DB-Generalsanierung
Wie die Bahn bis 2031 saniert werden soll

Sieben Jahre lang werden schrittweise wichtige Hauptstrecken der Deutschen Bahn grundsaniert. Auf Reisende kommen massive Umleitungen und Fahrten in Ersatzbussen zu. Mit dem Milliardenprogramm soll die teils marode Zug-Infrastruktur besser werden.

    Arbeiter demontieren die Anlagen der Riedbahn. Die Strecke zwischen Mannheim und Frankfurt ist ab dem 15.7. für fünf Monte gesperrt.
    Arbeiter demontieren die Anlagen der Riedbahn. Die Strecke zwischen Mannheim und Frankfurt ist ab dem 15.7. für fünf Monte gesperrt. Initialzündung für eine bessere und pünktlichere Bahn? (picture alliance / Daniel Kubirski / Daniel Kubirski)
    Die Ankündigung klingt großspurig: Nicht weniger als eine „Generalsanierung“ wichtiger Strecken hat die Deutsche Bahn begonnen. Das Motto der Bahn: lieber einmal richtig als ständiges Stückwerk. Also eine massive Baumaßnahme aus einem Guss statt vieler kleiner Reparaturen. Das bringt den Kunden am Ende mehr – so hofft man zumindest. Fahrgäste müssen sich dadurch allerdings auf Totalsperrungen einstellen.

    Inhalt

    Die Bahn wird saniert - was ist genau geplant?

    Die sogenannte Riedbahn ist die erste von 41 Strecken, die bis 2031 grundlegend modernisiert werden sollen. Unter anderem geht es um vielbefahrene Strecken wie Hamburg – Berlin sowie Oberhausen – Emmerich Richtung Niederlande. Für Fahrgäste bedeutet das: Längere Reisezeiten und Zugausfälle. Zudem ist bis Mitte August die ICE-Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt wegen Bauarbeiten dicht - hierbei handelt es sich aber nicht um eine Generalsanierung.
    Karte der Deutschen Bahn mit Strecken, die saniert werden sollen.
    Karte der Deutschen Bahn mit Strecken, die saniert werden sollen. (Deutsche Bahn)
    Zum Start wird die Riedbahn-Strecke zwischen Frankfurt am Main und Mannheim fünf Monate lang komplett gesperrt. Reisende müssen entweder Umleitungen in Kauf nehmen oder in vielen Städten für den Verkehr in Ersatzbusse umsteigen. Im Normalbetrieb fährt sonst jeder siebte ICE und IC der Deutschen Bahn über die Riedbahn-Strecke – im Schnitt ein Zug alle fünf Minuten. Drei von elf europäischen Güterstrecken sind überdies mit diesem Bahnabschnitt verbunden.
    Die Riedbahn-Erneuerung ist ein Bauprojekt der Superlative. Ausgewechselt werden 117 Kilometer Gleise und 152 Weichen. 140 Kilometer Fahrdraht werden getauscht. Zudem werden mehr als 15 Kilometer Lärmschutzwände errichtet. 230.000 Bahnschwellen werden verlegt. 380.000 Tonnen Schotter müssen bewegt werden. 20 Bahnhöfe auf der Strecke werden saniert. Das Ziel: Durch die Sanierung sollen Störungen bei der Infrastruktur um 80 Prozent reduziert werden. Fünf Jahre lang sollen dann keine größeren Baustellen mehr auf der Strecke erforderlich sein. Für den Ersatzverkehr in der Bauphase wurden 140 neue Busse gekauft und 400 neue Fahrer eingestellt.

    Was kostet die Bahn-Sanierung?

    Allein die Generalsanierung der Riedbahn kostet nach aktuellem Stand 1,3 Milliarden Euro - und damit deutlich mehr als zunächst angenommen. Die nächste Generalsanierung ist ab August 2025 auf der Strecke von Hamburg nach Berlin geplant. Diese soll dann sogar neun Monate lang dauern.
    Anzahl und Länge der Streckensanierungen bei der Deutschen Bahn im Rahmen der Generalsanierung in den Jahren 2024 bis 2030.
    Anzahl und Länge der Streckensanierungen bei der Deutschen Bahn im Rahmen der Generalsanierung in den Jahren 2024 bis 2030. (Deutsche Bahn / Statista)
    Für die anstehenden Sanierungskosten greift der Bund tief in die Tasche (der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler). Insgesamt eingeplant sind für die Generalsanierung der Bahn 27 Milliarden Euro. Laut Verkehrsministerium wurden bis 2029 zusätzlich 30 Milliarden Euro in die mittelfristige Finanzplanung eingestellt. Immer wieder wurde jedoch über Finanzierungslücken berichtet.
    Bereits im Juni 2022 hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) angekündigt, dass der Bund das marode Schienennetz der Bahn ab 2024 grundlegend sanieren wolle. „So wie es ist, kann es nicht bleiben“, so Wissing. Die genaue Investitionssumme nannte er damals nicht.

    Welches Ziel hat die Sanierung der Bahn?

    Verkehrsminister Wissing sagte zum Start der neuen Offensive: „Die Bahn muss wieder pünktlich werden. Das geht aber nur, wenn die Infrastruktur in Ordnung gebracht wird.“ Im Deutschlandfunk sagte der FDP-Politiker: "Wir flicken jetzt nicht mehr die Strecken, sondern wir sperren sie - und erneuern einmal alles."
    Die Sanierungen müssten im Rekordtempo erfolgen. Bahnchef Richard Lutz sagte über die Infrastruktur auf den Gleisen: “ Sie ist zu voll, sie ist zu alt und damit zu störungsanfällig.“ Gerade die letzten Wochen der Fußball-Europameisterschaft hätten die Probleme wie in einem Brennglas gezeigt, so der Bahnchef. Mit den Generalsanierungen wähle die Bahn nun einen „fundamental und radikal anderen Angang“ als bislang.

    Welche Kritik gibt es an den Bahn-Sanierungsplänen?

    Konkret gab es zum Auftakt der Riedbahn-Sanierung Kritik an schlecht orientierten Busfahrern, die Verspätungen einfuhren und teils auch kaum Deutschkenntnisse haben. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hält die Generalsanierung von Hauptstrecken lediglich für einen Schritt in die richtige Richtung, aber nicht für ausreichend. „Mit den Generalsanierungen allein werden wir nicht mehr Züge und auch kein besseres Schienennetz bekommen, lediglich das sogenannte Grundstörungsniveau auf den hoch ausgelasteten Strecken wird erheblich gesenkt“, sagt die VCD-Vorsitzende Kerstin Haarmann.
    Um das gesamte Netz für die Zukunft fit zu machen, müsse man auch die Schienenknoten in den großen Städten besser ausbauen und vor allem digitalisieren. Außerdem seien genug Ausweichstrecken nötig, damit der Personen- und Güterverkehr auf der Schiene auch bei Reparaturen weiterlaufen könne. Der VCD warnt angesichts der Haushaltslage vor Kürzungen bei der Bahn – vielmehr solle kräftig in Bahnausbau, Digitalisierung und Elektrifizierung investiert werden, um die „Verkehrswende“ gelingen zu lassen. Der VCD fordert bis 2027 mindestens 45 Milliarden Euro an öffentlichen Bahn-Investitionen.
    Es gibt zudem skeptische Stimmen aus der Bauwirtschaft. Sie vermisst langfristige finanzielle Zusagen aus der Politik. René Hagemann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Bauindustrie, sagt: „Wir erwarten von der Bahn, dass sie uns relativ klar voraussagt, was in welchem Jahr gemacht wird, welche Mengen ausgeschrieben werden, die wir dann verbauen sollen.“ Denn nur so könne man sich darauf einrichten. Das könne die Bahn aber nicht, wenn die Finanzierung nicht gesichert sei. Minister Wissing hingegen verweist auf historische hohe staatliche Investitionen.

    Warum gibt es diesen massiven Sanierungsbedarf?

    Das Thema ist alles andere als neu. Klagen über den maroden Zustand der Bahn gibt es schon lange. Fachleute sind sich schon lange weitgehend einig, dass über viele Jahre zu wenig Geld in das Verkehrsmittel Bahn investiert wurde (siehe auch: Zehn Gründe für die Dauerkrise bei der Bahn).
    Und dies ändert sich auch nur langsam. Laut Zahlen des Lobbyverbands Allianz Pro Schiene lagen die Pro-Kopf-Investitionen in die Bahn-Infrastruktur in Deutschland 2023 bei 115 Euro - nur einen Euro mehr als 2022. „Der leichte Zuwachs der Investitionen hat bei weitem nicht ausgereicht, um die Steigerungen der Baupreise auszugleichen“, sagte Andreas Geißler, Leiter Verkehrspolitik bei dem Verband. Für das laufende Jahr rechnet Geißler mit einem großen Sprung auf 174 bis 215 Euro.

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