Die K-Street/Ecke 13. Straße in Washington D.C: Der Sitz der "Washington Post", jener Zeitung, die 1972 den Watergate-Skandal aufdeckte und zwei Jahre später Präsident Nixon zu Fall brachte. In diesem Jahr versuchte die "Washington Post", Donald Trump zu verhindern. Monatelang setzte sie ihm mit ihrem Faktencheck nach, entlarvte seine Halbwahrheiten und Lügen im Wahlkampf, begleitete seine Entgleisungen und hinterfragte seine politischen Versprechen. Dafür wurden die Reporter der "Washington" Post von ihm mit Schimpf und Schande überzogen. Abschaum hat er sie genannt und sie aus dem Reporterpool seiner Kampagne geworfen.
"There is a lot of uncertainty right now."
Margaret Sullivan sagt, jetzt sei die Verunsicherung groß. Margaret Sullivan ist die Medienredakteurin der "Washington Post". Die Berichterstattung über die Arbeitsbedingungen der Berichterstatter: Das ist ihr Metier.
Neulich schrieb sie in einer Kolumne, dass die alte Verabredung zwischen den Medien und der Macht unter Donald Trump nicht mehr gelten werde. Die Formel: Zugang zu Informationen gegen Rechenschaftspflicht werde außer Kraft gesetzt. Niemand wisse, wie sich das Verhältnis zwischen den Journalisten und Donald Trump künftig gestalten wird.
"He said he would going to act differently in Washington than other politicians have and he has done just that."
Trump habe angekündigt, er werde anders mit den Medien umgehen als andere Politiker – und genau das habe er getan: Als Erstes werden das die Journalisten im Weißen Haus zu spüren bekommen, meint Margaret Sullivan. Jene Kolleginnen und Kollegen, die zum offiziellen Pressecorps gehören und aus dem Zentrum der Macht berichten.
Tägliche Presse-Briefings sollen abgeschafft werden
Dieser Tage ließ Rience Priebus, der künftige Stabschef im Weißen Haus, wissen, Trump wolle die täglichen Presse-Briefings mit seinem Sprecher abschaffen. Die einflussreiche White House Correspondents Aassociation, die Vereinigung der Korrespondenten im Weißen Haus, schlug Alarm. Es geht dabei nicht um einen Bruch mit lieb gewordenen Traditionen, sagt Margaret Sullivan. Es geht darum, das Ohr ganz nah am Präsidenten zu haben, Informationen zu bekommen, nachzufragen.
"They are very important in terms of knowing what's going on with the president and being able to ask questions."
Margaret Sullivan, die Medienredakteurin der Post, ist sich mit ihren Kollegen einig, dass sich nicht nur der Stil im Umgang mit den Medien verändern wird. Der Vorstoß, die festen Plätze für Korrespondenten im Briefing-Room, im Presseraum des Weißen Hauses, künftig nicht mehr von der Korrespondentenvereinigung vergeben zu lassen, sondern von der Administration, sei ein erstes Warnsignal, sagt Sullivan. Die Kollegen befürchten, dass sie künftig einer Auslese unterzogen werden sollen: Ist deine Berichterstattung gelitten, bekommst du einen Platz. Wenn nicht, bleibst du draußen.
"If you are good you are going to sit here and when you are not good you won't be there at all."
Keine einzige Pressekonferenz seit der Wahl
Dass Donald Trump mit den Medien auf Kriegsfuß steht, das hat er nicht nur mit seinen zum Teil persönlichen und verletzenden Beschimpfungen unter Beweis gestellt. Er hat seit der Wahl auch noch keine einzige Pressekonferenz gegeben. Er geht einer kritischen Befragung der Journalisten aus dem Weg, sagt Margaret Sullivan: Er möchte nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
"He actually doesn't want to be in a position, where he has to answer tough questions or be held accountable."
Donald Trump hat sich seine eigene Medienwelt geschaffen. Durch gezielte Interviews mit seinem Lieblingssender "FoxNews". Oder durch seine Tweets, die er nächtens absetzt, manchmal in schneller Folge hintereinander.
Eine mediale Einbahnstraße, auf die man nur schlecht reagieren kann, sagt Margaret Sullivan: Und wenn einer seiner 17 Millionen Follower auf einen Tweet antwortet, ignoriert er es.
"If you are tweeting, no one is really coming back to that. If somethings comes back, you can ignore them very easily."
Es wird alles anders werden, sagt Margaret Sullivan: Donald Trump wird sich nicht mehr an die eingespielten Regeln im Umgang mit den Medien halten. Das sagt auch George Packer. Und meint damit den fundamentalen politischen Paradigmenwechsel, der mit diesem 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten verbunden sein wird.
"He is chaotic. He is unformed. I see impulses, a lot of them are just personal impulses."
Trump sei chaotisch. Ungeformt. Impulsiv – auch persönlich aufbrausend. George Packer ist einer der bekanntesten Journalisten der USA. Als er unlängst zu einer Veranstaltung nach Washington kam, standen die geladenen Gäste Schlange. George Packer ist monatelang durch die USA gereist und hat eine "innere Geschichte des neuen Amerika" geschrieben, wie er es nannte: Sein Buch "Die Abwicklung", in der er die Widersprüche, die Brüche und die Polarisierung in der amerikanischen Gesellschaft schildert, ist auch in Deutschland ein Bestseller. Jetzt macht er sich große Sorgen, wie er sagt. Und führt nicht nur die Namen und Personen an, die Donald Trump ins Weiße Haus und an den Kabinettstisch berufen hat, sondern auch die Art und Weise, wie er dabei vorging.
"Ich mag das. Ich mag das nicht. Dem kann ich vertrauen. Der ist hundertprozentig loyal. Ich mag Generäle. Ich mag Vorstandsvorsitzende und Finanzleute von der Wallstreet. Ich mag Menschen, die so sind wie ich. Weiße Männer in Führungspositionen."
"Washington Post" will professionell mit Trump umgehen
George Packer sagt, er hätte es durchaus für möglich gehalten, dass irgendwann mal ein Populist im Oval Office sitzt. Aber nicht jetzt. Und nicht Donald Trump. Trump wird das Land verändern, sagt Packer – und die USA politisch neu verorten: Trump wird auch die Außenpolitik auf den Kopf stellen. Russland, China, der Nahe Osten, Europa – die alten Gewissheiten werden über Bord gehen, glaubt Packer.
"No one knows what he is gonna do. And no one should pretend to."
Die "Washington Post" indes weiß bereits, wie sie mit dem neuen Präsidenten, mit Donald Trump im Weißen Haus umgehen wird: professionell. Chefredakteur Marty Baron hat allen 600 Redakteuren, Online- und Videokollegen im Newsroom, aber auch allen Autoren, Reportern und Leitartiklern die Richtung vorgegeben. Die "Washington Post" wird sich ganz auf ihre journalistische Wächterrolle konzentrieren, sagt Margaret Sullivan.
"Wir werden hartnäckig berichten, wir werden dabei die Gebote der Fairness beachten und uns einen offenen Blick bewahren. Aber gleichzeitig werden wir uns die Dinge wirklich sehr genau ansehen."
Die "Washington Post" hat dieser Tage ihr Personal im Weißen Haus deutlich aufgestockt. Und sie hat eine Vielzahl von Reportern benannt, die ab sofort das ganze Land bereisen sollen, um den USA unter Donald Trump kontinuierlich den Puls zu fühlen.