Vorerst noch bis morgen, Freitag, wird es an der deutsch-dänischen Grenze erst einmal stichprobenartig Kontrollen geben – vor gut einer Woche hatte Dänemark diese bereits im Januar vorübergehend eingeführte Regelung noch einmal verlängert, nach zehn Tagen läuft sie morgen aus. - Das Justizministerium in Kopenhagen hatte Ende Februar vorsorglich schon mal mitgeteilt, dass die konservativ-liberale Regierung Rasmussen solche Grenz-Kontrollen immer noch für geboten halte. Denn: Nur so lasse sich verhindern, dass illegal nach Dänemark Zugewanderte anschließend in Dänemark blieben. Viele Flüchtlinge wollen über Deutschland und Dänemark aber auch nach Schweden weiterreisen. Doch Schweden hatte entsprechende Kontrollen schon Ende 2015 beschlossen - die Regierung in Kopenhagen befürchtete daraufhin, dass viele dieser Flüchtlinge deshalb dann in Dänemark bleiben könnten. - Die aktuelle Situation an der deutsch-dänischen Grenze beschreibt uns jetzt - Dietrich Mohaupt:
Alltag auf der A7 am deutsch-dänischen Grenzübergang Ellund bei Flensburg: Der Verkehr läuft reibungslos, von Grenzkontrollen oder Staus keine Spur. Dass es auch anders geht, erlebte Carsten Leth Schmidt, Vorsitzender der Schleswigschen Partei, der politischen Vertretung der deutschen Minderheit in Dänemark, aber gerade erst vor ein paar Tagen.
"Der dänische Skiurlaub endet und wenn man dann in Norddeutschland unterwegs ist, dann kommt man bis Flensburg-Süd. Und da steht man dann erst einmal. Wir hatten dann die Kombination aus tobenden Kindern auf der Rückbank und acht Kilometern bis an die Grenze – da können die dann ein bisschen mehr wirken, wie sie reell sind."
Kontrollen sorgen für Ärger
Die Kontrollen können also schon mal nerven. Die konkreten Auswirkungen seien aber nicht wirklich dramatisch, betont Carsten Leth Schmidt. Trotzdem sorgt er sich auch um das sehr mühsam aufgebaute gut-nachbarschaftliche Verhältnis in der deutsch-dänischen Grenzregion nach Jahrhunderten voller kriegerischer Auseinandersetzungen.
"Wir haben einen Prozess durchlebt, der schwierig und langwierig war. Und wir sind jetzt so weit gekommen, dass eine kurzzeitige Kontrolle an der deutsch-dänischen Grenze hier keine Teller wirklich kaputt hauen wird – es darf eben nicht permanent werden."
Der Vorsitzende der Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, Flemming Meyer, wird noch deutlicher. Er sitzt für den SSW, den Südschleswigschen Wählerverband, im Landtag in Kiel, seine Partei ist sogar an der Regierung beteiligt. Ihn stören die Kontrollen gewaltig.
"Das richtet also wirklich Schaden an bei uns. Weil – wir haben ja die letzten vielen Jahre uns für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingesetzt. Das hängt damit zusammen, dass früher, als die Grenze noch einen sehr trennenden Charakter hatte, da wurden wir auf beiden Seiten der Grenze ja zu Außenbezirken. Und das weiß jeder: Wirtschaftliches Wachstum im Außenbereich hast du nicht."
Inzwischen profitiert die Grenzregion auch wirtschaftlich von vorbildlichen Kooperationen, sei es auf dem Arbeitsmarkt oder bei den Universitäten. Die Grenze hat sich von einer Trennlinie zu einem Bindeglied gewandelt, man habe – teils sehr mühsam – viele Barrieren abgebaut, betont Flemming Meyer.
"Ich weiß noch, als wir anfingen, die grenzüberschreitenden Krankentransporte zu machen – das gab ja einen Aufschrei in Dänemark – "Lieber tot als in einem deutschen Krankenwagen!" Und diese Barrieren haben wir auf vielen Ebenen schon mal weggekriegt. Und gerade, wenn man weiß, wie schwer das ist, solche Barrieren aus den Köpfen zu kriegen, ist es ja vollständig kontraproduktiv, neue Barrieren aufzubauen. Aber genau das tut man, wenn man wieder so eine Grenzkontrolle einführt."
Transporteurshaftung wird zum Reizwort
Flemming Meyer kann sich bei diesem Thema ganz schön in Rage reden. Etwas nüchterner betrachtet dagegen Dirk Nicolaisen von der Industrie- und Handelskammer Flensburg die Situation. Ja, es gäbe einen Arbeitsmarkt mit täglich gut 9000 Grenzpendlern, aber derzeit seien die Kontrollen nicht viel mehr als ärgerliche Nadelstiche, meint er.
"Wirtschaftlich haben wir jetzt noch keine großen Auswirkungen mit dieser Grenzkontrolle light. Das wird ganz anders, wenn wir wirklich die Transporteurshaftung bekommen und wenn wir eine komplette ID-Kontrolle an der Grenze haben. Dann werden diese Nadelstiche zu mehr Problemen führen."
Transporteurshaftung: Das ist das Reizwort in der ganzen Diskussion. Es geht dabei um Pläne Dänemarks, Verkehrsunternehmen zu zwingen, an Bord von Schiffen, Bussen oder in Zügen mit eigenem Personal Ausweispapiere zu kontrollieren – und dann etwa Flüchtlingen die Weiterreise zu verweigern. Das lehnen die Deutsche Bahn, die großen Reedereien und auch regionale Nahverkehrsbetriebe aber rigoros ab. Noch sind das nur Ankündigungen, aber schon jetzt fühlen sich in der Grenzregion auch viele Dänen nicht mehr wirklich wohl mit der Politik ihrer Regierung. Jørgen Møllekær, Chefredakteur der dänisch-sprachigen Tageszeitung "Flensborg Avis", bringt es auf den Punkt.
"Wir sind seit vielen, vielen Jahren gewohnt, einfach kreuz und quer fahren zu können. Und tun es tagtäglich, ich weiß gar nicht, wie oft ich manchmal täglich die Grenze überschreite hin und her. Das ist jetzt im Bauchgefühl schwieriger. Also dieses Gefühl, kontrolliert zu werden – jetzt werden auch Kameras aufgebaut, die die Nummernschilder scannen bei der Ausreise und der Einreise nach Dänemark – das ist Abschottung. Und so muss ich es als in Flensburg lebender Däne leider auch auffassen."
Noch geht es in der deutsch-dänischen Grenzregion also um vereinzelte kleinere Staus, ärgerlich, aber nicht wirklich dramatisch. Es droht aber möglicherweise weiteres Ungemach, wenn nämlich Dänemark, gemeinsam mit Norwegen und Schweden, beschließen sollte, die vor einiger Zeit eingeführten inner-skandinavischen Grenzkontrollen wieder abzuschaffen – und stattdessen dauerhaft schärfere Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze zu etablieren. Laut öffentlich darüber nachgedacht hat der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen zumindest schon einmal.