Der Tag
Corona-Krise: Was wir von Südkorea lernen können

Wie Südkorea seinen Corona-Ausbruch unter Kontrolle gebracht hat, ohne eine Ausgangssperre zu verhängen. Außerdem: Die große Not der Selbstständigen. Und: Wie ein Zusammenbruch des Euroraumes verhindert werden kann.

Von Philipp May |
Menschen stehen vor einem Geschäft in Daegu Schlange, um Atemschutzmasken zu kaufen.
Menschen stehen Schlange in Daegu. (Jung Yeon-je / AFP)
Volkart Wildermuth aus der Dlf-Wissenschaftsredaktion hat analysiert, wie sich die Corona-Situation in Südkorea darstellte, welche Maßnahmen warum dort gegriffen haben - und was Deutschland davon lernen kann.
Ausgangssituation
Südkorea ist wie Deutschland ein demokratisches und hoch entwickeltes Land mit einem sehr guten Gesundheitssystem. Anders, als in China, sind somit auch die Corona-Zahlen verlässlich. In Südkorea gibt es aktuell 91 Tote und 8865 Infizierte. Aber: Südkorea hatte bereits im Jahr 2015 einen Ausbruch des Corona-Erregers Mers mit damals dramatischen Folgen. Deshalb hat sich Südkorea auf eine solche Situation vorbereitet, hat noch im Dezember 2019 tatsächlich eine Übung durchgeführt, um auf einen Corona-Ausbruch vorbereitet zu sein.
Strategien Südkoreas
  • Erste Fälle: Am Anfang "ging alles ganz zivilisiert los", beschreibt Volkart Wildermuth. Es wurden Tests durchgeführt, Kontakte nachverfolgt und Infizierte unter Quarantäne gestellt.
  • Umfangreiches Testen und Isolation: "Doch dann kam die Patientin Nummer 31", so Wildermuth. Das Besondere: Hier entwickelte sich ein sogenannter Super-Spreader. Die Frau ist Mitglied in einer christlichen Sekte und dort wurden innerhalb kürzester Zeit hunderte Mitglieder positiv getestet. In den nächsten zwölf Tagen gab es in Südkorea mehr als 2.900 Fälle - die meisten aus der Sekte. Dennoch habe Südkorea es geschafft, den Ausbruch in den Griff zu bekommen. Denn sie seien vorbereitet gewesen: Aufgrund der Erfahrung mit dem Virus MERS, so Wildermuth, hatte Südkorea sein Gesundheitssystem verbessert, tatsächlich einen Corona-Ausbruch bereits geprobt und auch eine schnellere Zulassung von Tests verankert. Die Strategie sei: testen, testen, teste, erklärt Wildermuth. Man versuche, möglichst viele Infizierte aufzuspüren, deren Kontakte nachzuverfolgen und unter Quarantäne zu stellen. Es gebe 47 Drive-Through-Stationen, bei denen sich jeder Bürger, der Sorge hat, dass er infiziert sein könnte, kostenlos testen lassen könne. Wer als Infizierter die Quarantäne verlasse, müsse zudem mit hohen Strafen rechnen. Das habe funktioniert - die Zahlen seien deutlich gesunken. Die Strategie sei also gewesen, das Virus einzufangen und zu blockieren.
  • Diffuse Verbreitung: Auch in Südkorea habe sich die Lage aber nun verändert. Es sei oftmals schwierig, konkrete Infizierten-Gruppen auszumachen. 20 Prozent der Fälle ließen sich nun keinem konkreten Ausbruch mehr zuordnen, sondern sie träten diffus auf. Auch in Deutschland habe man den Status der diffusen Verbreitung erreicht. Südkorea setze ebenfalls auf Appelle an die Bevölkerung, die Öffentlichkeit zu meiden. Es gebe auch Apps, die anzeigetn, an welchen Punkten sich Infizierte aufgehalten haben, so dass sich jeder Bewohner informieren könne, ob er dort potenziell infiziert worden ist. Auf diese Art habe Südkorea Ausgangssperren vermeiden können.

Alle Mitwirkende an diesem Podcast:
Volkart Wildermuth (Deutschlandfunk-Wissenschaftsredakteur)
Ralph Zimmmermann (selbstständiger Grafiker)
Prof. Jens Südekum (Ökonom, Uni Düsseldorf)
Feedback an: dertag@deutschlandfunk.de