Die Freilassung von Peter Steudtner ist für Eckart Cuntz sowohl ein Testfall für die deutsch-türkischen Beziehungen als auch ein Anzeichen für ein diplomatisches Tauwetter. "Wir erleben seit der Bundestagswahl ohnehin eine gewisse Beruhigung", so der ehemalige deutsche Botschafter in der Türkei. "Bis dahin hatten wir einen heftigen Schlagabtausch zwischen beiden Seiten."
Im Fall von Peter Steudtner sei besonders wichtig, dass die Freilassung auf Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgte. Für Cuntz ein Zeichen dafür, dass die Gerichte in der Türkei rechtsstaatlich arbeiteten. "Das Gespräch zwischen Schröder und Erdogan stand hier unter dem Vorbehalt, dass hier die Justiz handeln muss", so der Diplomat. Der Fall Steudtner habe jedenfalls gezeigt, dass die Gerichte immer noch gut sind für Überraschungen.
Gute Beziehungen zur Türkei "im Interesse Deutschlands"
Ein Beitritt der Türkei in die EU sei auf absehbare Zeit kaum denkbar, ein völliger Abbruch der Verhandlungen würde allerdings die falschen treffen, nämlich diejenigen, die sich in der Türkei für Rechtsstaatlichkeit einsetzten. "Und wenn ich das mal sagen darf: Es ist im wohl verstandenen Interesse Deutschlands, gute Beziehungen zur Türkei zu halten, denn kein anderes EU-Land hat so enge, so verschränkte Beziehungen - menschliche Beziehungen - zur Türkei wie wir!" In Deutschland lebten drei Millionen Menschen aus der Türkei und in der Türkei insgesamt rund vier Millionen Menschen, die vorher in Deutschland gelebt hätten. "Und wir sind auch wirtschaftlich aufs engste verschränkt." Außerdem sei die geografische Lage der Türkei als Nachbar von Irak, Syrien ein wichtiger Faktor.
"Wir haben also ein Interesse daran, dass dieses Verhältnis nicht zerrüttet wird." Eine Verschlechterung der Beziehungen würde auch die Lage der noch in der Türkei inhaftierten deutschen Bürger verschlechtern. Deswegen müsse der öffentliche Schlagabtausch aufhören.