Pastorin Ulrike Weber ist seit den frühen Morgenstunden aktiv. In den Räumen der deutsch-evanglischen Gemeinde im Herzen Thessalonikis bereitet sie gemeinsam mit ihrer deutsch-griechischen Mitarbeiterin Alexia den Mittagstisch. Der findet einmal in der Woche für Bedürftige und für Flüchtlinge aus Syrien in den Räumen der Gemeinde statt. In den übrigen Tagen müssen sie selbst für sich kochen. Pastorin Weber wirft noch einen letzten Blick auf den aktuellen Speiseplan, damit in der Küche nichts schief gehen kann.
"Hier ist unsere Speisekarte, morgen gibt es gefüllte Paprika. Wir haben eine Köchin, die für eine Aufwandsentschädigung hier kocht, und das ist total schön. Also Johanna kocht extra zwei Sachen, in einem ist Fleisch drin, im anderen ist kein Fleisch drin. Es sind ja auch Muslime dabei, die überhaupt kein Schweinefleisch essen. Da nehmen wir Rücksicht drauf."
Immer mehr Aufgaben, immer weniger Geld
Seit zwei Jahren ist Pastorin Weber für diese, historisch wichtige Gemeinde Thessalonikis verantwortlich. Weitere vier hat sie noch vor sich. Aber sie fürchtet jetzt schon, dass die Zeit am Ende nicht ausreichen wird, um alle Pläne zu realisieren. Die Aufgaben für die Gemeinde werden von Tag zu Tag mehr, aber die dafür vorhandenen finanziellen Mittel weniger. Die Gemeindemitglieder können nicht mehr so viel zahlen, wie früher.
"Also, wir haben ungefähr 300 Mitglieder. Es wäre natürlich gut, wenn wir das nicht nur konstant halten, sondern auch ausbauen können, ja? Das Problem sind die Mitgliedsbeiträge, die wir erheben und durch die Wirtschaftskrise können manche Mitglieder diesen Beitrag ja gar nicht mehr bezahlen. Und das macht das Wirken und Arbeiten in der Gemeinde finanziell ein bisschen schwierig. Wir wünschen uns nochmal mehr Mitglieder. Und wir stellen fest, dass für unsere Projekte, die wir initiiren, gewinnen wir immer wieder interessierte Menschen mit dazu, die sagen, das ist toll was ihr macht, kann ich mitmachen?"
Die deutsch-evanglische Gemeinde Thessalonikis ist die Älteste Griechenlands. Sie wurde von deutschen Arbeitern gegründet, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in die nordgriechische Metropole gekommen waren, um am Bau der ersten Eisenbahn mitzuwirken. Wie lange die Gemeinde allerdings weiter fortbestehen kann, ist unklar. Denn im Vergleich zur weitaus größeren evangelischen Kirche Griechenlands, für die allein die Evangelische Kirche Rheinland für diesen Herbst einen hohen Spendenbetrag zugesichert hat, geht die deutsch-evanglische Kirche leer aus. Pastorin Ulrike Weber weiß momentan nicht einmal, ob die Gemeinde für ihr Gehalt auf Dauer finanziell aufkommen kann.
Ulrike Weber sagt: "Also die EKD in Hannover hat ja weltweit 140 Auslandspfarrstellen. Sie unterstützt die Gemeinden mit den ganzen Bewerbungsverfahren. Bezahlt werde ich aber hier von dieser Gemeinde. Die EKD gibt einen Zuschuss. Unter uns gesagt, die Gemeinde in Athen hat momentan überhaupt keinen Pfarrer, der ist gegangen und die könnte sich im Augenblick auch keinen mehr leisten."
Viele Flüchtlinge sind hängengeblieben
Trotz aller Probleme, Pastorin Weber denkt optimistisch. Sie wünscht sich weiterhin, für die Gemeinde aktiv sein zu können. Vor allem, weil sie sieht, wie notwendig momentan karitative Arbeit in Nordgriechenland ist. Nicht nur wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Menschen, sondern vor allem wegen der Flüchtlinge. In ihrem neuesten Projekt hat die evangelische Pastorin eine freistehende Wohnung eines Gemeindemitglieds zur Verfügung gestellt bekommen. Diese will sie renovieren, um syrische Frauen unterzubringen, die mit ihren Kindern allein in Griechenland sind.
"Sie müssen bedenken, dass im ersten Flüchtlingsstrom die Männer alle nach Deutschland geströmt sind, die jetzt ihre Frauen nachholen und dadurch, dass die Grenzen nun geschlossen sind die Frauen jetzt mit ihren Kindern hier in Griechenland hängen geblieben sind. Und das ist für manche Frauen eine ganz ganz schlimme Situation, jetzt in den Zelten zu hocken mit Neugeborenen, mit Kleinkindern, mit mehreren Kindern. Manche Frauen haben fünf Kinder, sechs Kinder, sieben Kinder, die sind überfordert die Frauen."
Die Kosten für die Renovierung konnte von der Gemeindekasse finanziert werden, doch Geld für die Möbel gab es nicht. Da erhielt Ulrike Weber, wie sie sagt, eine "Nachricht vom Himmel". Sie erzählt: "Jetzt zieht eine deutsche Lehrerin weg von der Deutschen Schule und hat mir ne Mail geschickt, ich hab Möbel übrig. Wissen Sie, manchmal denke ich, es gibt doch einen Gott, (lacht), dass wenn ich denke, wie geht es jetzt weiter... und dann kriege ich so ne Mail: Waschmaschine, Küche, Bett, alles dabei und dann frage ich, was wollen sie dafür haben und ich habe so gut mit ihr verhandelt, dass sie sagt, ich möchte jetzt nur 250 Euro dafür haben."
Und dieses Geld wird Pastorin Weber schon irgendwie zusammenkratzen. Selbst wenn sie es aus eigener Tasche bezahlen muss. Inzwischen haben sich 10 syrische Frauen mit ihren Kindern gemeinsam mit ein paar Gemeindemitgliedern rund um den Mittagstisch der evangelischen Gemeinde versammelt. Eine Unterhaltung ist mit ihnen schwierig. Griechisch oder Deutsch können sie nicht, Englisch nur bruchstückhaft. Trotzdem klappt die Verständigung.