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Der Traum vom Fliegen

Bundesweit gibt es etwa zehn studentische Fliegergruppen. Die "Akademische Fliegergruppe Darmstadt" ist eine von ihnen. Der Verein mit etwa 60 Aktiven wurde bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Darmstädter Schülern initiiert. Bis heute fliegt man nicht nur, sondern forscht an den Flugzeugen weiter. Erfindungen des Darmstädter "AKAFlieg" stecken nahezu in allen Segelflugzeugen.

Von Ludger Fittkau |
    " Dann Seil anziehen bitte Straff, fertig…Frei!
    Seil fällt. Sah zwar ein bisschen ruppig aus momentan beim Start, aber ich denke das kommt durch die Seitenwind-Komponente. Aber ich denke da kann man zufrieden sein, jetzt (lacht)"

    " Es ist ein normaler Windenstart gewesen, das Flugzeug wird halt beschleunigt über das Windenseil und dann hochgezogen. Die kritische Phase beim Windenstart ist der Anfang, bis man halt auf Sicherheitshöhe ist. Weil man da am meisten von der Winde abhängig ist. Und da muss man halt entsprechend vorsichtig agieren."

    Frank Goldeck ist am diesem Sonntag der sogenannte "Startleiter". Am Rande des grasbedeckten Flugfeldes, auf dem gestartet und gelandet wird, hat er mit einigen anderen Studenten unter einem improvisierten Zeltdach seinen Platz am Funkgerät eingenommen. Heute sind nur Männer gekommen, obwohl inzwischen auch einige Studentinnen fliegen. Vom Zelt aus hält Frank Goldeck den Funkkontakt zum "Tower Heppenheim" und zu dem Studienkollegen, der gerade im Cockpit des Segelflugzeuges sitzt. Nebenbei erzählt der Darmstädter Mathematikstudent, warum er seit vier Jahren die Wochenenden auf dem Flugplatz verbringt und längst auch seinen Pilotenschein in der Tasche hat:

    " Die Begeisterung Luftsport - der Traum vom Fliegen war schon lange da und dann hat man halt gesehen, dass das Angebot da ist, von Seiten der Uni bzw. der AK Flieg. Und dann mal hingegangen, reingeschnuppert und dabeigeblieben.

    Das ist eine Hochschulgruppe mit dem Motto: Forschen, Bauen, Fliegen. Das heißt, Studenten der TU und der FH (…) die sich halt zusammentun, um quasi den Segelflug voranzutreiben. Das heißt, man trifft sich und arbeitet halt an den Projekten, die wir zur Zeit haben."

    Kilian Lankove ist noch nicht ganz so lange dabei. Er studiert Maschinenbau im vierten Semester:

    " Wir bauen auch selber Flugzeuge, das hat natürlich ne ganze Menge mit
    Maschinenbau zu tun, natürlich auch ne Menge mit Mathematik und auch mit anderen
    Dingen, das gehört eigentlich mit dazu zum Maschinenbau."

    Zum Segelfliegen braucht man Geduld. Das haben die AKAFlieg-Neulinge Kilian Lankove und Sebastian Kühner, der im zweiten Semester Elektrotechnik an der FH Darmstadt studiert, schon gelernt: Zwei Jahre wird es etwa dauern, bis sie ihren Pilotenschein gemacht hat.

    "Es geht ja nur am Wochenende, im Grunde. Weil man halt einiges braucht zum Fliegen, man braucht eine Menge Leute, man braucht Material. Deshalb beschränkt sich das meist nur auf Samstag und Sonntag, aber das meist den ganzen Tag.

    Und dann sind wir so viele Flugschüler. Da sitzen wir hier zehn Stunden rum und kommen insgesamt auf 10 Minuten Flugzeit, das sind dann zwei Starts. Weil es viele Leute sind. Und wir müssen auch immer schauen, das wir Fluglehrer beikriegen, es ist ja alles ehrenamtlich, bekommt ja keiner was dafür. Aber, kommt Zeit, kommt Rat. Ich habe es nicht eilig."

    Flugleiter Frank Goldeck fragt den Piloten, der gerade am Himmel ist, ob alles klar ist;

    "Bist Du wassermäßig versorgt? Tschau!"

    Finanziert wird die studentische Fliegerei unter anderem dadurch, dass man Schrottmaschinen aufkauft, sie wieder fit macht und verkauft. Einen kleinen Zuschuss zahlt auch die TU Darmstadt, die auch die Forschungs-Tradition des AKAFlieg zu schätzen weiß:

    Die gibt es seit 1920, das ist schon ein ganzes Weilchen. Hat auch den Segelflug entsprechend geprägt. Die meisten Segelflugzeug-Konstrukteure, Chefkonstrukteure waren in AKAFliegs, viele auch in Darmstadt und von daher wird da schon Wissen transportiert.

    Während auf der zweiten Graspiste des Heppenheimer Flugfeldes ein Motorflugzeug
    startet, erklärt Frank Goldeck, dass im AKA Flieg zur Zeit an einem neuen
    Pilotenrettungssystem geforscht wird:

    " Das ist quasi ein Schleudersitz ohne Sitz. Es wird der Pilot herausgezogen durch eine Rakete, wobei halt nur der Pilot am Fallschirmzeug rausgezogen wird. Das derzeitig einzig verfügbare Rettungssystem für Segelflugzeuge ist ein Gesamtrettungssystem, das den ganzen Flieger rettet. Und da das doch Nachteile bringt, haben wir uns gedacht, das wir das anders lösen möchten und daran arbeiten wir gerade."

    Diese Lösung klingt zwar ein wenig nach Daniel Düsentrieb – ist aber vollkommen ernst gemeint. Doch am Ende sind an diesem heißen Frühsommertag in Heppenheim alle froh, dass die Piloten nicht mit Raketen, sondern mit ihren eleganten Seglern zurück auf den Boden kommen.