Eine Straße, übersät von Schlaglöchern. Alle paar hundert Meter am Straßenrand kreisförmige Erdwälle, bedeckt mit grünen Sandsäcken; dahinter wellblechgedeckte Hütten, Granatwerfer, Maschinengewehre. Im weiten Umkreis kaum Bäume, nur Stümpfe; rauchgeschwärzte Reste von Häusern.
"Das ist die Straße nach Mannar, also die Hauptverbindungsstraße von Vavuniya nach Mannar. Hier fuhr früher auch die Bahn entlang. Aber es kommt ja kein Zug mehr. Und was man hier an der Straße halt sehen kann, ist, dass es rechts und links komplett voll mit Militärposten ist, weil bis letztes Jahr die Frontlinie parallel zur Straße verlief; etwas im Norden, aber parallel. Inzwischen ist die Front nach Norden gewandert, weil die Armee ja Mannar eingenommen hat. Aber man sieht halt noch die Bebauung. Es ist noch komplett zu mit Militärposten, Camps, kleinen Camps."
Die Straße, von der Kirsten Lautenschläger, Mitarbeiterin der "Deutschen Welthungerhilfe", spricht, liegt im Norden Sri Lankas, nördlich der Garnisonsstadt Vavuniya. Hier beginnt das so genannte Vanni, wo Sri Lankas singhalesische Armee derzeit in einer gewaltigen Offensive versucht, die tamilische Rebellenbewegung "Tamil Tigers", LTTE, endgültig zu besiegen, auf dem Rücken von Menschen wie der Vertriebenen 23-jährigen Jelakchimi, die kaum an sich halten kann vor Wut und Verzweiflung.
"Die Singhalesen sind Teufel in Menschengestalt. Wenn wir Frauen in den Dschungel gehen, um Holz zu holen, fallen ihre Soldaten über uns her und versuchen, uns zu vergewaltigen. Von unseren Rationen an Reis, Linsen und Zucker unterschlagen sie einen Teil; auch Schulbücher, Stifte und Papier, die uns Hilfsorganisationen spenden, kommen oft nicht bei unseren Kindern an. Und vor vier Wochen trommelten mitten in der Nacht Bewaffnete an die Türen unserer Unterkunft. Ohne einen Grund zu nennen, verhafteten sie meinen Bruder und meinen Mann. 17 Tage saßen die beiden im Gefängnis; und ich musste meinen letzten Schmuck verkaufen, um sie wieder herauszuholen. Jetzt habe ich immer, wenn die beiden da sind, Angst, Soldaten könnten kommen."
Der Krieg, unter dem Jelakchimi leidet, ist für die Menschen im Süden Sri Lankas ein Krieg geworden, von dem sie nur aus täglichen Siegesmeldungen der Regierung erfahren. Zum eigentlichen Kriegsgebiet haben in- und ausländische Journalisten praktisch keinen Zugang mehr. Selten nur ist es möglich, überhaupt in das Gebiet hineinzugelangen.
Hier am Rande des Vanni treffen in einer Vertriebenensiedlung täglich traumatisierte Menschen ein. Sie können berichten, von ihrem Leid und dem der 250.000 anderen Tamilen, die zwischen den Fronten gefangen sind; Treibgut des Kriegs - wie auch dieser junge Mann, der sich aus Kilinochi durchgeschlagen hat.
"Ich bin schon mehrmals, panisch vor Angst, davon gelaufen, wenn in der Umgebung Granaten oder Bomben explodierten. Vor zwei Wochen ging dann in Kilinochi nur 30 Meter von mir entfernt ein Sprengkörper hoch; und ich sah, wie er mehrere Menschen zerfetzte. Ich habe dann geholfen, einen Mann, dem ein Bein abgerissen worden war, ins Krankenhaus zu bringen."
Der verängstigte junge Mann erzählt über Tempel und Schulen voller Menschen, er erzählt über Hütten aus Ästen und Palmblättern, die jetzt, während des Monsunregens, davonschwimmen; über Schlangenbisse und Malaria. "Zumindest können wir noch Nahrungsmittel ins Kriegsgebiet schaffen, mit Hilfe der Vereinten Nationen", erklärt Dirk Altweck. Er arbeitet bei der "Welthungerhilfe", die als eine von wenigen Hilfsorganisationen noch Vertriebene im Vanni betreut. Dort finde auch bis heute unter Bäumen und Planen Schulunterricht statt, berichtet Altweck. Dies sei nur deshalb möglich, weil es im Vanni etwas in einem Bürgerkrieg Einzigartiges gibt: Bürokraten der Regierung und der "Tamil Tigers" verwalten, ungeachtet der Kämpfe zwischen ihren Armeen, gemeinsam die Region.
"Diese Strukturen haben die ganze Zeit existiert, über die 25 Jahre, die dieser Bürgerkrieg schon dauert. Und sie existieren bis heute. Und über die Jahre der Zusammenarbeit kennen wir natürlich auch die Regierungsvertreter genauso gut, wie auch die Vertreter der anderen Seite. Beide sind bei der Versorgung der Menschen darauf angewiesen, zusammenzuarbeiten. Und es gibt eine Art Zusammenarbeit. Die Not der Menschen brennt natürlich beiden Seiten irgendwie auf den Füßen. Und beide versuchen was immer möglich ist in dieser schwierigen Situation zu tun, in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen."
Was immer möglich ist. Weil die Regierung die Einfuhr von Baumaterialien verbietet, ist es zum Beispiel nicht möglich, regenfeste Unterkünfte zu bauen im Kriegsgebiet.
Der Ort wirkt bedrückend still. Nur die Hunde sind zu hören, zwischen den lang gestreckten, halb verfallenen Baracken der Vertriebenensiedlung, die, umgeben von tiefgrünem Gebüsch, östlich von Vavuniya liegt. 20.000 aus dem Vanni Geflohene leben in solchen und ähnlichen Behausungen; eine Familie auf bisweilen nur drei mal drei Metern, viele seit Jahren, fast alle ohne irgendeine Arbeit. Scheu wirkende Kinder stochern mit Ästen und Fahrradspeichen im feuchten Sandboden ein alter Mann schöpft Wasser aus einem Tiefbrunnen, derweil eine alte Frau einen mürben rot-gelben Sari flickt.
"Uns geht es besser als denen in Kilinochi oder Mullaitivu", sagt Sivanjamana - obwohl auch sie von Reis- und Linsenrationen lebt und die Region nicht verlassen kann; obwohl auch sie Angst hat vor den Soldaten der Regierung und vor den nach wie vor präsenten Rebellen der LTTE, die einen ihrer Enkel rekrutierten, als er 15 war. Viele hier haben Angst, etwas Falsches zu sagen und am nächsten Morgen tot im Busch zu liegen, berichtet Sivanjamana. Aus Angst und Frustration schlagen sie ihre Kinder und trinken.
"Die Männer hier trinken dauernd - meist einen Schnaps, den sie aus Zucker und allerlei Chemikalien gewinnen. Und abends fangen die Besoffenen Streit an - mit Verwandten und Nachbarn. Mich zum Beispiel haben sie neulich angemault, warum ich meine Kinder im Haus lernen lasse, anstatt sie draußen mit ihren Kindern spielen zu lassen. Zum Glück versuchen jetzt einige junge LTTE-Kader, die Männer vom Trinken abzubringen. Aber das führt manchmal zu Prügeleien."
"Das ist die Straße nach Mannar, also die Hauptverbindungsstraße von Vavuniya nach Mannar. Hier fuhr früher auch die Bahn entlang. Aber es kommt ja kein Zug mehr. Und was man hier an der Straße halt sehen kann, ist, dass es rechts und links komplett voll mit Militärposten ist, weil bis letztes Jahr die Frontlinie parallel zur Straße verlief; etwas im Norden, aber parallel. Inzwischen ist die Front nach Norden gewandert, weil die Armee ja Mannar eingenommen hat. Aber man sieht halt noch die Bebauung. Es ist noch komplett zu mit Militärposten, Camps, kleinen Camps."
Die Straße, von der Kirsten Lautenschläger, Mitarbeiterin der "Deutschen Welthungerhilfe", spricht, liegt im Norden Sri Lankas, nördlich der Garnisonsstadt Vavuniya. Hier beginnt das so genannte Vanni, wo Sri Lankas singhalesische Armee derzeit in einer gewaltigen Offensive versucht, die tamilische Rebellenbewegung "Tamil Tigers", LTTE, endgültig zu besiegen, auf dem Rücken von Menschen wie der Vertriebenen 23-jährigen Jelakchimi, die kaum an sich halten kann vor Wut und Verzweiflung.
"Die Singhalesen sind Teufel in Menschengestalt. Wenn wir Frauen in den Dschungel gehen, um Holz zu holen, fallen ihre Soldaten über uns her und versuchen, uns zu vergewaltigen. Von unseren Rationen an Reis, Linsen und Zucker unterschlagen sie einen Teil; auch Schulbücher, Stifte und Papier, die uns Hilfsorganisationen spenden, kommen oft nicht bei unseren Kindern an. Und vor vier Wochen trommelten mitten in der Nacht Bewaffnete an die Türen unserer Unterkunft. Ohne einen Grund zu nennen, verhafteten sie meinen Bruder und meinen Mann. 17 Tage saßen die beiden im Gefängnis; und ich musste meinen letzten Schmuck verkaufen, um sie wieder herauszuholen. Jetzt habe ich immer, wenn die beiden da sind, Angst, Soldaten könnten kommen."
Der Krieg, unter dem Jelakchimi leidet, ist für die Menschen im Süden Sri Lankas ein Krieg geworden, von dem sie nur aus täglichen Siegesmeldungen der Regierung erfahren. Zum eigentlichen Kriegsgebiet haben in- und ausländische Journalisten praktisch keinen Zugang mehr. Selten nur ist es möglich, überhaupt in das Gebiet hineinzugelangen.
Hier am Rande des Vanni treffen in einer Vertriebenensiedlung täglich traumatisierte Menschen ein. Sie können berichten, von ihrem Leid und dem der 250.000 anderen Tamilen, die zwischen den Fronten gefangen sind; Treibgut des Kriegs - wie auch dieser junge Mann, der sich aus Kilinochi durchgeschlagen hat.
"Ich bin schon mehrmals, panisch vor Angst, davon gelaufen, wenn in der Umgebung Granaten oder Bomben explodierten. Vor zwei Wochen ging dann in Kilinochi nur 30 Meter von mir entfernt ein Sprengkörper hoch; und ich sah, wie er mehrere Menschen zerfetzte. Ich habe dann geholfen, einen Mann, dem ein Bein abgerissen worden war, ins Krankenhaus zu bringen."
Der verängstigte junge Mann erzählt über Tempel und Schulen voller Menschen, er erzählt über Hütten aus Ästen und Palmblättern, die jetzt, während des Monsunregens, davonschwimmen; über Schlangenbisse und Malaria. "Zumindest können wir noch Nahrungsmittel ins Kriegsgebiet schaffen, mit Hilfe der Vereinten Nationen", erklärt Dirk Altweck. Er arbeitet bei der "Welthungerhilfe", die als eine von wenigen Hilfsorganisationen noch Vertriebene im Vanni betreut. Dort finde auch bis heute unter Bäumen und Planen Schulunterricht statt, berichtet Altweck. Dies sei nur deshalb möglich, weil es im Vanni etwas in einem Bürgerkrieg Einzigartiges gibt: Bürokraten der Regierung und der "Tamil Tigers" verwalten, ungeachtet der Kämpfe zwischen ihren Armeen, gemeinsam die Region.
"Diese Strukturen haben die ganze Zeit existiert, über die 25 Jahre, die dieser Bürgerkrieg schon dauert. Und sie existieren bis heute. Und über die Jahre der Zusammenarbeit kennen wir natürlich auch die Regierungsvertreter genauso gut, wie auch die Vertreter der anderen Seite. Beide sind bei der Versorgung der Menschen darauf angewiesen, zusammenzuarbeiten. Und es gibt eine Art Zusammenarbeit. Die Not der Menschen brennt natürlich beiden Seiten irgendwie auf den Füßen. Und beide versuchen was immer möglich ist in dieser schwierigen Situation zu tun, in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen."
Was immer möglich ist. Weil die Regierung die Einfuhr von Baumaterialien verbietet, ist es zum Beispiel nicht möglich, regenfeste Unterkünfte zu bauen im Kriegsgebiet.
Der Ort wirkt bedrückend still. Nur die Hunde sind zu hören, zwischen den lang gestreckten, halb verfallenen Baracken der Vertriebenensiedlung, die, umgeben von tiefgrünem Gebüsch, östlich von Vavuniya liegt. 20.000 aus dem Vanni Geflohene leben in solchen und ähnlichen Behausungen; eine Familie auf bisweilen nur drei mal drei Metern, viele seit Jahren, fast alle ohne irgendeine Arbeit. Scheu wirkende Kinder stochern mit Ästen und Fahrradspeichen im feuchten Sandboden ein alter Mann schöpft Wasser aus einem Tiefbrunnen, derweil eine alte Frau einen mürben rot-gelben Sari flickt.
"Uns geht es besser als denen in Kilinochi oder Mullaitivu", sagt Sivanjamana - obwohl auch sie von Reis- und Linsenrationen lebt und die Region nicht verlassen kann; obwohl auch sie Angst hat vor den Soldaten der Regierung und vor den nach wie vor präsenten Rebellen der LTTE, die einen ihrer Enkel rekrutierten, als er 15 war. Viele hier haben Angst, etwas Falsches zu sagen und am nächsten Morgen tot im Busch zu liegen, berichtet Sivanjamana. Aus Angst und Frustration schlagen sie ihre Kinder und trinken.
"Die Männer hier trinken dauernd - meist einen Schnaps, den sie aus Zucker und allerlei Chemikalien gewinnen. Und abends fangen die Besoffenen Streit an - mit Verwandten und Nachbarn. Mich zum Beispiel haben sie neulich angemault, warum ich meine Kinder im Haus lernen lasse, anstatt sie draußen mit ihren Kindern spielen zu lassen. Zum Glück versuchen jetzt einige junge LTTE-Kader, die Männer vom Trinken abzubringen. Aber das führt manchmal zu Prügeleien."