Archiv


Deutsche Bank: Keine "Abkühlphase" für Ackermann?

Ein reibungsloser Übergang Josef Ackermanns vom Vorstand an die Spitze des Aufsichtsrates der Deutschen Bank würde gegen die Richtlinien für gute Unternehmensführung verstoßen, sagt Jella Benner-Heinacher, Geschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Jella Benner-Heinacher im Gespräch mit Gerd Breker | 27.07.2011
    Jasper Barenberg: Inzwischen ist es also beschlossene Sache. Im nächsten Jahr wird Josef Ackermann als Chef der Deutschen Bank Platz machen für eine Doppelspitze aus Jürgen Fitschen, dem bisherigen Leiter des Auslandsgeschäfts und dem Vorstand des Investmentbankings, Anshu Jain. In der Vergangenheit hat der immer wieder umstrittene, wirtschaftlich aber unbestritten erfolgreiche Bänker eben genau das stets ausgeschlossen. Auch deshalb gibt es Unmut. Schon fordert die SPD Ackermann zum Verzicht auf. Das zentrale Argument: Der Wechsel verträgt sich nicht mit den Regeln für gute Unternehmensführung. Vor der Sendung hat mein Kollege Gerd Breker mit der Geschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz gesprochen, mit Jella Benner-Heinacher.

    Gerd Breker: Warum gibt es in den Richtlinien für gute Unternehmensführung eine Karenzzeit von zwei Jahren, bevor ein Vorstandschef in den Aufsichtsrat wechseln darf?

    Jella Benner-Heinacher: Das hat man sich vor zwei Jahren ausgedacht – eine sogenannte Abkühlphase für einen Vorstand, damit er erst einmal aus seiner Vorstandsposition herauskommt, ein bisschen Abstand gewinnt und dann möglicherweise in einen Aufsichtsrat gehen kann, und dort aber das Ganze von der anderen Seite, von der kontrollierenden Seite aussieht.

    Breker: Und warum können sich Josef Ackermann und die Deutsche Bank so leicht über diese Richtlinie für gute Unternehmensführung hinwegsetzen?

    Benner-Heinacher: Ja, so leicht wird es nicht werden, weil sie brauchen ja immerhin eine Unterstützung von mindestens 25 Prozent der Stimmen auf der Deutschen-Bank-Hauptversammlung, um das durchzusetzen. Aber es ist außergewöhnlich, weil es ist eigentlich das erste der 30 Unternehmen, die diesen Weg geht, und von dieser Ausnahme – denn es ist ja eine Ausnahme –, vom Grundsatz auch Gebrauch macht.

    Breker: Sie scheinen aber sehr zuversichtlich zu sein, und eine Doppelspitze soll es nun bei der Deutschen Bank richten. Der Investmentbanker Anshu Jain in London und der Deutschlandchef Jürgen Fitschen. Das klingt auf den ersten Blick plausibel – nur Doppelspitzen in großen Unternehmen gelten in der Regel als Übergangslösung. Ist es auch diesmal so?

    Benner-Heinacher: Es ist zumindest immer nicht ganz einfach, wenn nicht einer der Chef ist und einer, der schließlich auch am Ende das Wort hat, aber es gibt auch gute Erfahrungen: Wir haben ja aktuell bei SAP zum Beispiel eine Doppelspitze, die sehr gut funktioniert, es gibt allerdings auch schlechte Erfahrungen, die man zum Beispiel mal früher bei Daimler gemacht hat, mit einer Doppelspitze. Man muss einmal auf das Alter der beiden vorgeschlagenen Kandidaten schauen, und dann sieht man, Herr Fitschen ist ja schon ein bisschen älter, das wird also tatsächlich wahrscheinlich eine Übergangslösung sein. Da wird sich dann irgendwie eine neue Lösung finden müssen vom Aufsichtsrat.

    Breker: Sie haben das Alter angesprochen: Jain erhält einen Vertrag bis 2017 und Fitschen einen bis 2015. Das hört sich ein wenig so an wie eine Karenzzeit bis dahin, dass der Investmentbanker es alleine übernehmen kann!

    Benner-Heinacher: Das könnte man auch so sehen, oder es gibt einen Zweiten, eben noch einen Jüngeren, der dann Herrn Fitschen ersetzt. Ich denke, da wird sich der Aufsichtsrat schon was bei gedacht haben, dass man die Verträge so unterschiedlich abschließt, mit unterschiedlichen Vertragslängen.

    Breker: Wird es überhaupt bei der Deutschen Bank eine Doppelspitze, oder ist es nicht doch mit dem Aufsichtsratschef Ackermann ein Führungstrio am Ende?

    Benner-Heinacher: Ja, das ist die schwierige Frage! Denn ich meine, diese Abkühlperiode hat ja ihren Grund, und ich meine, es ist immer gut, wenn erfahrene Vorstände – und da gehört sicherlich Herr Ackermann auch dazu – dieses Know-how dann auch im Aufsichtsrat einbringen kann. Aus meiner Sicht hätte es aber gereicht, wenn er auch ein ordentliches Aufsichtsratmitglied ist, denn da hätte er ja auch die Erfahrung einbringen können. Dass er jetzt den Vorsitz übernimmt im Aufsichtsrat – zumindest wird das ja spekuliert –, das ist bedenkenswert, denn er wird natürlich da auch eine gewisse Dominanz haben. Und da fragt man ja zu Recht: Ist das nicht eigentlich so eine Art dritter Vorstand, der da installiert wird? Ich glaube zumindest, dass da ein gewisses Risiko besteht.

    Breker: Frau Benner-Heinacher, mit der Sparte Investment Banking wird das eigentliche Geld gemacht. Die Sparte Hausbank dient eigentlich dem Polieren des Images der Bank. Ist das, das was aussagt über das Kräfteverhältnis des künftigen Duos an der Spitze?

    Benner-Heinacher: Könnte man auf den ersten Blick so meinen, aber das Investment Banking ist ja ein sehr volatiles Geschäft mit erheblichen Risiken, und es läuft zum Beispiel aktuell gar nicht so gut. Insoweit ist es ganz sinnvoll, dass man auch ein klassisches Bankgeschäft betreibt, das so ein bisschen das volatile Geschäft ausgleicht. Ich glaube, das wäre jetzt zu früh, davon schon auf die Machtverhältnisse zu schließen.

    Breker: Es gab ja mal in Folge der Finanzkrise die Überlegung, das Investment Banking vom üblichen Bankgeschäft zu trennen, davon ist heute keine Rede mehr – zumal zwei Drittel des Gewinns der Deutschen Bank von eben diesem Investment Banking kommt!

    Benner-Heinacher: Ja, es ist richtig! Es gab schon sehr hohe Erträge durch Investment Banking, und es ist sicherlich auch für das Ergebnis der Deutschen Bank immer entscheidend gewesen in den letzten Jahren, aber wie gesagt, es ist mit einer erheblichen Volatilität verbunden, und wenn man das Investment Banking lösen wurde, dann hat man natürlich alle Risiken nur noch auf einem Geschäft. Also, von daher denke ich, war das schon eine ganz kluge strategische Entscheidung, das zusammen zu lassen.

    Breker: Nun spricht Jain kein Deutsch und will offenbar die Sprache auch nicht lernen – dabei hat doch gerade Josef Ackermann gezeigt, wie wertvoll im wahrsten Sinne des Wortes für die Bank gute Beziehungen zur Politik sein können. Die Beteiligungen der Privaten bei den Griechenlandanleihen blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück!

    Benner-Heinacher: Das ist immer zu bedauern, finde ich, wenn es ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Deutschland gibt, wo es keine Deutschen an der Spitze gibt, oder zumindest welche, die deutsch sprechen, denn das hat natürlich, wenn man national tätig ist, eine große Bedeutung. Auf der anderen Seite: Auch bei SAP sind keine Deutschen in der Vorstandsspitze, auch da funktioniert es, auch da wird sich eingebracht, und ich denke, Herr Ackermann wird, wenn es in den Aufsichtsrat geht als Vorsitzender, sicherlich auch seine guten politischen Beziehungen weiter zur Verfügung stellen.

    Breker: Die Aktienbesitzer sind mit Josef Ackermann gut gefahren. Vertrauen sie auch seinen Personalentscheidungen?

    Benner-Heinacher: Ich hoffe jetzt mal aus Corporate-Governance-Gründen, dass es nicht allein seine Entscheidung war, sondern dass es die Entscheidung des Aufsichtsrats war, denn der Aufsichtsrat ist ja dafür zuständig. Ich habe jetzt erst einmal Zutrauen, dass das zumindest aus der Situation heraus die bestmögliche Lösung war für die deutsche Bank, aber wir werden uns in ein paar Jahren wieder sprechen, dann schauen wir mal.

    Breker: Glauben Sie, dass es ein Problem sein wird, 25 Prozent der Aktionäre auf einen Wechsel in den Aufsichtsrat für Josef Ackermann hin zu mobilisieren?

    Benner-Heinacher: Glaube ich nicht, denn der Kodex und auch das Aktiengesetz sagt ja, es gibt eine zu begründende Ausnahme, dann kann man einen solchen Vorschlag machen. Und ich glaube schon, dass Herr Ackermann da die nötigen 25 Prozent zusammenbekommen wird.

    Breker: Würde er Ihre Stimme bekommen?

    Benner-Heinacher: Da sind wir ehrlich gesagt noch nicht ganz schlüssig. Aber ich denke, wenn wir den genauen Wahlvorschlag sehen, dann werden wir uns noch mal genau dazu äußern.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.