Beim Gang durch das Europäische Parlament oder den Gebäudekomplex der EU-Kommission merkt man es schnell: In den europäischen Institutionen sind die Frauen angekommen, an allen Ecken und Enden. Und sie sind viele. Angelika Niebler sitzt für die CSU im Europäischen Parlament und ist im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie.
"Ich denke, dass die europäischen Institutionen einen Vorbildcharakter haben. Im europäischen Parlament liegt der Frauenanteil bei konkret 34 Prozent. Das ist nicht schlecht. Im Deutschen Bundestag und im bayerischen Landtag sind es weitaus weniger. Da sind wir in Europa gut aufgestellt. Auch mit Blick auf die Kommission – also wir haben nicht die Gleichberechtigung im Sinne von: den gleichen Anteil von Frauen wie in der Bevölkerung."
Bis dahin ist es noch ein längerer Weg, sagt Niebler. Sie sagt es nicht verbittert, denn sie sieht die Gleichberechtigung als einen gesellschaftlichen Prozess, der auch in Brüssel seine Zeit braucht. Und bei dem es so etwas wie eine 'kritische Masse' gibt.
" ... weil ich auch gesehen habe, in meiner langjährigen politischen Erfahrung, dass sich erst dann etwas ändert, wenn es eine Gruppe von Frauen ist, die in der Politik oder in einem Betrieb mitentscheidet."
... und wer könnte das besser einschätzen als Viviane Reding, EU-Justizkommissarinund eine der Stellvertreterinnen von Kommissionspräsident Barroso. Von dessen sieben Vize sind immerhin drei Frauen. Auf der Ebene der Kommissarinnen und Kommissare hat Viviane Reding allerdings schon 'weiblichere Zeiten' miterlebt: in der vorhergehenden Kommission bis 2010 waren zehn von 27 Frauen. Aktuell sind es neun von 27.
Auf der Ebene darunter, also bei den Kabinettschefs, bei den Sprechern, bei den Generaldirektoren sind die Frauen noch sehr deutlich in der Minderheit. Nur die griechische Kommissarin für maritime Angelegenheiten hat alle ihre Spitzenfunktionen mit Frauen besetzt – bei den anderen, auch bei Frau Reding, gibt es kaum Chefinnen in der ersten Reihe, aber die eine oder andere Stellvertreterin. Das dürfte sich mit der 'nachwachsenden' extrem gut ausgebildeten Frauengeneration ändern. Nicht von allein, aber die jüngeren Frauen begeben sich mit großer Selbstverständlichkeit in die Karriere-Spur. Wie Algarva Stenzel, Pressesprecherin der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament:
"Was einem auf den ersten Blick begegnet sind viele sehr gut ausgebildete Frauen, die durchaus auf verantwortungsvollen Positionen sitzen. Bei uns in der sozialdemokratischen Fraktion, muss ich sagen, sind wir auf einem sehr guten Weg."
Jedenfalls hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der Österreicher Hannes Swoboda ausschließlich Frauen im Kreis seiner einflussreichsten Mitarbeiter. Und fünf von neun seiner Stellvertreter sind Frauen; die Fraktion hat eine Generalsekretärin, diverse Abteilungsleiterinnen.
Gleichstellung zu wollen, heißt aber auch für familienfreundliche Strukturen im
Arbeitsumfeld zu sorgen. Angelika Niebler sagt dazu:
"Wir haben hier in den Institutionen eine wunderbare Situation – es gibt Kinderkrippen; es gibt Kindergarten. Und zwar nicht nur die Möglichkeit, die Kinder da hinzubringen und zu beschäftigen, sondern ganz tolle gezielte Förderung. Also da haben wir viel von den Rahmenbedingungen geändert und auch von der Mentalität, was ja ganz wichtig ist."
Zum Beispiel bei den Arbeitszeitmodellen für die Mitarbeiter der Parlamentarier. Flexible Teilzeitmodelle gehören in allen Fraktionen mehr oder weniger ausgeprägt inzwischen dazu.
Man könnte vermuten, dass manche der 27 Länder mehr als andere Frauen anstellen und beschäftigen, wie es ja auch bei den Parlamentsabgeordneten ziemlich unterschiedliche Frauen-Anteile gibt: Rumänien und Malta haben nur neun Prozent, Ungarn elf Prozent Frauen im Parlament; bei den Schweden dagegen ist annähernd jeder zweite Parlamentarier weiblich. Aber was die Anzahl weiblicher Mitarbeiter angeht, gibt es offenbar keine länderspezifischen Unterschiede, nicht eine Art 'Nord-Süd-Gefälle', glaubt Niebler:
"Vom Bauchgefühl her würde man sagen, dass die nordischen, baltischen, skandinavischen Länder da eher frauenfreundlich eingestellt sind. Aber, wenn ich die Zahlen vergleichen würde, glaube ich, dass sich das nicht bewahrheiten würde. Auch in den südlichen Ländern ist da, verglichen mit 1999, viel passiert. Und da ist mir persönlich auch wichtig, dass wir nicht – ich sag's mal platt – die 'klassischen' Ausschüsse wie den Familienausschuss bedienen, sondern dass auch Frauen Industriepolitik formulieren, dass Frauen Binnenmarktthemen aufgreifen, im Finanzmarktbereich sich einbringen, und, und ... "
Aber eigentlich hat Angelika Niebler einen Wunsch, auf dessen Erfüllung sie wohl noch ein Weilchen wird warten müssen:
" ... dass wir darüber eigentlich gar nicht mehr reden brauchen."
Links bei dradio.de:
Justizkommissarin Reding setzt Unternehmen Frist für Frauenquote - EU-Politikerin erwägt gesetzliche Regelung
SPD macht Druck beim Thema Frauenquote - Frauen-Union stellt fraktionsübergreifenden Antrag in Aussicht
"Ich denke, dass die europäischen Institutionen einen Vorbildcharakter haben. Im europäischen Parlament liegt der Frauenanteil bei konkret 34 Prozent. Das ist nicht schlecht. Im Deutschen Bundestag und im bayerischen Landtag sind es weitaus weniger. Da sind wir in Europa gut aufgestellt. Auch mit Blick auf die Kommission – also wir haben nicht die Gleichberechtigung im Sinne von: den gleichen Anteil von Frauen wie in der Bevölkerung."
Bis dahin ist es noch ein längerer Weg, sagt Niebler. Sie sagt es nicht verbittert, denn sie sieht die Gleichberechtigung als einen gesellschaftlichen Prozess, der auch in Brüssel seine Zeit braucht. Und bei dem es so etwas wie eine 'kritische Masse' gibt.
" ... weil ich auch gesehen habe, in meiner langjährigen politischen Erfahrung, dass sich erst dann etwas ändert, wenn es eine Gruppe von Frauen ist, die in der Politik oder in einem Betrieb mitentscheidet."
... und wer könnte das besser einschätzen als Viviane Reding, EU-Justizkommissarinund eine der Stellvertreterinnen von Kommissionspräsident Barroso. Von dessen sieben Vize sind immerhin drei Frauen. Auf der Ebene der Kommissarinnen und Kommissare hat Viviane Reding allerdings schon 'weiblichere Zeiten' miterlebt: in der vorhergehenden Kommission bis 2010 waren zehn von 27 Frauen. Aktuell sind es neun von 27.
Auf der Ebene darunter, also bei den Kabinettschefs, bei den Sprechern, bei den Generaldirektoren sind die Frauen noch sehr deutlich in der Minderheit. Nur die griechische Kommissarin für maritime Angelegenheiten hat alle ihre Spitzenfunktionen mit Frauen besetzt – bei den anderen, auch bei Frau Reding, gibt es kaum Chefinnen in der ersten Reihe, aber die eine oder andere Stellvertreterin. Das dürfte sich mit der 'nachwachsenden' extrem gut ausgebildeten Frauengeneration ändern. Nicht von allein, aber die jüngeren Frauen begeben sich mit großer Selbstverständlichkeit in die Karriere-Spur. Wie Algarva Stenzel, Pressesprecherin der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament:
"Was einem auf den ersten Blick begegnet sind viele sehr gut ausgebildete Frauen, die durchaus auf verantwortungsvollen Positionen sitzen. Bei uns in der sozialdemokratischen Fraktion, muss ich sagen, sind wir auf einem sehr guten Weg."
Jedenfalls hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der Österreicher Hannes Swoboda ausschließlich Frauen im Kreis seiner einflussreichsten Mitarbeiter. Und fünf von neun seiner Stellvertreter sind Frauen; die Fraktion hat eine Generalsekretärin, diverse Abteilungsleiterinnen.
Gleichstellung zu wollen, heißt aber auch für familienfreundliche Strukturen im
Arbeitsumfeld zu sorgen. Angelika Niebler sagt dazu:
"Wir haben hier in den Institutionen eine wunderbare Situation – es gibt Kinderkrippen; es gibt Kindergarten. Und zwar nicht nur die Möglichkeit, die Kinder da hinzubringen und zu beschäftigen, sondern ganz tolle gezielte Förderung. Also da haben wir viel von den Rahmenbedingungen geändert und auch von der Mentalität, was ja ganz wichtig ist."
Zum Beispiel bei den Arbeitszeitmodellen für die Mitarbeiter der Parlamentarier. Flexible Teilzeitmodelle gehören in allen Fraktionen mehr oder weniger ausgeprägt inzwischen dazu.
Man könnte vermuten, dass manche der 27 Länder mehr als andere Frauen anstellen und beschäftigen, wie es ja auch bei den Parlamentsabgeordneten ziemlich unterschiedliche Frauen-Anteile gibt: Rumänien und Malta haben nur neun Prozent, Ungarn elf Prozent Frauen im Parlament; bei den Schweden dagegen ist annähernd jeder zweite Parlamentarier weiblich. Aber was die Anzahl weiblicher Mitarbeiter angeht, gibt es offenbar keine länderspezifischen Unterschiede, nicht eine Art 'Nord-Süd-Gefälle', glaubt Niebler:
"Vom Bauchgefühl her würde man sagen, dass die nordischen, baltischen, skandinavischen Länder da eher frauenfreundlich eingestellt sind. Aber, wenn ich die Zahlen vergleichen würde, glaube ich, dass sich das nicht bewahrheiten würde. Auch in den südlichen Ländern ist da, verglichen mit 1999, viel passiert. Und da ist mir persönlich auch wichtig, dass wir nicht – ich sag's mal platt – die 'klassischen' Ausschüsse wie den Familienausschuss bedienen, sondern dass auch Frauen Industriepolitik formulieren, dass Frauen Binnenmarktthemen aufgreifen, im Finanzmarktbereich sich einbringen, und, und ... "
Aber eigentlich hat Angelika Niebler einen Wunsch, auf dessen Erfüllung sie wohl noch ein Weilchen wird warten müssen:
" ... dass wir darüber eigentlich gar nicht mehr reden brauchen."
Links bei dradio.de:
Justizkommissarin Reding setzt Unternehmen Frist für Frauenquote - EU-Politikerin erwägt gesetzliche Regelung
SPD macht Druck beim Thema Frauenquote - Frauen-Union stellt fraktionsübergreifenden Antrag in Aussicht