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Der weite Weg vom Mittelmeer nach Brüssel

Die EU-Kommission hat sich bisher um eine klare Antwort auf die Frage gedrückt, ob die italienischen Rückschaffungen von Migranten nach Libyen rechtmäßig sind oder nicht. Ob die EU-Kommission überhaupt eine rechtliche Handhabe gegen das italienische Vorgehen hat, ist umstritten. Denn ein gemeinsames europäisches Asylsystem gibt es bislang nicht.

Von Volker Finthammer, DLR-Studio Brüssel | 14.05.2009
    Seit zehn Jahren arbeitet sich die Europäische Union mittlerweile an einer gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik ab, ohne dass es in der Zwischenzeit wirklich dazu gekommen wäre. Dabei waren und sind die 1999 im finnischen Tampere festgehaltenen Säulen eigentlich unumstritten. Um den Ursachen von Flucht und Auswanderung besser begegnen zu können, braucht es eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern außerhalb der EU. Daneben wollte man über diesen Weg zu einer besseren Steuerung der Migration und Fluchtbewegungen kommen. Den gewinnorientierten Schleusern und Menschenhändlern, so die nüchterne Erkenntnis, kann man nur wirkungsvoll in den außereuropäischen Herkunfts- und Transitländern entgegentreten.

    Schließlich sollte ein gemeinsames europäisches Asylsystem auf der Basis der Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen die rechtlichen Grundlagen für den angemessenen Umgang mit den Asylsuchenden in der EU schaffen.

    Die Schubladen der EU-Kommission in Brüssel sind voll von Konzepten und Papieren. Der Europäische Flüchtlingsrat steht im Prinzip hinter den weitreichenden Plänen der EU-Kommission. Doch der Ball liegt, wie so oft in der EU, im Feld der Mitgliedsländer. Dort hat man sich bislang nicht auf abschließende oder weiter reichende Konzepte verständigen können. Zwar wurde die europäische Grenzschutzagentur Frontex ins Leben gerufen. Doch sie muss mit dem Vorwurf leben, nicht genug zwischen Asylsuchenden und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden und eher zu einer Abschottung Europas beizutragen. Eine Frage, die sich auch nach dem Vorgehen der italienischen Behörden stellt. Anfang Juni wird die Frage der Mittelmeerflüchtlinge, die mit den jüngsten Ereignissen in Italien eine neue Qualität gewonnen hat, wieder auf der Tagesordnung stehen. Auch deshalb gibt sich die EU-Kommission in diesen Tagen sehr vage bei der Bewertung des Vorgehens der italienischen Behörden.

    ""Justizkommissar Barrot ist mit den extremen Schwierigkeiten der Mittelmeerländer vertraut und sich der Notwendigkeit einer europäischen Lösung bewusst. Er hat die Absicht diese Fragen offen auf den nächsten Treffen der Justiz und Innenminister anzusprechen. Ganz generell gesagt, können wir es aber nicht hinnehmen, dass aufgrund krimineller Machenschaften der Schlepperbanden tausende Menschen ihr Leben gefährden. Insofern sind solche den Grenzen vor gelagerte Kontrollen schon angemessene Maßnahmen, um das Risiko solcher lebensgefährlichen Überfahrten zu begrenzen","

    so Michele Cercone, der Sprecher von EU-Justizkommissar Jaques Barrot. Außerhalb der Hoheitsgewässer der Mitgliedsländer hat die EU jedoch keine rechtliche Handhabe. Allein Spanien hat bislang ein Abkommen mit Mauretanien getroffen und patrouilliert gemeinsam mit mauretanischen Grenzsoldaten außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone des Landes, um illegale Überfahrten zu den Kanarischen Inseln frühzeitig zu stoppen.