Neben den meisten Eisenbahnschienen in Deutschland verlaufen Glasfaserkabel. Sie dienen der Datenübertragung. Die Bahn tauscht über diese Glasfaserkabel etwa Informationen zwischen den Stellwerken aus. Neuerdings nutzt sie die Kabel aber auch, um Informationen zu sammeln. Und zwar darüber, was es so für Geräusche an den Schienen gibt. Dazu muss man einen Laserstrahl durch die Glasfaserkabel schicken.
"Ich entsende diesen Laser, der läuft bis ans Ende des Kabels und dann läuft das zurück. Und zwischendurch wirken Geräusche auf das Kabel, die versetzen das in eine Schwingung, da kommt es zu Teilreflektionen von dem Licht. Ein Großteil des Lichts läuft bis ans Ende durch, aber ein Teil wird reflektiert und über die Laufzeit weiß ich genau, wo das war", erklärt Max Schubert, der das Projekt bei der Deutschen Bahn leitet. Bei dem System wird nicht nur ein Laserstrahl durch das Kabel geschickt, sondern 2.500. Und das pro Sekunde. So kann man nicht nur erkennen, wo es an der Schiene ein Geräusch gibt, sondern auch, welche Tonhöhe es hat.
Die Bahn hat das System auf einer 33 Kilometer langen Strecke bei Fulda getestet. Max Schubert stellt die Daten aus dieser Teststrecke auf deinem speziellen Diagramm dar. Es zeigt die Geräusche an verschiedenen Stellen der Strecke in unterschiedlichen Farben.
"Überall haben wir so blaue Töne verschiedener Art, da gibt es ein gewisses Hintergrundrauschen. Aber alles, was eine hohe Intensität hat, wird gelb oder rot. Das können punktuelle Ereignisse sein wie Sie hier am Rand sehen, also etwas, das immer an diesem Standort ist. In dem Fall ist das eine Klimaanlage, die dort bei dem Stellwerk läuft."
An der Stelle sieht man rote Punkte auf dem Diagramm. Die stehen für das Geräusch der Klimaanlage, die immer wieder an- und ausgeht. Außerdem gibt es noch rote Linien in dem Diagramm, die schräg verlaufen.
Züge können genauer verortet werden
"Alles, was sich schräg durch das Bild bewegt, ist ein bewegtes Objekt und über die Eigenschaften, die ein Zug hat, das Geräuschmuster, kann ich nicht nur über das Bild erkennen, sondern auch die Software dahinter automatisiert erkennen, da fährt ein Zug und den können wir verfolgen."
So kann man Züge viel genauer als bisher lokalisieren und deren Geschwindigkeit bestimmten. Das System ließe sich also dazu nutzen, den Verkehr auf den Schienen besser zu regeln oder den Fahrgästen genau anzuzeigen, wo sich ihr Zug derzeit befindet. Aber man kann auch einiges über den Zug selbst erfahren.
"Gerade bei Güterverkehr kennt man es, gibt es ja auch mal unrunde Räder, die einen hohen Geräuschpegel produzieren. Das ist für Anwohner unschön. Es ist unser Ziel, diese Geräuschquelle zu reduzieren. Und wir können sehr schön unterscheiden zwischen einem ruhig laufenden und unruhig laufenden Zug."
Ein Algorithmus wertet die Geräuschinformationen fast in Echtzeit aus und kann somit das unrunde Rad erkennen. Oder auch Schäden an der Schiene. Oder Diebesbanden, die Kabel klauen. Auch einen Steinschlag registriert das System sofort. Um das alles erkennen zu können, erstellten die Ingenieure und Informatiker spezielle Geräusch-Fingerabdrücke der einzelnen Ereignisse.
"In dem speziellen Fall haben wir mit der ÖBB, der österreichischen Bahn zusammengearbeitet, und die haben tatsächlich Felsen ins Gleis stürzen lassen, verschiedener Größe und mit häufigen Wiederholungen, um dieses Geräusch aufzunehmen. So haben wir jetzt einen international gültigen Fingerabdruck. Der Schlag des Steines ins Gleis, der gilt gleichermaßen in Deutschland, Österreich wie Indien."
Die Forscher haben an der Teststrecke bei Fulda gezeigt, dass das System technisch funktioniert. Bis Ende des Jahres sollen drei weitere Teststrecken in Betrieb gehen. Dort will die Bahn 18 Monate lang prüfen, ob sich solch ein System auch wirklich lohnt, ob der Nutzen also die Investition in eine solche Technik rechtfertigt. Falls ja, könnten die Glasfasern bald überall danach lauschen, was sich so an den Gleisen tut.