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Deutsch lernen
Musik integriert die Neuankömmlinge

Die meisten Flüchtlingskinder in Deutschland haben keine oder wenig Deutschkenntnisse - dabei ist gerade Sprache der Schlüssel zur Integration. Die Uni Regensburg hat gemeinsam mit einer Grundschule einen neuen Weg entwickelt: Deutsch lernen mithilfe von Musik. Seit etwa einem Jahr läuft das erfolgreiche Projekt.

Von Lisa Weiß |
    Die 13-jährige Razan Tamim aus Homsk in Syrien Deutschunterricht für Flüchtlingskinder in der Fritz-Reuter-Schule in Parchim (Mecklenburg-Vorpommern).
    Manche können schon nach wenigen Monaten die Sprache so gut, dass sie in eine Regelklasse wechseln können. Und: Musik verbindet diese ganz verschiedenen Kinder. (dpa / picture alliance / Jens Büttner)
    Sie haben also einen anderen Zugang zur Sprache; wissen ganz automatisch, welches Wort oder welche grammatikalische Form in diesem Kontext richtig ist. So lernen sie schneller Deutsch, sagt Gaul. Egal, wie ihre Vorkenntnisse sind. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet, eine Abschlussstudie steht noch aus, aber die ersten Erfahrungen zeigen: Manche können schon nach wenigen Monaten die Sprache so gut, dass sie in eine Regelklasse wechseln können. Und: Musik verbindet diese ganz verschiedenen Kinder, erklärt Klassenleiterin Eva Nagel. Musik integriert die Neuankömmlinge in der Klasse, gibt denen Selbstbewusstsein
    "Einen wunderschönen guten Morgen! Guten Morgen, Herr Gaul. Hallo du, komm doch her. Das probieren wir gleich mal aus."
    Sie singen:
    "Hallo du, kommt doch her,
    hallo du, bitte sehr,
    setz dich her
    und bleib ein bisschen bei uns."
    Saskia aus Rumänien steht zusammen mit Mark aus Russland, Eris aus dem Kosovo und den anderen Kindern an der Tafel. Auch wenn einige der Kinder aus der Übergangsklasse 3/4 sich noch schwer tun bei der Aussprache der fremden deutschen Wörter im Liedtext - beim Singen sind sie begeistert dabei. Uni und Grundschule kooperieren beim Projekt Spring - Sprechen und Singen. Und daher kommt auch Professor Magnus Gaul vom Musiklehrstuhl der Universität Regensburg immer wieder zum Unterricht in die Übergangsklasse:
    "Hallo, ich heiße Marina, ich bin neun Jahre alt, ich komme aus Brasilien."
    Projekt Spring - Sprechen und Singen
    Die 20 Kinder aus der Übergangsklasse sind zwischen 9 und 11 Jahren alt. Manche sind seit über einem Jahr in Deutschland, andere erst vor einer Woche angekommen. Viele von ihnen mussten aus ihrer Heimat fliehen, einige sind Kinder von ausländischen Professoren und waren auf teuren Privatschulen, andere haben vorher noch nie eine Schule von innen gesehen. So unterschiedlich ihre Familien, ihre Lebensgeschichten auch sind - eines haben sie gemeinsam: Deutsch ist für sie eine Fremdsprache. Und mit Musik, davon ist Professor Gaul überzeugt, lässt sich die viel leichter lernen. Sogar die schwierige deutsche Grammatik:
    "Es geht los, seid ihr bereit - ja?"
    "Ich, du, er, das ist nicht schwer
    ich, du, sie, vergisst man nie
    Ich, du, wir, das ist ganz leicht
    ich, du, sie, das wollen wir jetzt lernen
    ich sag: ich, du, er."
    An der Tafel hängen Blätter auf denen die Personalpronomen stehen, ein Kind kommt immer nach vorne und zeigt auf das Pronomen, das gerade im Lied dran ist, die anderen singen weiter.
    Natürlich lässt sich die Grammatik nicht allein mit Liedern vermitteln. Aber die Kinder bekommen die deutsche Sprache durch Musik einfach leichter ins Ohr, sagt Magnus Gaul:
    "Kinder erfahren eine Sprachmelodie in der Musik. Ein Verhalten, das sie auch in der deutschen Sprache wiederentdecken. Kinder haben sofort einen semantischen Kontext im Kopf, den sie im Kopf mit der Musik verbinden können."
    Musik verbindet alle Kulturen
    Sie haben also einen anderen Zugang zur Sprache; wissen ganz automatisch, welches Wort oder welche grammatikalische Form in diesem Kontext richtig ist. So lernen sie schneller Deutsch, sagt Gaul. Egal, wie ihre Vorkenntnisse sind. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet, eine Abschlussstudie steht noch aus, aber die ersten Erfahrungen zeigen: Manche können schon nach wenigen Monaten die Sprache so gut, dass sie in eine Regelklasse wechseln können. Und: Musik verbindet diese ganz verschiedenen Kinder, erklärt Klassenleiterin Eva Nagel. Musik integriert die Neuankömmlinge in der Klasse, gibt denen Selbstbewusstsein, die größere Schwierigkeiten in der neuen Schule haben:
    "Musik hat die Funktion, dass es etwas Natürliches ist, was alle Kinder mitbringen. Ich muss es nicht erst aufbauen, sondern ich kann es schon abrufen bei den Kindern, weil Rhythmus in jeder Kultur vorkommt. Und die Kinder einfach unwahrscheinlich Freude haben an musikalischen Elementen."
    Das gemeinsame Singen ist auch eine Pause vom Alltag, bringt die Kinder zur Ruhe - in der Übergangsklasse ist das besonders wichtig, viele Kinder haben eine Flucht hinter sich, sind traumatisiert. Allerdings ist Musik kein Wundermittel. Eva Nagel ist realistisch: Nur einer ihrer Schützlinge wird wohl nach der vierten Klasse auf ein Gymnasium gehen können. Die anderen werden auf die Mittelschule, die bayerische Form der Hauptschule, kommen.