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Deutsche Bank
Vorbelastete Bilanzen

Die Liste der Skandale und der Rechtsstreitigkeiten rund um die Deutsche Bank wird fast täglich länger. Aktuell ist der DAX-Konzern in rund 6000 Prozesse verwickelt, Strafen oder Schadensersatzleistungen drohen. Die Bank legte ihre Bilanzen vor, und auch eine Entscheidung des BGH macht ihr zu schaffen.

Von Michael Braun | 29.07.2014
    An einer Filiale der Deutschen Bank in München repariert ein Arbeiter den Schriftzug.
    Mit dem Image der Deutschen Bank ist es nicht zum Besten bestellt. (picture alliance / dpa / M. C. Hurek)
    Der Deutschen Bank droht eine längere Auseinandersetzung um die Übernahme der Postbank. Geht sie für die Deutsche Bank schlecht aus, könnten Forderungen von Kleinaktionären in Höhe von 1,6 Milliarden Euro auf die Bank zukommen. Das schätzt die Aktionärsvereinigung DSW. Deren Vizepräsident Klaus Nieding wertete heute diese und die großen anderen Rechtsrisiken:
    "Das ist eine der größten Klötze, die die Deutsche Bank am Bein hat, in der Tat."
    Der Hintergrund des Streits heute vor dem Bundesgerichtshof: Laut Wertpapier-Übernahmegesetz muss allen Aktionären ein Pflichtangebot unterbreitet werden, sobald ein neuer Eigentümer mindestens 30 Prozent der Stimmrechte erworben hat. Das aber, so der Verlag des Düsseldorfer Effecten Spiegels als Kläger, habe die Deutsche Bank zu umgehen versucht. Sie habe das gesamte Aktienpaket 2009 komplett bezahlt, aber einen Teil der Anteile formal bei der Deutschen Post belassen, um unter der 30-Prozent-Marke zu bleiben. Damit habe sie im Krisenjahr 2009 einen niedrigen Aktienkurs abwarten und diesen den Kleinaktionären anbieten können. Dass die Übernahme der Postbank Teil einer langfristigen Strategie war, hatte der damalige Vorstandschef Josef Ackermann 2010 bekannt.
    "Die Konsolidierung der Postbank stellt eine wichtige Etappe in unserer seit Jahren verfolgten Strategie dar, eine weltweit führende Investmentbank mit einem starken Privatkundengeschäft zu bauen."
    Keine sofortige vollständige Übernahme
    Allerdings hatte er 2009 auch gesagt, man wolle die vollständige Übernahme nicht sofort, weil sonst vor allem die Mitarbeiter mitten in der Finanzkrise zusätzlich verängstigt werden könnten. Die Deutsche Bank bestreitet, gegen geltendes Recht verstoßen zu haben. Das, so urteilte heute der BGH, müsse das Oberlandesgericht Köln nun genau prüfen.
    Auch sonst sind die Rechtrisiken hoch: Im zweiten Quartal erhöhte das Institut die Rückstellungen dafür auf 2,2 Milliarden Euro. Für noch größere Belastungen gebe es keine Vorsorge. Finanzvorstand Stefan Krause:
    "Es gibt hohe Prozessrisiken, die die Bank weder der Zeit noch der Höhe nach beeinflussen kann."
    In rund 6000 Rechtsstreitigkeiten verwickelt
    Im Mai hatte der Vorstand informiert, die Bank sei in rund 6000 Rechtsstreitigkeiten verwickelt, davon tausend mit einem Streitwert von mehr 100.000 Euro. Die Argumentation, das seien alles Altlasten, lässt Dieter Hein, Analyst bei fairesearch, nicht gelten. Erst vorige Woche habe eine amerikanische Bankenaufsicht beklagt, seit Langem angemahnte Missstände im Rechnungswesen bei amerikanischen Töchtern würden nicht behoben:
    "Also, von daher zu erzählen, das wären alles Verfehlungen von Vorgängern und da hat man nichts damit zu tun – das ist bestenfalls Wunschdenken."
    Die Ratingagentur Moody's hat wegen der Prozessrisiken die Bonität der Deutschen Bank herabgestuft, von "A2" auf "A3". In Schulnoten: von Zwei auf Zwei Minus. In der Tat könnte eine Strafzahlung von fast neun Milliarden Dollar, wie sie gegen die französische Großbank BNP Paribas verhängt wurde, die jüngsten Kapitalerhöhungen der Deutschen Bank von 8,5 Milliarden Euro auffressen und die Bank unterkapitalisiert dastehen lassen. Ein Gewinn vor Steuern im zweiten Quartal von 917 Millionen Euro ändert dieses Bild nicht, zumal nach Steuern, wie die Bank heute berichtete, mit 238 Millionen Euro 29 Prozent weniger übrig blieben als voriges Jahr. Ein Grund: Kosten für Rechtsstreitigkeiten können nicht von der Ertragssteuer abgezogen werden.