Marcus Schenck weiß schon, was wirklich gemeint ist, wenn dem Finanzvorstand der Deutschen Bank eine Frage gestellt wird:
"Die dahinter stehende Frage ist immer: Kann die Deutsche Bank eigentlich ihre AT1-Kupons bezahlen? Da sind wir im höchsten Maße zuversichtlich. Es sind zur Bedienung der AT1s genügend Reserven vorhanden."
Altlasten der Deutschen Bank
AT1-Kupons, das ist Banker-Denglisch für Zinsen auf eigenkapitalähnliche Anleihen. Und es gab vorige Woche Zweifel, ob die Bank diese Zinsen zahlen könne. Deshalb ging Vertrauen verloren. Besser wurde es nicht, als der Bundesfinanzminister mindestens zweimal bekundete, er habe Vertrauen in die Deutsche Bank, sie habe genügend Kapital. Aber die Märkte wollten nicht Worte, sie wollten Beweise - und bekamen sie: Die Bank hat angekündigt, für knapp fünf Milliarden Euro einen Teil dieser eigenkapitalähnlichen Anleihen zurückzukaufen.
Was die Bank belastet, sind immer noch - je nach Beweislage - Sünden oder kriminelle Machenschaften der Vergangenheit. Heute um 9 Uhr etwa kommt in Frankfurt wieder eine vor Gericht: Nicht die Bank, aber acht ehemalige Mitarbeiter, darunter ein früherer Manager, müssen sich dem Vorwurf stellen, beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten "schwere bandenmäßige Steuerhinterziehung" betrieben zu haben. Die Bank selbst hat schon mehr als zwölf Milliarden Euro Strafen etwa für die Manipulation von Zinsen bezahlt.
Hinzu kommen sozusagen bankübliche Unsicherheiten: Wie stark lässt die Konjunktur in China nach? Ist der Aufschwung in Amerika schon vorbei? Wird Europa mit den Sog gezogen? Lässt der niedrige Ölpreis Kredite an die Ölindustrie platzen? Kommt über Griechenland die europäische Schuldenkrise wieder zurück? Das alles betreffe natürlich den Bankensektor, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank:
"Der akute Teil der Schuldenkrise, den wir 2008 mit Panik in den Märkten hatten, der ist lange vorbei. Es sind aber viele Schulden übrig geblieben. Was problematisch für die Bankbilanzen wäre, wäre jetzt auch eine richtige Rezession in Amerika, in Europa. Und genau das ist ja die Frage, die an den Märkten gerade bewegt wird. Das ist der Grund, warum die Märkte so vorsichtig sind."
Wiederholung von 2008?
Dennoch stellen sich Anleger und Händler an den Börsen die Frage, ob die Finanzkrise der Jahre 2008 folgende wiederkehre. Die Betroffenen halten solche Mutmaßungen für falsch, Martin Blessing etwa, der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank:
"Ich lese ja auch viel, dass Leute glauben, es ist jetzt wieder wie 2008. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Das halte ich für falsch."
Wie sehen es Analysten, die ja von den zuletzt deutlich gestiegenen Eigenkapitalquoten der Banken wissen. Ist die Bankenlandschaft wackelig?
"Nein", sagt Dieter Hein, Bankanalyst von Fairesearch: Er rechnet so, "dass die Eigenkapitaldeckung der Banken sehr niedrig ist. Auch nach den erhöhten Anforderungen ist sie vielleicht drei, vier Prozent. Das heißt 95, 96 Prozent des Geldes, mit dem die Banken arbeiten, haben sie sich geliehen. Und das haben sie sich geliehen von den Sparern oder Versicherungen. Und von daher retten Regierungen ja nicht Banken, sondern die eigenen Bürger vor dem Bankrott. Und das wird auch in Zukunft passieren."
Die Politik hat sich in den vergangenen Jahren bemüht. Aber ganz ist der Bürger als Steuerzahler noch nicht aus der Haftung, wenn der Bürger als Bankkunde gerettet werden müsste.