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Deutsch-jüdische Ausstellung
"Der Fußball hatte eine Eisbrecherfunktion"

Elf deutsch-jüdische Fußball-Pioniere als überlebensgroße Skulpturen, ausgestellt auf einem zentralen Platz in Tel Aviv: Hier wird die Geschichte von elf Persönlichkeiten erzählt, die den deutschen Fußball prägten, bis sie von Nationalsozialisten aus ihren Vereinen ausgeschlossen, verfolgt oder ermordet wurden.

Lorenz Peiffer im Gespräch mit Astrid Rawohl |
    Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft von 1912 mit (h.v.l.) Julius Hirsch, Hermann Bosch, Karl Wegele, Willi Worpitzky, Ernst Hollstein, Adolf Jäger, Albert Weber, Georg Krogmann, Helmut Röpnack sowie vorn von links Eugen Kipp und Max Breunig bei den Olympischen Spielen in Stockholm, Schweden
    Das war die deutsche Nationalelf - im Jahr 1912, mit Julius Hirsch (hinten links). (picture-alliance / dpa / Schirner Sportfoto)
    "Wir möchten, dass Menschen darauf gestoßen werden, dass sie daran erinnert werden", sagt Sporthistoriker Lorenz Peiffer, der die Ausstellung "Zwischen Erfolg und Verfolgung. Deutsch-Jüdische Fußballstars im Schatten des Hakenkreuzes" mitgestaltet hat, im DLF. Man habe sich deswegen auch bewusst dafür entschieden, die Skulpturen nach draußen auf einen belebten Platz zu stellen, so dass die Passanten auch zufällig darauf stoßen können. "Wir versuchen, viele Menschen anzusprechen. Ins Museum gehen nur die Leute, die sich dafür interessieren."
    Zehn Tore in einem Spiel für Deutschland
    Erzählt werden die Schicksale elf Fußballer, Trainer und Funktionäre, wie zum Beispiel von Gottfried Fuchs, der bei dem Sieg der deutschen Nationalmannschaft 1912 bei den Olympischen Spielen gegen Russland zehn Tore geschossen hat und bis heute damit Rekordhalter ist. Oder die Geschichte des jüdischen Nationalspielers Julius Hirsch, der in Ausschwitz von den Nazis 1943 ermordet worden ist. "Alles prägende Personen, die aus dem Gedächtnis verloren sind. Es ist unsere Aufgabe, sie wieder zurückzuschreiben und sie ins deutsche kollektive Gedächtnis zurückzurufen", berichtet Sporthistoriker Peiffer.
    Weisweiler und Schaffer brechen das Eis
    So fungiert etwa Emanuel Schaffer als Symbol dafür, wie nach 1945 aus Verfolgung wieder Freundschaft werden konnte: "Schaffer ist ein Brückenbauer der Sportbeziehungen zwischen Israel und Deutschland." Nach der Flucht kam er "1958 wieder zurück in das Land der Täter und hat in Köln an der Deutschen Sporthochschule Köln bei Hennes Weisweiler sein Trainerdiplom gemacht", erzählt Peiffer. Aus Lehrer und Schüler wurden Freunde und so fand das erste Fußball-Freundschaftsspiel mit Zuschauern zwischen Borussia Mönchengladbach unter Hennes Weisweiler und der israelischen Nationalmannschaft 1970 in Tel Aviv statt. "Die deutschen Gäste sind sehr sehr gefeiert worden. Der Fußball hat eine Eisbrecherfunktion gehabt. Danach hat es viele Freundschaftsspiele gegeben."
    Die Ausstellung wird am 2. Mai auf dem Platz vor dem Habima-Theater in Tel Aviv von DFB-Vizepräsident Eugen Gehlenborg eröffnet. Sie entstand als Kooperationsprojekt zwischen dem Institut für Sportwissenschaft der Leibniz-Universität Hannover, des Koebner-Instituts de Hebrew University Jerusalem, der Kulturstiftung des Deutschen Fußball-Bundes und des Goethe-Instituts Israel.
    Das vollständige Gespräch können Sie mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.