Das Timing hätte nicht besser sein können. Am Sonntag erst war SpaceX auf einem Versuchsstand in Texas erstmals eine erfolgreiche Zündung ihres neuartigen Raptor-Antriebs gelungen. Dieser Motor verbrennt Methan und flüssigen Sauerstoff. Er leistet dreimal mehr als die derzeitigen Merlin-Triebwerke, mit denen SpaceX regelmäßig die Falcon-9-Rakete startet. Doch um den nächsten Schritt zu gehen – und zwar zum Mars – sind stärkere Triebwerke nötig für eine neue Rakete.
"Die erste Stufe unserer neuen Rakete ist so eine Art vergrößerter Falcon-9-Booster. Es gibt eine Reihe von Ähnlichkeiten, wie die gitterartigen Stabilisierungsflossen. Und auch die neue Rakete wird unten über eine ganze Reihe von Triebwerken verfügen."
Eine Untertreibung. Statt neun Motoren – wie die Falcon 9 – soll die neue Riesenrakete von SpaceX über 42 verfügen, jeder dreimal so stark wie die bisherigen Antriebe. Dies gab SpaceX-Chef Elon Musk gestern auf dem International Astronautical Congress im mexikanischen Guadalajara bekannt. Die neue Rakete wird größer und schubstärker sein als die Saturn V, mit der Astronauten zum Mond geflogen sind. Und das muss sie auch, denn diesmal soll es zum Mars gehen. Als Nutzlast wird diese Rakete zunächst ein Mannschaftsmodul in eine Erdumlaufbahn schießen, in dem hundert Personen Platz finden.
Kolonisierung des Mars
"Die erste Stufe kehrt dann zurück zum Startplatz. Dazu wird sie weniger als 20 Minuten brauchen. Dann wird sie neu beladen, diesmal mit einem Treibstoffbehälter. Mit seiner Hilfe wird das Mannschaftsmodul im Erdorbit aufgetankt. Nach etwa zwei Jahren werden etwa tausend solcher Raumschiffe die Erde umkreisen. Und dann stehen Erde und Mars genau richtig, damit wir diese massenhafte Kolonisierung des Mars angehen können."
Während alle bisherigen – unbemannten – Mars-Sonden mit Fallschirmen oder per Skycrane gelandet sind, soll dieses bemannte Raumschiff zur Landung ausschließlich seine Triebwerke benutzen. Als Test dafür will SpaceX 2018 eine unbemannte Dragon-Kapsel mittels dieses Verfahrens auf dem Mars landen lassen – etwas, das bislang noch nicht einmal der US-Raumfahrtbehörde NASA gelungen ist, wie Philip McAlister zugibt, der Direktor der Abteilung für kommerziellen Raumflug beim Hauptquartier der NASA in Washington, D.C., die SpaceX darin mit Rat und Tat unterstützt.
"Das Wichtigste ist, antriebsgesteuert auf dem Mars landen zu können. Wenn ihnen das gelingt, wäre das für SpaceX ein Riesenerfolg. Und wir von der NASA bekommen diese Daten mindestens ein Jahrzehnt, bevor wir selbst auf dem Mars landen, und zu einem Bruchteil der Kosten."
Zwei Jahre nach dieser unbemannten Red-Dragon-Misson will SpaceX bereits mit ersten Tests seiner neuen Rakete beginnen. Statt Mars Colonial Transporter heißt sie nun Interplanetary Transport System – denn beim Mars soll für Elon Musk noch lange nicht Schluss sein.
Die Kolonie soll allmählich wachsen
"Mit einem triebwerksgesteuerten Lander können Sie überall hin im Sonnensystem. Fallschirme funktionieren nur bei dichten Atmosphären, Landebahnen nur auf der Erde – denn sonst gibt es ja nirgendwo welche. Aber solange Sie Gelegenheit haben, irgendwo aufzutanken, können Sie damit auf den Monden Jupiters landen, auf Saturns Mond Titan und sogar auf Pluto. Solch ein Raumschiff kann Sie überall hinbringen im gesamten Sonnensystem."
Die erste bemannte Mars-Mission 2024 soll also nur ein erster Schritt sein, hinaus ins Sonnensystem - auch wenn viele technische und finanzielle Einzelheiten noch ungeklärt sind. Aber, so John Logsdon, der ehemalige Leiter des Space Policy Instituts der George Washington University in der US-Hauptstadt:
"Elon denkt nicht kleinteilig. Für eine sich selbst versorgende Siedlung auf dem Mars braucht es viele Menschen. Das geht nicht mit einer kleinen Raumschiffbesatzung. Wahrscheinlich wird es anfangs weniger Menschen und viel Fracht geben. Und dann kann die Kolonie allmählich wachsen – dabei reden wir aber über einen Zeitraum von Jahrzehnten."