Vor noch hundert Jahren galt für jeden Wissenschaftler: Wer seine Erkenntnisse weltweit bekannt machen möchte, der publiziert entweder auf Englisch, Französisch oder Deutsch. Heutzutage aber scheint die deutsche Wissenschaftssprache ihre größte Zeit hinter sich zu haben. Weit über neunzig Prozent aller naturwissenschaftlichen Erstveröffentlichungen werden nur noch auf Englisch veröffentlicht. Internationale, aber auch immer mehr nationale Konferenzen, werden auf Englisch abgehalten, kritisiert Konrad Ehlich, Linguist und Mitherausgeber des Buches "Deutsch in der Wissenschaft. Ein politischer und wissenschaftlicher Diskurs".
"Für die kompliziertesten Wissensgegenstände eine reduzierte Sprachvarietät zu nehmen - ich denke dieser Widerspruch ist in sich selbst evident. Und so erleben wir das ja dann auch bei internationalen Kongressen. Wo dann nicht Nativespeaker sich radebrechend zu verständigen suchen in einem Kontext, wo selbstverständlich diejenigen, die dieses Englisch als ihre nicht nur Wissenschaftssprache, sondern auch als ihre alltägliche Sprache perfekt beherrschen, in einer ganz anderen Situation sind."
Bei den Geisteswissenschaften spielt dies noch eine untergeordnete Rolle. Gehört die sprachliche Form selbst zum Forschungsgegenstand, dominiert die Muttersprache. Ein Trend hin zum Englischen als Wissenschaftssprache zeichne sich aber auch in diesen Disziplinen ab, meint Konrad Ehlich.
"Gegen Englisch als Wissenschaftssprache spricht überhaupt nichts. Das ist eine der großen Wissenschaftssprachen, die in der neuzeitlichen Wissenschaft bedeutende Rolle gespielt haben und weiterhin bedeutende Rollen spielen. Damit wir uns nicht missverstehen: Es geht um eine wissenschaftliche Mehrsprachigkeit."
Und um diese wissenschaftliche Mehrsprachigkeit global auch fördern zu können, haben Konrad Ehlich und seine Mitstreiter dieses Buch herausgegeben. Weil die Politik in dieser Frage eine wichtige Rolle spiele, kommen nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Politiker zu Wort. Politik sei für Sprache zwar nicht zuständig, wohl aber mitverantwortlich, schreibt Bundestagspräsident Norbert Lammert in seinem Essay. Ständig treffen sie sprachrelevante Entscheidungen, die in jüngster Zeit nicht immer sinnvoll gewesen seien, meint Ehlich. So habe der Deutsche Akademische Austauschdienst in den 90er-Jahren englischsprachige Studiengänge in Deutschland mit aufgebaut. Auch der Bolognaprozess brachte oft einen Wechsel zur englischen Unterrichtssprache mit sich. Ein Fehler, findet nicht nur Konrad Ehlich, sondern auch Mitherausgeber Wilhelm Krull. Krull ist Generalsekretär der Volkswagenstiftung und hat vor sechs Jahren eine Förderinitiative unter dem Titel "Deutsch plus - Wissenschaft ist mehrsprachig" gestartet.
"In der Wissenschaft ist sie besonders wichtig, um zu Differenzierungen zu kommen. Da Sprache gleich Denk- und Weltbilder transportiert, ist es natürlich so, dass mit jeder Sprache auch andere Weisen des Herangehens an die Gegenstände zu finden sind. Und die neurobilogischen Befunde, dass das Denken in der Muttersprache ein ganz entscheidender Punkt ist, um die volle Kreativität zu entfalten."
Wolfgang Thierse, Vizepräsident des Deutschen Bundestags, kommt in seinem Aufsatz zu dem Schluss: Die Deutschen drücken sich gerne vor sprachpolitischen Entscheidungen. Angesichts der üblen Sprachpolitik der Nazis sei dies zwar nachvollziehbar. Trotzdem werde unablässig Sprachpolitik betrieben. Die Europäische Union beispielsweise favorisiere Englisch und Französisch. Alle anderen Sprachen innerhalb der EU werden dagegen systematisch benachteiligt, kritisiert Thierse. Darum sollte man sich sehr genau überlegen, wie eine vernünftige Sprachpolitik zugunsten des Deutschen als Wissenschaftssprache aussehen könnte und müsste.
"Da geht es nicht um Deutschtümelei, sonders es geht darum, etwas ganz Wichtiges zu verteidigen. Erstens den Reichtum der deutschen Sprache. Wenn die Wissenschaft sich nicht mehr der deutschen Sprache bedient, verarmt die deutsche Sprache. Und zweitens es handelt sich dann auch um eine Entdemokratisierung der Wissenschaft. Weil das, was in der Wissenschaft passiert, keinerlei Kontakt hat mit dem, was die Mehrheit der Gesellschaft denkt und spricht. Und das wäre fatal."
"Für die kompliziertesten Wissensgegenstände eine reduzierte Sprachvarietät zu nehmen - ich denke dieser Widerspruch ist in sich selbst evident. Und so erleben wir das ja dann auch bei internationalen Kongressen. Wo dann nicht Nativespeaker sich radebrechend zu verständigen suchen in einem Kontext, wo selbstverständlich diejenigen, die dieses Englisch als ihre nicht nur Wissenschaftssprache, sondern auch als ihre alltägliche Sprache perfekt beherrschen, in einer ganz anderen Situation sind."
Bei den Geisteswissenschaften spielt dies noch eine untergeordnete Rolle. Gehört die sprachliche Form selbst zum Forschungsgegenstand, dominiert die Muttersprache. Ein Trend hin zum Englischen als Wissenschaftssprache zeichne sich aber auch in diesen Disziplinen ab, meint Konrad Ehlich.
"Gegen Englisch als Wissenschaftssprache spricht überhaupt nichts. Das ist eine der großen Wissenschaftssprachen, die in der neuzeitlichen Wissenschaft bedeutende Rolle gespielt haben und weiterhin bedeutende Rollen spielen. Damit wir uns nicht missverstehen: Es geht um eine wissenschaftliche Mehrsprachigkeit."
Und um diese wissenschaftliche Mehrsprachigkeit global auch fördern zu können, haben Konrad Ehlich und seine Mitstreiter dieses Buch herausgegeben. Weil die Politik in dieser Frage eine wichtige Rolle spiele, kommen nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Politiker zu Wort. Politik sei für Sprache zwar nicht zuständig, wohl aber mitverantwortlich, schreibt Bundestagspräsident Norbert Lammert in seinem Essay. Ständig treffen sie sprachrelevante Entscheidungen, die in jüngster Zeit nicht immer sinnvoll gewesen seien, meint Ehlich. So habe der Deutsche Akademische Austauschdienst in den 90er-Jahren englischsprachige Studiengänge in Deutschland mit aufgebaut. Auch der Bolognaprozess brachte oft einen Wechsel zur englischen Unterrichtssprache mit sich. Ein Fehler, findet nicht nur Konrad Ehlich, sondern auch Mitherausgeber Wilhelm Krull. Krull ist Generalsekretär der Volkswagenstiftung und hat vor sechs Jahren eine Förderinitiative unter dem Titel "Deutsch plus - Wissenschaft ist mehrsprachig" gestartet.
"In der Wissenschaft ist sie besonders wichtig, um zu Differenzierungen zu kommen. Da Sprache gleich Denk- und Weltbilder transportiert, ist es natürlich so, dass mit jeder Sprache auch andere Weisen des Herangehens an die Gegenstände zu finden sind. Und die neurobilogischen Befunde, dass das Denken in der Muttersprache ein ganz entscheidender Punkt ist, um die volle Kreativität zu entfalten."
Wolfgang Thierse, Vizepräsident des Deutschen Bundestags, kommt in seinem Aufsatz zu dem Schluss: Die Deutschen drücken sich gerne vor sprachpolitischen Entscheidungen. Angesichts der üblen Sprachpolitik der Nazis sei dies zwar nachvollziehbar. Trotzdem werde unablässig Sprachpolitik betrieben. Die Europäische Union beispielsweise favorisiere Englisch und Französisch. Alle anderen Sprachen innerhalb der EU werden dagegen systematisch benachteiligt, kritisiert Thierse. Darum sollte man sich sehr genau überlegen, wie eine vernünftige Sprachpolitik zugunsten des Deutschen als Wissenschaftssprache aussehen könnte und müsste.
"Da geht es nicht um Deutschtümelei, sonders es geht darum, etwas ganz Wichtiges zu verteidigen. Erstens den Reichtum der deutschen Sprache. Wenn die Wissenschaft sich nicht mehr der deutschen Sprache bedient, verarmt die deutsche Sprache. Und zweitens es handelt sich dann auch um eine Entdemokratisierung der Wissenschaft. Weil das, was in der Wissenschaft passiert, keinerlei Kontakt hat mit dem, was die Mehrheit der Gesellschaft denkt und spricht. Und das wäre fatal."