Ob man das Wahlergebnis in den USA vorausgesehen hat im Auswärtigen Amt? Just in Zeiten, in denen es in den transatlantischen Beziehungen einen verstärkten Redebedarf geben könnte, hat das deutsche Außenministerium die einstige Villa von Thomas Mann in Los Angeles gekauft. Um sie vor dem wahrscheinlichen Abriss zu bewahren, das ist das eine. Aber auch um hier einen Ort des Dialogs zu schaffen zwischen der deutschen und der amerikanischen Gesellschaft, sagt Andreas Görgen, Leiter der Abteilung Kulturpolitik im Auswärtigen Amt:
"Die Bundesrepublik Deutschland hat die Thomas-Mann-Villa gekauft, aus Zuneigung und aus Respekt vor einem Schriftsteller, der aus dem Exil heraus und dann später in Deutschland dazu beigetragen hat, dass hier ein demokratisches und republikanisches Staatswesen entstanden ist. Und aus der Notwendigkeit und mit dem festen Willen, einen neuen Beitrag zu leisten für den transatlantischen Dialog."
"Die Bundesrepublik Deutschland hat die Thomas-Mann-Villa gekauft, aus Zuneigung und aus Respekt vor einem Schriftsteller, der aus dem Exil heraus und dann später in Deutschland dazu beigetragen hat, dass hier ein demokratisches und republikanisches Staatswesen entstanden ist. Und aus der Notwendigkeit und mit dem festen Willen, einen neuen Beitrag zu leisten für den transatlantischen Dialog."
Nein, man sei nicht hellsichtig gewesen, sagt Görgen, es sei ein rein opportunistischer Kauf gewesen. Schon früher habe man sich um den Erwerb des Anwesens am San Remo Drive in Pacific Palisades am Westrand von Los Angeles bemüht. Jetzt stand es wieder zum Verkauf – am Ende wechselte es für etwas über 13 Millionen Dollar den Besitzer.
Damit wurde das Haus, in dem Thomas Mann mit seiner Frau Katia von 1942 an zehn Jahre lang lebte, wahrscheinlich vor dem Abriss bewahrt. Die übliche Käuferklientel der Gegend - ein durchschnittlicher Milliardär aus einem Drittland, der sich einen Zweitwohnsitz in LA zulegen will - hätte wahrscheinlich wenig Sinn für Thomas Mann gehabt und lieber neu gebaut.
Die "Villa Aurora" liegt nur ein paar Straßen weiter
Jetzt wurde der Schlüssel symbolisch an den Deutschen Bundestag übergeben. Künftig soll die Mann-Villa, in Ergänzung zur "Villa Aurora", dem früheren Wohnsitz von Lion Feuchtwanger nur ein paar Straßen weiter, als Künstlerresidenz dienen. In der "Villa Aurora" werden jedes Jahr Stipendien für einen zehnmonatigen Arbeitsaufenthalt vor allem an Nachwuchskünstler vergeben. Rosa von Praunheim, Uljana Wolf, Maren Ade oder Ilija Trojanow gehörten zu den Stipendiaten. In der Mann-Villa sollen nun bald ebenfalls Residenzstipendien vergeben werden, vier bis fünf pro Jahr – aber hier an deutsche Schriftsteller und Intellektuelle, die sich philosophisch, politisch, literarisch mit den deutsch-amerikanischen Beziehungen beschäftigen.
"Weit über die letzte Präsidentschaftswahl hinaus ist es für uns ein großes Anliegen, die Verbindungslinien zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland, die Diskussion darüber, welche Werte verbinden uns, welche Grundvorstellungen teilen wir, aber auch welche Konflikte innerhalb unserer Gesellschaften bedrohen unsere Grundordnung, zu pflegen und zu intensivieren."
In der Mann-Villa sollen künftig Themen aufgegriffen werden, die auf beiden Seiten des Atlantik Bedeutung haben: Identität, Migration und Integration, aber auch Flucht und Exil. Für Außenminister Frank-Walter Steinmeier sind das jene oft von ihm beschworenen vorpolitischen Räume, in denen mit den Mitteln der Kultur Verstehen und Verständigung möglich ist, wenn in der Politik vieles nicht mehr geht.
"Weit über die letzte Präsidentschaftswahl hinaus ist es für uns ein großes Anliegen, die Verbindungslinien zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland, die Diskussion darüber, welche Werte verbinden uns, welche Grundvorstellungen teilen wir, aber auch welche Konflikte innerhalb unserer Gesellschaften bedrohen unsere Grundordnung, zu pflegen und zu intensivieren."
In der Mann-Villa sollen künftig Themen aufgegriffen werden, die auf beiden Seiten des Atlantik Bedeutung haben: Identität, Migration und Integration, aber auch Flucht und Exil. Für Außenminister Frank-Walter Steinmeier sind das jene oft von ihm beschworenen vorpolitischen Räume, in denen mit den Mitteln der Kultur Verstehen und Verständigung möglich ist, wenn in der Politik vieles nicht mehr geht.
Das Goethe-Institut und Kulturstaatsministerin Monika Grütters, beide bereits im Kuratorium der Villa Aurora vertreten, sind mit von der Partie, der Bundestag unterstützte es indirekt, indem er das Budget der Villa Aurora aufstockte, die beide Häuser künftig betreiben soll. Unterstützung gibt es von privaten Stiftungen, vom Literaturarchiv Marbach, aber auch etwa von Roland Emmerich, in LA lebender Regisseur von "Independence Day", der sich für ein Mentorenprogramm zur Verfügung gestellt hat.
Thomas Mann, der hier seinen "Doktor Faustus", "Lotte in Weimar" und den letzten Teil des Romanzyklus "Joseph und seine Brüder" schrieb, hätte es gefreut. Er kehrte 1952 Amerika den Rücken und ging enttäuscht nach Europa zurück – nachdem er vor dem "Komitee für unamerikanische Umtriebe" Rechenschaft über eine angebliche kommunistische Gesinnung ablegen musste. Auch damals wehte ein kalter ideologischer Wind in Amerika: Zeiten, in denen kulturelle Brückenschläge wichtiger sind denn je.