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Deutsch-türkisches Verhältnis
Kein Ende der Spannungen in Sicht

Das deutsch-türkische Verhältnis bleibt angespannt. Nachdem Bundesinnenminister Thomas de Maizière gestern Abend in einer Pressekonferenz versucht hatte, die Wogen zu glätten, droht bereits neuer Ärger. Nun fordert ein türkischer Minister, Gülen-nahe Imame an die Türkei auszuliefern.

Von Nadine Lindner |
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei einer Pressekonferenz am 11. August 2016 in Berlin.
    Bundesinnenminister de Maizière (CDU) streitet ein Zerwürfnis mit der Türkei ab. Er spricht von einer "exzellenten Zusammenarbeit". (AFP / Tobias Schwarz)
    Am Bestehenden festhalten und die Wogen glätten, sofern das im aufgewühlten deutsch-türkischen Verhältnis noch möglich ist: Darum ist offensichtlich Bundeskanzlerin Angela Merkel bemüht und hat in einem Video der CDU die Bedeutung des EU-Türkei-Abkommens in der Flüchtlingspolitik betont:
    "Wie können wir wirklich Fluchtursachen bekämpfen? Wie können wir das Schleppertum bekämpfen? Und hier spielt das EU-Türkei-Abkommen eine große Rolle."
    Zu der aktuellen Debatte über eine angebliche Unterstützung von Islamisten durch die Türkei sagte die Kanzlerin in dem Partei-Video jedoch nichts.
    Unterschiedliche Wahrnehmungen
    Auslöser für die jüngsten Spannungen im deutsch-türkischen Verhältnis war eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken. Darin wird der Türkei vorgeworfen, islamistische Rebellen in Syrien zu unterstützen. Bei dem Papier, das auch innerhalb der Bundesregierung offenbar nur unzureichend abgestimmt war, traten unterschiedliche Wahrnehmungen von Innen- und Außenministerium zutage. Das Bundesinnenministerium gab gestern an, die Ursache sei ein "Büroversehen" gewesen.
    Bundesinnenminister de Maizière verteidigte gestern Abend im RBB die Linie der Nachrichtendienste:
    "Da ist nichts zu bereuen. Das, was da vertraulich dargestellt wurde, ist eine pointierte Darstellung eines Teilaspekts türkischer Wirklichkeit."
    Heute Nachmittag gab er sich bei einer Pressekonferenz vor dem Treffen der Unionsinnenminister wieder wortkarg:
    "Och nö, dazu ist eigentlich gestern alles gesagt. Von mir und meinen Pressesprechern. Es wird nicht besser, wenn man es ständig wiederholt."
    Ein Zerwürfnis mit dem Außenministerium kann der Innenminister nicht erkennen:
    "Die Zusammenarbeit mit Herrn Steinmeier und mir ist exzellent. Vorher, jetzt und auch in Zukunft."
    Das Verhältnis zur Türkei sei bei der Terrorbekämpfung nicht zu beanstanden.
    "Ich sagen kann, dass die Zusammenarbeit mit den türkischen Kollegen sehr gut ist."
    Die Türkei äußerte sich in einer ersten Stellungnahme seines Außenministeriums empört. Ähnlich äußerte sich im Deutschlandfunk am Morgen Mustafa Yeneroglu, AKP-Abgeordneter und in Ankara Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament. Der Vorwurf der Unterstützung dürfe nicht stehen bleiben:
    "Und ich glaube, dass gegenwärtig die Beteiligten, insbesondere in der Bundesregierung, gut daran täten, sich bei ihren Bewertungen auf das Auswärtige Amt zu stützen und die ohnehin schon angespannten Beziehungen nicht weiter zu belasten."
    Den deutsch-türkischen Beziehungen droht schon die nächste Belastungsprobe, nachdem heute ein türkischer Minister gefordert hatte, Gülen-nahe Imame auszuliefern.
    In einem Interview mit diesem Sender sagte Alexander Neu, Außen- und Verteidigungspolitiker in der Bundestagsfraktion der Linken, dass er die kritische Einschätzung des Innenministeriums bezüglich der Terror-Unterstützung teile:
    "Damit spricht sie genau das aus, was wir seit Jahren schon immer wieder sagen. Wir werfen der Bundesregierung vor, dass die Regierung Erdogan islamistisch ist, dass sie die Islamisten in Syrien unterstützt, dass sie mit den Muslimbrüdern in Ägypten gemeinsame Sache gemacht hat."
    Europäische Lösung gefordert
    Das Ende des EU-Türkei-Abkommens fordert die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, die Flüchtlingspolitik müsse europäisch geregelt werden. Katrin Göring-Eckardt sagte heute bei NDR Info.
    "Man kann dahin nicht das Problem delegieren. Und das ist ja das, was gerade getan wird. Aber man kann nicht so tun, als ob man sich auf die Türkei verlassen kann."