"Wespe, komm in meinen Mund, / mach mir Sprache innen / und außen mach mir was am / Hals, zeigs dem Gaumen, zeig es / uns."
Der Lyriker und Romancier Marcel Beyer brachte das Deutsche als schwer einzufangendes Insekt ins Kiewer Goethe-Institut.
"So ging das. So gingen die 80er Jahre. als wir jung und im Westen waren."
Kiew ist noch nicht im Westen. Kulturell betrachte, liegt Kiew zwischen Moskau und Lemberg, der westukrainischen Verlagsmetropole, wo die fünf deutschen Autoren letzten September mit dem Literarischen Colloquium Berlin waren. Auf den Straßen Kiews hört man vor allem Russisch, Ukrainisch ist die Sprache der Ämter, Institute und der jungen Gegenwartsliteratur. Deutsch avanciert nach Englisch zur beliebtesten Fremdsprache, sagt die Leiterin des Kiewer Goethe-Instituts, Marion Haase. Allein in die Bibliothek des Hauses kommen pro Monat 1500 Leser:
"Wir haben ein Sonderprogramm, das sind Sondermittel des Auswärtigen Amtes, die seit 2004 gewährt werden. Das sind 45.000 Euro von Seiten des Auswärtigen Amtes und 45.000 Euro von Seiten der Renaissance-Foundation, das ist die Sorros-Stiftung, die ja in Osteuropa sehr aktiv ist. Und diese 90.000 Euro stehen zur Verfügung für Übersetzungen von Sachbüchern, Kinderbüchern und Belletristik aus dem Deutschen ins Ukrainische."
Weil aber der ukrainische Literaturbetrieb seit der Unabhängigkeit ganz neu aufgebaut werden muss, seien auch Seminare mit Schriftstellern, Verlegern und Marketing-Experten wichtig, so Marion Haase. Wovon leben Autoren? Jenny Erpenbeck und Judith Kuckart arbeiten auch im Musik- und Tanztheater. Die jungen Kiewer Autorinnen Irena Karpa und Svitlana Povaljaeva arbeiten beim Fernsehen, obwohl sie es hassen. Die 1979 in Dresden geborene Franziska Gerstenberg ist froh für Stipendien, die konzentriertes Schreiben ermöglichen. Davon ist man in Kiew noch weit entfernt.
"Ich hatte das Gefühl, wobei das natürlich nur ein ganz kleiner Ausschnitt ist, den man bei solchen Begegnungen erfahren kann, dass die ukrainischen Autoren sehr viel schneller schreiben, sehr viel schneller reagieren auf Dinge, die um sie herum geschehen, viel schneller auch sagen, das ist jetzt mein aktueller Beitrag zur aktuellen Debatte, und das ist gut."
Die ukrainischen Autoren in Kiew mögen einen manchmal bissigen, manchmal bloß albernen Humor, bei dem ihre deutschen Kollegen nicht so recht mitkamen. Das fiel vor allem Freitagabend im Akademischen Theater der Jugend auf. Die Gäste aus Deutschland staunten nicht schlecht, als sich die 400 Plätze im Saal und die Gänge füllten. Viele junge Frauen im Publikum verzichteten stolz auf die Kopfhörer für die Simultan-Übersetzung und stürmten am Schluss autogrammjagend die Bühne. Trotzdem waren sich die deutschen Autoren nicht sicher, ob ihre eher nüchternen, eher auf die Abgründe des Alltags zielenden Texte richtig ankamen - der rastlose Oleksander Irvanez und das zarte Punksternchen Irena Karpa hatten jedenfalls die Lacher auf ihrer Seite. Der Moderator des Abends war der auch hierzulande viel gelesene Andrej Kurkow:
"Es ist ein Phänomen jetzt, es gibt bis 20 junge Frauen, die schreiben sehr aktiv, dynamisch und regelmäßig und haben ganz viele Fans. Und vielleicht Irena Karpa ist die wichtigste. Natürlich man muss verstehen, dass halb diese Texte ist Literatur, die war schon in Europa in 70er Jahre populär gewesen, Sex, Drugs and Rock'n'Roll, und die Hauptleser sind Studenten, die wussten nicht vorher, dass diese Art von Literatur existierte. Das ist etwas Seltsames, das ist wie weibliche Machokultur."
Von Kiew im Schnee und Schneeschlamm bleibt bei Jenny Erpenbeck, Judith Kuckart oder Norbert Zähringer vielleicht der Eindruck des Fremden, also dessen, was das Reisen so spannend macht:
"Als fremd empfinde ich also zum Beispiel die Art, wie Frauen sich herrichten, mit diesen Stiefeln, mit diesen Pfennigabsätzen, mit diesen echten Pelzmänteln."
"Fasziniert hat mich auf den ersten Blick, in Kiev, in Lemberg nicht, so ein Gefühl einer unüberbrückbaren Weite. Wo ich viel zu klein bin, um da irgendwie reinzugehören oder hinzupassen."
"Die wollen hier alle irgendwo hin, und sie wissen nicht genau, wo sie eigentlich hinwollen, und sie wissen auch nicht genau, wie dieser Weg aussieht. Und das ist für einen Autor immer faszinierend, weil das eigentlich auch der Prozess des Schreibens ist. Man will irgendwo hin, man weiß eigentlich gar nicht genau, wie man da hinkommen soll."
Der Lyriker und Romancier Marcel Beyer brachte das Deutsche als schwer einzufangendes Insekt ins Kiewer Goethe-Institut.
"So ging das. So gingen die 80er Jahre. als wir jung und im Westen waren."
Kiew ist noch nicht im Westen. Kulturell betrachte, liegt Kiew zwischen Moskau und Lemberg, der westukrainischen Verlagsmetropole, wo die fünf deutschen Autoren letzten September mit dem Literarischen Colloquium Berlin waren. Auf den Straßen Kiews hört man vor allem Russisch, Ukrainisch ist die Sprache der Ämter, Institute und der jungen Gegenwartsliteratur. Deutsch avanciert nach Englisch zur beliebtesten Fremdsprache, sagt die Leiterin des Kiewer Goethe-Instituts, Marion Haase. Allein in die Bibliothek des Hauses kommen pro Monat 1500 Leser:
"Wir haben ein Sonderprogramm, das sind Sondermittel des Auswärtigen Amtes, die seit 2004 gewährt werden. Das sind 45.000 Euro von Seiten des Auswärtigen Amtes und 45.000 Euro von Seiten der Renaissance-Foundation, das ist die Sorros-Stiftung, die ja in Osteuropa sehr aktiv ist. Und diese 90.000 Euro stehen zur Verfügung für Übersetzungen von Sachbüchern, Kinderbüchern und Belletristik aus dem Deutschen ins Ukrainische."
Weil aber der ukrainische Literaturbetrieb seit der Unabhängigkeit ganz neu aufgebaut werden muss, seien auch Seminare mit Schriftstellern, Verlegern und Marketing-Experten wichtig, so Marion Haase. Wovon leben Autoren? Jenny Erpenbeck und Judith Kuckart arbeiten auch im Musik- und Tanztheater. Die jungen Kiewer Autorinnen Irena Karpa und Svitlana Povaljaeva arbeiten beim Fernsehen, obwohl sie es hassen. Die 1979 in Dresden geborene Franziska Gerstenberg ist froh für Stipendien, die konzentriertes Schreiben ermöglichen. Davon ist man in Kiew noch weit entfernt.
"Ich hatte das Gefühl, wobei das natürlich nur ein ganz kleiner Ausschnitt ist, den man bei solchen Begegnungen erfahren kann, dass die ukrainischen Autoren sehr viel schneller schreiben, sehr viel schneller reagieren auf Dinge, die um sie herum geschehen, viel schneller auch sagen, das ist jetzt mein aktueller Beitrag zur aktuellen Debatte, und das ist gut."
Die ukrainischen Autoren in Kiew mögen einen manchmal bissigen, manchmal bloß albernen Humor, bei dem ihre deutschen Kollegen nicht so recht mitkamen. Das fiel vor allem Freitagabend im Akademischen Theater der Jugend auf. Die Gäste aus Deutschland staunten nicht schlecht, als sich die 400 Plätze im Saal und die Gänge füllten. Viele junge Frauen im Publikum verzichteten stolz auf die Kopfhörer für die Simultan-Übersetzung und stürmten am Schluss autogrammjagend die Bühne. Trotzdem waren sich die deutschen Autoren nicht sicher, ob ihre eher nüchternen, eher auf die Abgründe des Alltags zielenden Texte richtig ankamen - der rastlose Oleksander Irvanez und das zarte Punksternchen Irena Karpa hatten jedenfalls die Lacher auf ihrer Seite. Der Moderator des Abends war der auch hierzulande viel gelesene Andrej Kurkow:
"Es ist ein Phänomen jetzt, es gibt bis 20 junge Frauen, die schreiben sehr aktiv, dynamisch und regelmäßig und haben ganz viele Fans. Und vielleicht Irena Karpa ist die wichtigste. Natürlich man muss verstehen, dass halb diese Texte ist Literatur, die war schon in Europa in 70er Jahre populär gewesen, Sex, Drugs and Rock'n'Roll, und die Hauptleser sind Studenten, die wussten nicht vorher, dass diese Art von Literatur existierte. Das ist etwas Seltsames, das ist wie weibliche Machokultur."
Von Kiew im Schnee und Schneeschlamm bleibt bei Jenny Erpenbeck, Judith Kuckart oder Norbert Zähringer vielleicht der Eindruck des Fremden, also dessen, was das Reisen so spannend macht:
"Als fremd empfinde ich also zum Beispiel die Art, wie Frauen sich herrichten, mit diesen Stiefeln, mit diesen Pfennigabsätzen, mit diesen echten Pelzmänteln."
"Fasziniert hat mich auf den ersten Blick, in Kiev, in Lemberg nicht, so ein Gefühl einer unüberbrückbaren Weite. Wo ich viel zu klein bin, um da irgendwie reinzugehören oder hinzupassen."
"Die wollen hier alle irgendwo hin, und sie wissen nicht genau, wo sie eigentlich hinwollen, und sie wissen auch nicht genau, wie dieser Weg aussieht. Und das ist für einen Autor immer faszinierend, weil das eigentlich auch der Prozess des Schreibens ist. Man will irgendwo hin, man weiß eigentlich gar nicht genau, wie man da hinkommen soll."