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Deutsch als Fremdsprache
Ungleiche Bezahlung für Lehrer

Lehrer, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten, sind Mangelware. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat deshalb den Stundenlohn für Unterricht in seinen Integrationskursen erhöht. Das sorgt für Unmut bei den Lehrern an den Volkshochschulen, denn sie leisten die gleiche Arbeit, erhalten aber weniger Geld.

Von Moritz Börner |
    Dozentin Ursula Achterkamp (l.), unterrichtet am 04.02.2016 in Osterburg (Sachsen-Anhalt) Flüchtlinge aus Syrien während eines Deutschkurses.
    Der Beruf, an dem das Gelingen der Integration von hunderttausenden Flüchtlingen hängt, wird nicht wirklich gut bezahlt. (dpa / picture-alliance / Jens Wolf)
    Hedwig Schulte aus Düsseldorf unterrichtet Deutsch als Fremdsprache. In bis zu 30 Unterrichtsstunden pro Woche bringt sie Zuwanderern die deutsche Sprache bei. Sie hat zwei Auftraggeber: die Volkshochschule Düsseldorf und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Beide bezahlen sie aber ganz unterschiedlich: Von der Volkshochschule bekommt sie für eine Unterrichtsstunde 21 Euro, vom BAMF dagegen 35 Euro. Ein Ärgernis, denn der Unterricht ist in beiden Fällen der gleiche, sagt Hedwig Schulte:
    "In dem einen Kurs benutze ich ein Buch, dass so genauso exakt auch in einem Integrationskurs verwendet werden kann. Und die Klassenräume sind im Prinzip die gleichen, und alle Klassenräume dürfen mit bis zu 20 Personen im Bereich der VHS besetzt werden, es ist eigentlich genau das Gleiche."
    Mit dem höheren Honorar für die Integrationskurse will das BAMF die Arbeit der Deutschlehrer attraktiver machen. Denn an den Volkshochschulen verdienen die meistens gerade einmal genug, um über die Runden zu kommen. Ruth Jansen zum Beispiel unterrichtet Deutsch als Fremdsprache an der Volkshochschule Düsseldorf. Für ihre Kurse erhält sie 14 Euro weniger als Kollegen, die auch in Integrationskursen unterrichten. Eine Ungerechtigkeit, findet sie:
    "Das ist einfach absurd. Dass man in den Integrationskursen einen Mehraufwand hat, das stimmt, das ist aber kein Mehraufwand, der wirklich 40 Prozent gerechtfertigten könnte, ein Euro Unterschied, das fände ich gut."
    Der Beruf wird meistens ziemlich schlecht bezahlt
    21 Euro pro Unterrichtsstunde hört sich vielleicht erst mal gar nicht so schlecht an. Doch von dem Honorar muss sie in die Rentenkasse einzahlen und auch die Pflege- und Krankenversicherung finanzieren. Und für die Zeit, die sie mit der Vorbereitung des Unterrichts verbringt, erhält sie keinen Cent extra. Der Beruf, an dem das Gelingen der Integration von hunderttausenden Flüchtlingen hängt, wird also meistens ziemlich schlecht bezahlt. Damit Ruth Jansen genug zum Leben übrig bleibt, muss sie deutlich mehr arbeiten, als die Lehrer, die für das Bundesamt für Migration tätig sind:
    "Ich muss selber mehr Stunden geben. Wenn Dozenten über Jahre gezwungen sind, eine hohe Stundenzahl zu geben, ich befürchte, das bleibt nicht aus, dass sich das eines schönen Tages auch auf die Qualität auswirkt."
    Deutschlandweit liegen die Honorare für die Kurse an den Volkshochschulen meistens zwischen 20 und in einigen Ausnahmefällen knapp 30 Euro. Der aktuelle Streit um die Bezahlung des Deutschunterrichts wirft ein Schlaglicht auf die finanzielle Situation aller Lehrkräfte, die an den Volkshochschulen unterrichten, egal ob es um andere Sprachen, EDV- oder Malkurse geht. Die Situation der VHS–Lehrer ist oft prekär. Einer Berechnung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zufolge verdient ein Volkshochschullehrer, der 25 Unterrichtseinheiten pro Woche unterrichtet, nur knapp 1.000 Euro netto im Monat. Selbst gut beschäftige Lehrer wie Hedwig Schulte, die 40 Stunden pro Woche unterrichtet, kommen nur auf 1.200 bis 1.400 Euro netto. Viel zu wenig, kritisiert Andreas Klinger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Er fordert ein Mindesthonorar von 36 Euro pro Unterrichtsstunde für alle Volkshochschullehrer:
    "Wir müssen es aber positiv wenden, die 35 Euro zeigen, dass, wenn das politische Interesse vorhanden ist, ein besseres Honorar auch finanzierbar ist. Nach den Berechnungen unserer Tarifabteilung entspricht das Honorar von 35 Euro knapp dem Mindestlohn Tarifvertrag in der Weiterbildung."
    Die Volkshochschulen haben kaum Spielraum
    Doch das politische Interesse scheint zumindest aktuell nicht da zu sein. Die Volkshochschulen haben kaum Spielraum bei der Gestaltung der Honorarhöhe. Ihr Budget für die Bezahlung der Lehrer setze sich aus den Entgelten der Kursteilnehmer sowie Zuschüssen der Kommunen und der Bundesländer zusammen. Und die seien nicht bereit, mehr zu zahlen, sagt Simone Bruns von der Düsseldorfer VHS:
    "Wir können einfach nicht für alle Dozentinnen und Dozenten das Regelhonorar auf 35 Euro erhöhen, das ist nicht finanzierbar über die Teilnehmerentgelte oder auch die kommunalen Zuschüsse, gleichzeitig verwehrt sich die VHS Düsseldorf davor, dass wir ausschließlich den Deutschdozentinnen und Dozenten, die also in diesem Bereich unterwegs sind, das erhöhte Honorar zahlen, weil wir damit eine Ungleichbehandlung allen anderen engagierten qualifizierten Lehrkörpern gegenüber aus anderen Fachbereichen durchführen würden."
    Immerhin: In Düsseldorf hat der Stadtrat jetzt eine stufenweise Erhöhung innerhalb der kommenden vier Jahre auf 25 Euro beschlossen. Die Lebenssituation der VHS-Lehrer dürfte das angesichts steigender Lebenshaltungskosten aber kaum verbessern.