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Des blauen Engels Kostüme und Koffer

Marlene Dietrich war die berühmteste Berlinerin und die berühmteste deutsche Nazigegnerin ihrer Zeit. Nach ihrem Tod wurde ihr Nachlass in New York versteigert - den Zuschlag erhielt vor genau 20 Jahren ihre Geburtsstadt Berlin für acht Millionen D-Mark.

Von Regina Kusch |
    Nachdem Marlene Dietrich 1992 gestorben war, sollte ihr Besitz im New Yorker Auktionshaus Sotheby's versteigert werden. Werner Sudendorf, verantwortlich für die Sammlungen der Deutschen Kinemathek in Berlin, hat ihn sich dort angesehen:

    "Auf 120 Quadratmetern aufgetürmt: Fotos, Schriftgut, dreidimensionale Objekte, Koffer, Kleider, alles sehr eng zusammengepackt. Und das war, als ob man ein Grabmal öffnet, und darin Schätze findet."
    Die Familie der Diva wollte verhindern, dass der Nachlass auseinandergerissen und einzeln verkauft würde. Der Besitz sollte der Öffentlichkeit komplett zugänglich sein. So erhielt die Deutsche Kinemathek für fünf Millionen Dollar den Zuschlag. Am 14. September 1993 unterschrieb der Berliner Kultursenator Ulrich Roloff-Momin in New York den Kaufvertrag und erklärte:

    "Marlene Dietrich ist nicht nur die international bekannteste Schauspielerin Berliner Herkunft. Sie ist, in guten wie in schlechten Zeiten, auch eine Botschafterin all der Charaktereigenschaften gewesen, für die Berlin als Hauptstadt des vereinten Deutschland heute einsteht: Weltoffenheit und Toleranz, Witz und Hilfsbereitschaft, humaner Geist und Widerstand gegen den Ungeist des Nationalsozialismus."
    Marlene Dietrich nahm 1939 die amerikanische Staatsangehörigkeit an. Die deshalb von vielen Deutschen als Verräterin Beschimpfte gab während des Krieges Konzerte für US-Soldaten und besuchte Verwundete in Lazaretten. Dafür wurde sie von Präsident Harry S. Truman mit der Freiheitsmedaille geehrt.

    Ob im Abendkleid auf einem Panzer oder in Uniform im Gespräch mit Soldaten - dass auch Fotos der Dietrich aus dem Zweiten Weltkrieg in der Dauerausstellung des Berliner Filmmuseums gezeigt werden, war ihrer Tochter Maria Riva besonders wichtig:

    "Ich wollte, dass die jungen Leute kommen, um sich den Glamour anzusehen, sie sehen die Kleider, wie die Dietrich wirklich aussah. Darum wollte ich, dass die amerikanische Uniform auch im Museum zu sehen ist, sodass man auf einmal sagt, ach, das hat sie auch getan."
    Obwohl sie immer behauptete, sie sei keine Sammlerin, hat die Dietrich fast alles aufgehoben: Korrespondenzen, Verehrergeschenke, bergeweise Schrankkoffer, unzählige Zigarettenetuis und Feuerzeuge mit Monogrammen, den alten Gips von einem Beinbruch, sogar die Türschilder ihrer Garderoben hat sie stets abgeschraubt Werner Sudendorf:

    "Das deutet darauf hin, dass sie sich schon sehr bald, wie die Amerikaner sagen, als einen Brand gesehen hat. Als eine Marke. Alles an Marlene ist auch für die Öffentlichkeit bestimmt. Es gibt Marlenehemden, Manschettenknöpfe, Marlenehosen und so weiter. Und das war nur Marlene."

    Die Kostüme aus den Filmen, die Marlene Dietrich weltberühmt machten, "Der blaue Engel" mit Emil Jannings, "Marokko" mit Gary Cooper oder "Der große Bluff" mit James Steward, sie alle sind in Berlin zu sehen; auch das berühmte Chiffonkleid: bestickt mit zahllosen Perlen, die so wirkten, als trüge sie sie direkt auf der Haut und darüber eine Schleppe aus Schwanenfell; so erschien sie in den 50er-Jahren auf ihren Konzerttourneen, erzählt Werner Sudendorf:

    "Das konnte Marlene nur zwei Stunden tragen, dann fing es an zu reißen, weil diese Strassbommeln zerrten an diesem dünnen Stoff deswegen kann man es auch nur kurz ausstellen. Wir haben hier auch das Nähetui von Marlene. Wenn da was kaputt war, hat sie es selbst genäht."
    Über 300.000 Einzelstücke sind nach Berlin verschifft und dann katalogisiert worden. Das ist der umfangreichste Künstlernachlass, der jemals verkauft wurde. Werner Sudendorf:

    "Überall auf der Welt gibt es Leute, die sie gekannt haben, gibt es Liebhaber oder die Kinder von Liebhabern. Sie ist ja um die ganze Welt gereist, deshalb ist für uns das Ausstellungspotenzial die ganze Welt."