Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank hat am Abend Christian Sewing zum Nachfolger von John Cryan bestimmt. Sewing ist bisher zusammen mit dem Investmentbanker Marcus Schenck stellvertretender Vorstandschef der Bank.
Dass Achleitner sich für einen internen Nachfolger für Cryan entscheiden würde, das hatten Beobachter vermutet, weil externe Kandidaten für das Amt nicht zur Verfügung standen. Allerdings hatten viele eher mit Marcus Schenck gerechnet. Doch der konnte sich schon im Vorfeld nicht durchsetzen. Schenck wird dem Vernehmen nach bald die Bank verlassen. Stattdessen wird nun Garth Ritchie, der neben Schenck das Investmentbanking leitete, nun zum stellvertretenden Vorstandschef befördert, zusammen mit Rechts- und Personalvorstand Karl von Rohr.
Sewing steht für das traditionelle Bankgeschäft
Für Sewing spricht, dass er in beiden Sparten der Bank Erfahrung hat. Und: er hat seinen Bereich, das Privat- und Firmenkundengeschäft im Griff, die Kosten gesenkt. Wie die Bank sich nun unter Sewing ausrichten will, darüber rätseln Beobachter jetzt. So sagte Sascha Steffen von der Frankfurt School of Finance und Management in der ARD:
"Es ist nicht wirklich klar, was die Strategie der Deutschen Bank aktuell ist. Von daher: Die Gespräche, die vorher geführt worden waren, waren in verschiedenste Richtungen. Da waren Personen, die eher dem Investmentbanking zuzuordnen sind. Das ist mit Sicherheit eine ganz andere Entscheidung als jetzt für einen Herrn Sewing, der eher für etwas traditionellere Bankgeschäft, sage ich mal, steht."
Ohne Investmentbanking geht es nicht
Der 47 Jahre alte Sewing hat bis auf zwei Jahre sein ganzes Berufsleben in der Deutschen Bank verbracht, war lange im Ausland, etwa in Singapur, Toronto und London, er war im Risikomanagement an verantwortlicher Stelle tätig und kennt daher das Investmentbanking. Ohne das werde es auch in Zukunft nicht gehen, ist Hans-Peter Burghof überzeugt, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim:
"Die Deutsche Bank ist tatsächlich durch beide Bereiche geprägt. Nur auf einen Bereich zu setzen geht nicht, denn dann würde man diese spezifische Kompetenz der Deutschen Bank, Verankerung in der deutschen Wirtschaft in der europäischen Wirtschaft, und gleichzeitig Fenster zum Kapitalmarkt und zu den internationalen Märkten, dann würde man halt diese besondere Kompetenz der Deutschen Bank vernachlässigen."
Große Herausforderungen
An Selbstbewusstsein mangelt es dem 47 Jahre alten Westfalen Sewing auch nicht. So ergänzte er bei der Bilanzvorlage Anfang Februar die ihm offenbar unzureichenden Ausführungen von John Cryan - es ging um das Verhältnis der Bank zur deutschen Politik:
"Ich weiß, es war eine persönliche Frage an John, aber da ich verantwortlich für Deutschland bin, möchte ich sagen: Der Austausch, den wir mit Berlin haben, ist wirklich sehr gut. Die Politik will eindeutig eine große deutsche Bank, die auch international erfolgreich ist. Auch die Unterstützung für unsere Strategie, eine größere Bank in Deutschland zu bauen aus Deutscher und Postbank und das Privat- und Firmenkundengeschäft, das ist etwas, das insgesamt sehr gut in Berlins umgenommen wird. Deshalb glaub ich, dass sich das Verhältnis deutlich verbessert hat."
Ein Deutscher an der Spitze könnte dem Verhältnis zur Politik tatsächlich dauerhaft gut tun. John Cryan, der amtierende Vorstandschef, hatte in den drei Jahren seit seiner Berufung zum Vorstandschef nur Verluste melden müssen. Der Aktienkurs der Deutschen Bank war in den letzten Monaten kräftig eingebrochen. Immerhin aber gelang es ihm, die größten Rechtsstreitigkeiten beizulegen.
Er schaffte es jedoch nicht die Kosten zu drücken, eine klare Strategie zu entwickeln und den Dissens innerhalb der Bank beizulegen. Christian Sewing steht also vor einer großen Herausforderung. Er muss die Bank befrieden und mit einer klaren Strategie wieder Vertrauen bei Kunden und Aktionären gewinnen.