Archiv

Deutsche Bahn
Alle Zeichen auf Streik

Die Lokführergewerkschaft GdL steuert auf einen neuen Streik zu. Ihr Chef Claus Weselsky hat zwar beteuert, nicht streiken zu wollen - jedoch deutet alles darauf hin, dass sich Bahn und Gewerkschaft heute erneut nicht einigen werden. Es wäre der siebte Arbeitskampf in der laufenden Tarifrunde.

Von Michael Braun | 18.02.2015
    Ein Personenzug fährt am 05.11.2014 in Miltzow (Mecklenburg-Vorpommern) an einem Bahnübergang mit einem blinkenden Andreaskreuz vorbei.
    Drohen neue Streiks bei der Bahn? (picture alliance / dpa - Stefan Sauer)
    Er wird heute 56 und Claus Weselsky, der Vorsitzende der Lokomotivführergewerkschaft GDL weiß, dass er bald wieder der Buhmann der Bahnfahrer sein wird. Deshalb sagte er, er habe an seinem Geburtstag einen Wunsch:
    "Ich wünschte mir, nicht in Streik ziehen zu müssen. Das wäre ein schönes Geburtstagsgeschenk."
    Es sieht so aus, als ginge dieser Wunsch nicht in Erfüllung. Seit dem späten Vormittag tagen Hauptvorstand und Große Tarifkommission der GDL. Was die Gremien beschließen werden, sagte offiziell niemand voraus. Aber Weselsky hat auch nach den letzten Schreiben und Mails, die heute früh mit dem Arbeitgeber Deutsche Bahn AG getauscht wurden, keine großen Hoffnungen, ohne Streik auszukommen:
    "Nach allem, was wir bisher erleben mussten, hilft hier nur ein Mittel: Ultima Ratio-Prinzip, um den Druck über Arbeitskämpfe zu erhöhen. Man kann zwar verhandeln und man kann auch Kompromisse finden und schließen. Aber das geht nicht, wenn Sie ein Gegenüber haben, der rumeiert und der das, was er eigentlich schriftlich zugestanden hat, überhaupt nicht erfüllen will."
    Die Mitglieder scheinen durchaus bereit zum siebten Streik in der laufenden Tarifrunde, in der bisher über die Basisforderungen nach mehr Lohn und weniger Arbeitszeit noch nicht einmal gesprochen wurde. Hartmut Petersen, Vorsitzender des GdL-Bezirks Nord, über die Motivation der Lokführer:
    "Die schätze ich schon sehr hoch ein, denn die wissen ganz genau, um was es geht, dass wir hier unsere Flächentarifverträge erhalten müssen. Und daher nehme ich an, dass dort durchaus die Bereitschaft ist, auch wieder in den Arbeitskampf zu gehen."
    Streitpunkt ist ein Protokoll
    Im Süden sehe es nicht anders aus. Bernd Seubert aus dem GdL-Bezirk Bayern über die Stimmung der Lokführer dort:
    "Die Frustration ist ganz groß, weil es im Moment in keinster Weise vorangeht und natürlich auch die Kollegen sehen, dass durch die Bahn nur Hinhaltetaktik gemacht wird bezüglich des Gesetzentwurfes zur Tarifeinheit."
    Aktueller Streitpunkt ist ein Protokoll, das den bisherigen Verhandlungsstand zusammenfasst. Die GDL hatte es formuliert und um Zustimmung bis gestern, 11 Uhr, nachgesucht. Die Bahn hat das abgelehnt und heute früh angeboten, statt langer Briefwechsel "ein gemeinsames Abstimmungsgespräch" zu führen. Doch darauf wollte sich Weselsky nicht mehr einlassen:
    "Wir verhandeln um des Verhandelns willens und wir kommen keinen Millimeter voran. Das wird heute ein Ende haben."
    Beide Seiten sind bisher nicht zusammengekommen, weil die GDL für alle ihre Mitglieder einen Tarifvertrag will, auch für solche Berufsgruppen, die zugleich von der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG vertreten werden. Die Bahn will aber auf jeden Fall unterschiedliche Löhne etwa bei den Zugbegleitern vermeiden. Die Gewerkschaften wollen sich nicht zu Kompromissen zwingen lassen, nicht ihr Recht aufgeben, eigenständig abzuschließen. Vor allem bei der GDL pressiert es, weil sie fürchtet, durch das geplante Gesetz zur Tarifeinheit als die kleinere der beiden Bahngewerkschaften ausgebootet zu werden.
    Am Nachmittag gegen 15.30 Uhr steht das Ergebnis der Beratungen fest. Ein neuer Streik werde rund 100 Stunden dauern, hat Weselsky schon angekündigt. Er könne binnen 24 Stunden organisiert werden.