Offiziell bestätigt ist noch nichts. "Kein Kommentar" heißt es bei der Deutschen Bank. Dort tagt heute Abend der Aufsichtsrat - der muss ja die Hauptversammlung am Donnerstag vorbereiten, und danach könnte natürlich öffentlich werden, was in Finanzkreisen kolportiert wird - dass Privatkundenvorstand Rainer Neske eine Auflösung seines Vertrags wünscht. Der Grund dürfte auch klar sein: Neskes Bereich wird mit dem geplanten Verkauf der Postbank und weiteren Einsparungen deutlich schrumpfen: 14 Millionen Kunden verliert die Privatkundensparte der Bank, 15.000 Mitarbeiter und knapp 50 Milliarden Euro an Einlagen. Und: Das Investmentbanking wird nicht so deutlich beschnitten, wie Neske das offenbar gewünscht hatte. Grund genug, den Job hinzuschmeißen, aber dennoch mehr als unerfreulich für die Bank, meint Klaus Nieding, Vizepräsident der DSW, der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz:
"Für die Bank selber ist das natürlich in der aktuellen Situation fast schon eine Katastrophe, anstatt dass Ruhe ins Schiff, wird es immer schlimmer. Jetzt schmeißt noch ein hoher und angesehener Vorstand, der auch schon mal als Nachfolger für einen der beiden Co-Vorstandschefs gehandelt wurde, das Handtuch. Das zeigt, dass es im Schiff Deutsche Bank erhebliche Unruhe gibt und dass es auch an der ein oder anderen Stelle brennt."
Fitschen und Jain sind angezählt
Brennen tut es tatsächlich in vielen Bereichen, und den Unmut der Aktionäre werden die Verantwortlichen der Deutschen Bank auch am Donnerstag in der Hauptversammlung zu spüren bekommen. Die Entscheidung, die Postbank zu verkaufen, ist zwar in einer Hinsicht nachvollziehbar, erklärt Harm Sender, Analyst der Ratingagentur Standard & Poor's:
"Es geht um die Fragestellung, inwieweit nachhaltig die Deutsche Bank in der Lage ist, ihr Geschäftsprofil so zu schärfen und auch so mit Eigenkapital zu unterlegen, dass wenn der Marktzyklus oder die Volatilität des Marktes greift, die Deutsche Bank eben komfortabel ausgestattet ist."
Aber diese Strategieänderung ist nur halbherzig, kritisiert Aktionärsschützer Nieding:
"Man hat versucht, es allen recht zu machen und keinem richtig auf die Füße zu treten."
Das dürfte auch Neske kritisiert haben, der nun offenbar gehen will. Doch wenn auch die Strategie nicht überzeugt, dann wird die Position auch vom Führungsduo Jürgen Fitschen und Anshu Jain immer schwieriger: Ihre Mission sei noch nicht zu Ende, hatten sie am Wochenende zwar in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung versichert, aber sie seien angezählt, meint Nieding:
"Wenn Herr Fitschen in Bedrängnis käme im Rahmen des Münchner Strafverfahrens, würden die Karten neu gemischt. Und Gleiches gilt für Herrn Jain: Die Einschläge im Investmentbanking sind noch lange nicht vorbei. Die Devisenkursmanipulationen, Gold-Silber-Kursmanipulationen, Hypotheken-Darlehensproblematik in den USA - all das liegt ja noch im Argen und ist noch nicht gelöst. Und je nach Ausgang muss man dann natürlich irgendwann auch mal die Frage nach den personellen Konsequenzen stellen."
Aufsichtsratsvorsitzender Paul Achtleitner jedenfalls scheint sie auch nicht mehr so unbedingt stützen zu wollen wie noch vor einigen Wochen.