten, weil eine innere Sicherheit können wir nur für ganz Deutschland erreichen zusammen, und nicht einzelne Bundesländer.
Seit Sommer versucht nun die Gewerkschaft der Polizei, bundesweit mit großen und kleinen Aktionen auf die Situation ihrer Beamten aufmerksam zu machen. Dabei haben sie Deutschlands Regierungschefs, also den Ministerpräsidenten, den Innenministern oder Bürgermeistern die „Rote Karte“ gezeigt. Die „Rote Karte“ gegen das Foulspiel in der Beamtenbesoldung.
Professor Peter Grottian, Politologe an der Freien Universität Berlin, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Beamte in Deutschland“. 1996 hat er ein Buch veröffentlicht mit dem Titel: „Wozu noch Beamte ? – Vom starren zum schlanken Berufsbeamtentum.“ In Sachen Öffnungsklausel, nach der jedes Bundesland selbst entscheiden kann, wo es die Kürzungen der Sonderzahlungen für seine Beamten ansetzt, ist er sich mit den Gewerkschaftsvertretern durchaus einig.
Wir werden einen Wettbewerb unter den Ländern bekommen und wir werden natürlich sehen, dass vor allem die finanzschwachen Länder, also die ostdeutschen Länder, aber auch Bremen, das Saarland oder Berlin, dass die dann sozusagen besonders kürzen müssen. Und das führt natürlich dann dazu, dass es dann einen Wettbewerb gibt zwischen den guten Beamten und Beamtinnen, und dass dann möglicherweise Bayern und Baden-Württemberg, Hessen immer erheblich die Nase vorn haben. Das ist schon etwas problematisch, wenn man eigentlich der Meinung ist, der Lehrer in Passau sollte eigentlich genau das Gleiche verdienen, wie der Lehrer in Hamburg oder in Berlin.
Grundsätzlich hält er aber die Beamten für privilegiert. Nicht nur, dass Beamte sich nicht fürchten müssten arbeitslos zu werden. Auch beim Gehalt sind sie im Vergleich zu Angestellten besser gestellt. So verdient ein angestellter Lehrer oder ein Angestellter beim Kulturamt zwischen 8 und 25 Prozent weniger als der Beamte, der genau die gleiche Arbeit macht. Allerdings ist auch Professor Grottian der Meinung, dass zumindest die Beamten im höheren und gehobenen Dienst etwas für die Konsolidierung der Finanzhaushalte beitragen müssten.
Ich selbst bin eher der Meinung, dass man eine Strategie fahren muss, die höheren Gehaltsgruppen abzuschöpfen und das zum Teil einzusetzen fürs Sparen. Der andere Teil muss wirklich eingesetzt werden für die junge Generation und für öffentliche Dienstleistungen, die nicht vergreisen dürfen. Man muss schon auch die treffen, die tatsächlich stark sind. Ich sage mal ein Beispiel aus Berlin: Dass der regierende Bürgermeister Wowereit tatsächlich 10.000 Euro weniger Weihnachtsgeld bekommt, das hält nicht nur das Volk für in Ordnung, das ist auch von der Sache her in Ordnung.
Doch eine Arbeitszeitverlängerung, wie sie zusätzlich in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen vorgesehen ist, hält er für einen absoluten Fehler. So trifft es beispielsweise die nordrhein-westfälischen Polizisten besonders hart. Denn neben der Anhebung der Wochenstunden auf 41 soll bei ihnen auch noch die Lebensarbeitszeit verlängert werden. Derzeit werden die nordrhein-westfälischen Polizeibeamten regulär mit 60 Jahren pensioniert. Doch Nordrhein-Westfalens Finanzminister Jochen Dieckmann sieht keinen anderen Ausweg.
Das ist zugegebenermaßen eine ganze Menge, natürlich vor dem Hintergrund, dass wir schon in der Vergangenheit den Beamten einiges zugemutet haben. Es ist allerdings so bei der Konsolidierung der Landeshaushalte im Jahr 2004 und 2005: in dem Zusammenhang sind wir darauf angewiesen, die Arbeitszeit in der Woche und zum Teil auch die Lebensarbeitszeit zu erweitern. Auch der Kostenfaktor beim Personal ist so beachtlich, dass wir hier einen zusätzlichen Beitrag einfordern müssen. Das ist hart, dessen sind wir uns bewusst, aber es gibt keine Alternative. Alle anderen Möglichkeiten sind ausgereizt.
In Nordrhein-Westfalen sollen die Kürzungen der Sonderzahlungen für die Beamten zunächst auf drei Jahre befristet werden. Außerdem sollen die Beamten, so der Vorschlag von Dieckmann, ab 2005 stärker als bisher leistungsbezogen arbeiten. Um Leistungsprämien zahlen zu können, müsste dafür das Grundgehalt gekürzt werden. Insgesamt erhofft sich die nordrhein-westfälische Landesregierung, durch das umfassende Sparpaket neue Spielräume ab dem Jahr 2006 zu schaffen.
Für Bayern hat Ministerpräsident Edmund Stoiber ein klares Ziel vorgelegt. Bis zum Jahr 2006 will er einen Haushalt ohne Schulden vorlegen. Das gelingt nur mit einem radikalen Spar- und Reformkurs. Für die bayerischen Beamten bedeutet dies, dass sie künftig 42 Stunden in der Woche im Dienst sein müssen.
In Hessen, wo die Beamten künftig auch 42 Stunden in der Woche arbeiten sollen, hat das gravierende Auswirkungen auf die Personalstruktur. So sollen beispielsweise im Jahr 2004 von den 1.500 durch Pensionierung freiwerdenden Lehrerstellen nur 30 Prozent – also nur 450 Stellen – wiederbesetzt werden. Die restlichen 1.050 Stellen werden gestrichen. Doch durch die 42-Stunden-Woche entstehe ein „Produktivitätsgewinn“, so das hessische Kultusministerium. Es würden letztendlich keine Stellen gestrichen, sondern man erreiche durch die Mehrarbeit sogar ein Äquivalent von rund 1.300 Stellen, also mehr als vorher.
Doch solche Maßnahmen hält Professor Peter Grottian von der Freien Universität Berlin für einen Weg in die falsche Richtung. Bund und Länder sollten nicht Stellen einsparen, sondern durch Umverteilung neue Stellen schaffen – das würde die Konjunktur ankurbeln. Das würde zum einen die hohe Arbeitslosenquote entlasten und zum anderen jungen Leuten eine Chance geben.
Das ist aber auch gerade das Falsche an dieser Politik, was Hessen betrifft. Also in derzeitigen Zeiten Arbeitszeitverlängerung tatsächlich auf die Fahnen zu schreiben, das ist wirklicher Unsinn. Unsinn deshalb, weil wir ja dafür sorgen sollen, dass durch ein bisschen Arbeitszeitverkürzung und Flexibilisierung und gerade auch durch Umverteilung neue Arbeitsplätze dann auch überhaupt möglich werden. Zur Vitalität öffentlicher Dienstleistung gehört – Gewitter noch eins – auch, dass junge Leute nachwachsen und auch andere Ideen haben, die mit neuen Vorstellungen kommen und da muss man etwas dafür schaffen.
Die Deutsche Telekom will diese Idee zumindest zum Teil verwirklichen. Die Hälfte der 100.000 inländischen Telekom-Mitarbeiter sind, historisch bedingt aus alten Postzeiten, auch Beamte. Technischer Wandel und rückläufiges Mengenaufkommen zwingen den Konzern, die Belegschaft zu verringern. Um jedoch Arbeitsplätze zu sichern, sollen die Mitarbeiter künftig 10 Prozent weniger arbeiten, aber auch im Gegenzug entsprechend weniger verdienen. Dadurch sollen 10.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Für die Telekom-Beamten sind dafür jedoch gesetzliche Änderungen durch den Bundestag notwendig. Es bedarf dazu einer Sonderregelung im Postpersonalrechtsgesetz, die der Bundestag beschließen muss. Die Neuregelungen für die Telekom-Beamten werden aller Voraussicht erst im Frühsommer nächsten Jahres wirksam werden.
Doch bei Bund und Bundesländern besteht wegen der leeren Kassen sofortiger Handlungsbedarf. Das große Wort SPAREN hängt wie ein Damoklesschwert über jedem einzelnen Bundesland. Die Diskussion wird im öffentlichen Dienst noch zusätzlich verschärft, weil im Rahmen der geplanten Gesundheitsreform vermutlich auch Beamte mit Einschnitten bei der Krankenversicherung rechnen müssen. So sollen sie sich künftig beispielsweise bei den Behandlungskosten stärker beteiligen. Die Arbeiten für die Übertragung der Gesundheitsreform auf die Beamten seien bereits angelaufen, heißt es aus dem Bundes-Innenministerium.
Fest stehen indes die unmittelbaren Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld. Bis zum Jahresende werden wohl alle Landtage der einzelnen Bundesländer die nötigen Entscheidungen getroffen haben. Der Gesetzgeber hat dann das letzte Wort, und die Beamten müssen als Staatsdiener, ob sie wollen oder nicht, die Kürzungen hinnehmen.