2014 war ein bemerkenswertes Jahr, sagt Birgit Fischer, die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen, VFA, bei der Vorstellung des neuen Arzneimittelatlasses. Das ist positiv gemeint. Und doch schwingt auch ein Hauch von Rechtfertigung mit. Denn im vergangenen Jahr sind die Arzneimittelausgaben um fast zehn Prozent gestiegen. Auf 33,3 Milliarden Euro. Ein Plus von 2,8 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Mehr noch: Erstmals seit Jahren liegen die Ausgaben höher als der Referenzwert aus dem Jahr 2010. Damals waren es 30,5 Milliarden.
Kostenbegrenzende Maßnahmen
Um die explodierenden Kosten zu deckeln, trat Anfang 2011 neben anderen kostenbegrenzenden Maßnahmen das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - kurz AMNOG - in Kraft. Damit sollte die Versorgung mit neuen patentgeschützten Arzneimitteln zu angemessenen Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung sichergestellt werden.
"In diesem Jahr, 2014, bestimmen drei Sonderfaktoren die Ausgaben", erklärt Fischer. "Der erhöhte Herstellerabschlag, die Senkung von 16 auf sieben Prozent, die Zunahme der Versichertenzahl um 430.000 und die Erhöhung der Apothekenvergütung. Sodass wir sagen können, die Hälfte der Steigerung entfällt auf Innovation, die andere Hälfte ist ein Einmaleffekt, der im nächsten Jahr nicht mehr so auftreten wird."
Der Rabatt, den die Pharma-Unternehmen gewähren müssen, ist also gesunken und Zuwanderung hat für höhere Versichertenzahlen gesorgt. Zugleich seien im Bereich der neuen Medikamente wichtige Erfolge erzielt worden, erklärt Bertram Häusler, der Leiter des IGES-Instituts, das den Arzneimittel-Atlas erstellt:
"Da stehen die antiviralen Mittel im Vordergrund, das sind im wesentlichen Ausgaben, die mehr entstanden sind aufgrund der Behandlung der Hepatitis C, das sind Krebsmedikamente, die Schlaganfallpräventionsmittel und auch bei den Antidiabetika sind Mehrausgaben durch neue Arzneimittel entstanden."
Innovative Arzneimittel
Nach Ansicht des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie, BPI, hat sich die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln dennoch verschlechtert. Trotz der Arzneimittelmarktreform, der AMNOG, im Jahr 2011, kämen selbst positiv bewertete Medikamente nicht in dem Maße bei den Patienten an, wie es nach dem aktuellen Kenntnisstand vonnöten wäre, heißt es in einem BPI-Gutachten. Die Unsicherheit bei Ärzten, ob es erlaubt sei, ein neues Medikament zu verschreiben, bremse den Fortschritt in der Therapie aus.
"Wir können das anhand unserer Zahlen nicht sehen, dass Ärzte ganz bewusst sich scheuen, neue Präparate zu nehmen", sagt Ann Marini, die Stellvertretende Pressesprecherin des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen.
"Ganz im Gegenteil hätten sie eigentlich mit der frühen Zusatznutzenbewertung sehr sehr viel mehr Information zur Verfügung als früher. Um genau zu gucken, was bringen neue Präparate im Vergleich zu bestehenden Arzneimitteln, die er schon lang einsetzt."
Ärzte seien aber auch verpflichtet, bei Medikamenten mit gleicher Wirkung die wirtschaftliche Alternative zu wählen. Bei neuen Produkten gelte es also zu ermitteln, ob es sich dabei nicht nur um Scheininnovationen handele, die mit anderen Mitteln die gleiche Wirkung erzielten.