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"Deutsch-Südwestafrika"
Die deutsche Kolonialherrschaft im heutigen Namibia

Mehr als 30 Jahre besetzte das deutsche Kaiserreich ein Gebiet im südlichen Afrika - das heutige Namibia. Die Gewalt gegen die Volksgruppen der Herero und Nama wird heute als Völkermord gewertet. Deutschland will die Taten aufarbeiten, aber keine persönliche Entschädigung zahlen.

    Herero- und Nama-Gefangene um 1904 im heutigen Namibia.
    Herero- und Nama-Gefangene um 1904 im heutigen Namibia. (afp / National Archives of Namibia)
    Das deutsche Kaiserreich hielt das heutige Namibia von 1884 bis 1915 besetzt. Im damaligen Deutsch-Südwestafrika schlugen die Kolonialtruppen Aufstände der Volksgruppen der Herero und Nama grausam nieder. Viele Überlebende des Kriegs starben später durch Zwangsarbeit.
    Bei der Niederschlagung von Aufständen der Herero und Nama in den Jahren 1904 bis 1908 kamen Schätzungen zufolge 70.000 Menschen ums Leben. Historiker sprechen von einem Genozid. Seit 2015 nennt auch die Bundesregierung die Verbrechen offiziell einen Völkermord. Verhandlungen über eine Wiedergutmachung laufen seit 2015. Vertreter der Herero und Nama, die sich dort nicht ausreichend repräsentiert sehen, haben vor einem New Yorker Gericht Klage auf Schadenersatz eingereicht.
    Raubkunst und menschliche Gebeine in deutschen Museen
    Im Zuge der kolonialen Besatzung wurden menschliche Überreste und andere Objekte unrechtmäßig entwendet und nach Deutschland gebracht. Viele menschliche Gebeine lagern inzwischen in anthropologischen Sammlungen. Hinzu kommen Raubkunstobjekte, die sich heute in Museen und Forschungseinrichtungen finden. Die genaue Zahl der unrechtmäßig entwendeten Objekte ist unklar.
    In der Vergangenheit hat die deutsche Regierung mehrfach menschliche Überreste an Namibia übergeben. Eine persönliche Entschädigung lehnt sie aber ab. Der Namibia-Beauftragte der Bundesregierung, Ruprecht Polenz, verweist darauf, dass die eigentlichen Opfer nicht mehr lebten, sondern nur noch die Urenkel oder Ururenkel. "Wir sehen auch die ganze Frage, über die wir verhandeln, als eine politisch-moralische und nicht als eine Rechtsfrage an", sagte Polenz im Deutschlandfunk. Dagegen fordert unter anderem die Linkspartei eine Entschädigung für die Opfer.
    Koloniales Erbe in Deutschland
    Die Kolonialzeit hat nicht nur Spuren im heutigen Namibia hinterlassen, sondern auch in Deutschland. So ist der damals eingeführte rassistische Begriff "Hottentotten" für die Menschen in Deutsch-Südwestafrika weiterhin im deutschen Sprachschatz. Zudem sind in zahlreichen Städten Straßen nach den Besetzern benannt - zum Beispiel nach Adolf Lüderitz. Der Großkaufmann war erster deutscher Landbesitzer in Deutsch-Südwestafrika. Inzwischen haben einige der Städte die Straßen unbenannt, beispielsweise Berlin.
    Bis heute aber fehlt in Deutschland ein zentraler Gedenkort für die Opfer des Kolonialismus. Auf dem Garnisonsfriedhof in Berlin-Neukölln gibt es einen sogenannten Herero-Stein. Dabei handelt es sich um einen großen Granitfindling, der 1973 von einem Kasernengelände in Kreuzberg dorthin versetzt wurde.