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Deutsche Ebola-Hilfe
Schwierige Koordination

In Deutschland sind viele verschiedene Stellen mit der Hilfe für die Menschen in Westafrika befasst. Vielleicht zu viele, um effizient zu handeln, sagte der Vorstandssprecher der Hilfsorganisation Medeor, Bernd Pastors, im DLF. Es sei wichtig, die verschiedenen Initiativen zu bündeln.

Bernd Pastors im Gespräch mit Thielko Grieß |
    Soldaten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr nehmen am 07.10.2014 in der Fachabteilung Tropenmedizin des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg an einer Schulung teil.
    Ausbildung für den Krisenfall: Soldaten der Bundeswehr werden geschult (picture-alliance / dpa / Christian Charisius)
    Neben vielen nicht-staatlichen Organisationen sind auch mehrere Ministerien zurzeit damit beschäftigt, den Menschen in Westafrika bei der Eindämmung der Ebola-Epidemie zu helfen. Dabei sei eine effiziente Koordination wichtig, findet Pastors. Er schlug vor, ein humanitäres Einsatzteam zu gründen, das sich auf solche Notfälle vorbereitet und dann schneller einschreiten könnte.
    Zwar sei schon Hilfe aus Deutschland in der Krisenregion eingetroffen, ein Großteil stehe aber noch aus. Vor allem NGOs seien derzeit vor Ort aktiv, die große Hilfe müsse aber von staatlicher Seite kommen, so Pastors. Grundsätzlich sei viel Engagement notwendig, um die Epidemie in den Griff zu bekommen und sie klein zu halten.
    Bernd Pastors von "action medeor"
    Bernd Pastors von "action medeor" (picture-alliance/ dpa/dpaweb/Tim Brakemeier)
    Inwieweit die Bundeswehr darauf vorbereitet sei, künftige Infizierte zur Behandlung nach Deutschland zu bringen, müsse sich zeigen. Dazu gebe es bisher keine Erfahrungswerte.

    Das Interview in voller Länge:
    Thielko Grieß: Es ist nicht nur staatlich betriebene Hilfe, wie gerade geschildert, die in Westafrika ankommen soll und zum Teil ja schon auch ankommt. Längst helfen auch Organisationen in der Gegend, Ebola-Patienten zu behandeln. Aus Deutschland zum Beispiel ist engagiert die Action Medeor, ein Hilfswerk, das Medikamente, medizinische Instrumente und auf Bitten der Regierung Liberias auch zwei Isolierstationen nach Monrovia, nach Liberia transportiert hat. Wir sind jetzt telefonisch verbunden mit Bernd Pastors, dem Vorstandssprecher von Action Medeor. Ihnen einen guten Morgen.
    Bernd Pastors: Schönen guten Morgen.
    Grieß: Hätten es in Liberia auch mehr Isolierstationen sein können?
    Pastors: Aber sicher. Der Bedarf ist extrem groß und wir sind froh, dass wir die ersten 44 Betten runtergebracht haben. Aber es müssten sicherlich noch einige hundert nach Liberia gebracht werden.
    Grieß: Einige hundert Isolierstationen?
    Pastors: Ja.
    "Die große Hilfe muss natürlich von den jeweiligen Regierungen kommen"
    Grieß: Wer kann die liefern?
    Pastors: Sicherlich nicht nur die Hilfsorganisationen, sondern auch die entsprechenden Organisationen, die mit Unterstützung der Regierung arbeiten. Der Bedarf ist jedenfalls sehr groß. Oft ist es ja so, dass die NGO's sehr früh anfangen und dort erste Strukturen aufbauen, aber die große Hilfe muss natürlich von den jeweiligen Regierungen kommen.
    Grieß: Wer arbeitet denn dann in all diesen Isolierstationen?
    Pastors: In dem Fall bei uns sind es lokale Partner. Aber es ist im Moment ja bekannt, dass viel zu wenig Ärzte im Moment vor Ort sind. Die WHO sucht händeringend nach weiteren Ärzten, die bereit sind, dort vor Ort zu arbeiten. Die kubanische Regierung hat ja ein Kommando mit rund 165 Ärzten schon hingeschickt und wird weitere 350 nachschicken. Es gibt da schon Unterstützung im weltweiten Netzwerk. Aus Deutschland kommt im Moment vor Ort noch nichts an.
    Grieß: Über das, was aus Deutschland kommt, sprechen wir gleich. Bleiben wir ganz kurz noch einmal bei der Hilfe, die ankommt aus verschiedenen Richtungen. Ist das koordiniert, oder liefert jeder so ein bisschen das, was er gerade hat?
    Pastors: Innerhalb Deutschlands gibt es ja das Aktionsbündnis "Aktion Deutschland Hilft". Dort koordinieren sich rund 13 Hilfsorganisationen untereinander auch ab, um abzustimmen, was vor Ort gebracht wird. Das ist sicherlich notwendig. Auch gibt es natürlich europäische Netzwerke von Hilfsorganisationen. Ärzte ohne Grenzen arbeitet ja auch europaweit. Dort wird sicherlich auch untereinander abgestimmt, wie man sinnvoll und effizient in Westafrika helfen kann.
    "Jetzt bedarf es sicherlich großer Anstrengungen"
    Grieß: Die Zahlen der Infizierten, an Ebola Erkrankten in Liberia und in anderen Ländern, sie steigen weiter. Halten Sie diese Krankheit für kontrollierbar?
    Pastors: Die WHO selber hat ja schon zugegeben, dass sie im Moment außer Kontrolle ist. Jetzt bedarf es sicherlich großer Anstrengungen, enormen Einsatzes von Personal und auch von Geld, um die Krankheit in den Griff zu kriegen, damit sie doch in den nächsten Monaten möglicherweise tatsächlich ganz klein gehalten werden kann.
    Grieß: Als die Seuche begonnen hat, um sich zu greifen, da haben wir hier im Programm natürlich auch viel darüber berichtet, dass viele Menschen in der Region sich natürlicherweise schwer damit tun, von ihren Verwandten, die verstorben sind, Abstand zu halten, diese Leichname schnell zu bestatten, um auch das Virus gleich mitzubestatten, um sich nicht anzustecken. Gibt es diese Schwierigkeiten immer noch so?
    Pastors: Ja. Es sind eine Menge Schulungen vor Ort, um das veränderte Verhalten einzuüben. Aber es ist natürlich in der Kultur tief verhaftet, den Sterbenden oder den Verstorbenen dann in der Familie gemeinsam auch zu begraben. Es gibt aber Gott sei Dank zurzeit Aufklärungskampagnen, um darauf aufmerksam zu machen, wie gefährlich es ist, diesen Ritus beizubehalten, und wo die Aufklärungskampagnen hinkommen, dort gibt es sicherlich ein Umdenken. Aber in der Fläche wird es sicherlich schwierig bleiben.
    Grieß: Sprechen wir über das, was aus Deutschland kommt. Sie haben vorhin in einem Nebensatz gesagt, aus Deutschland sei noch nichts angekommen. Warum ist das so?
    Pastors: Noch nichts - vielleicht muss ich präzisieren. Es ist natürlich einiges vor Ort. Es sind ja Mitarbeiter der einzelnen Tropeninstitute vor Ort. Aber es ist natürlich viel zu wenig. Wenn man sich anschaut: Kuba hat schon 165 Ärzte vor Ort. Es gibt den Aufruf der Bundesregierung, der unterschiedlichen Ministerien, sich freiwillig zu melden. Aber bis die dann auch jeweils geschult sind, gescreent sind, bis sie einsatzfähig sind, wird es sicherlich noch vier Wochen dauern. Das heißt, vor Mitte November werden die dort nicht zum Einsatz kommen.
    "Problem der Koordination"
    Grieß: Das ist so zu lesen. Sie werfen der Bundesregierung vor, das alles dauert zu lange?
    Pastors: Vielleicht ist das ein Problem der Koordination auch, denn in diesen ganzen Ebola-Kampf ist involviert das Bundesverteidigungsministerium, das Bundesgesundheitsministerium, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das Auswärtige Amt ist für humanitäre Hilfe zuständig, und dann das Vorauskommando, das THW, ist dem Bundesinnenministerium unterstellt. Ich glaube, hier gibt es einfach ein Problem der Koordination.
    Grieß: Und derweil muss sich die Bundesrepublik von Kuba links überholen lassen?
    Pastors: Ja. Jedenfalls haben die wesentlich mehr Ärzte im Moment aktuell vor Ort.
    Grieß: Brauchen Sie gut geschulte Freiwillige? Reichen auch die Zahlen aus, die hier im Gespräch sind? Das schwankt etwas, aber es geht da wohl um bis zu 3.000.
    Pastors: Das wird man sehen. Mal abwarten, wie viele von den Freiwilligen tatsächlich auch geeignet sind, vor Ort eingesetzt zu werden. Die Hürde muss ja noch übersprungen werden.
    Grieß: Was muss denn jetzt geschehen Ihrer Ansicht nach, damit aus Deutschland auch Hilfe ankommt, wo sie gebraucht wird?
    Pastors: Wichtig ist es sicherlich, die unterschiedlichen Initiativen zu koordinieren. Wir haben ja jetzt einen sogenannten Ebola-Beauftragten. Es wäre zu wünschen, dass dort die Hilfe entsprechend koordiniert wird und das Engagement aus den unterschiedlichen Bereichen gebündelt wird, damit schnell und effizient Hilfe vor Ort ankommen kann.
    Pastors: "Vielleicht wäre es besser, so etwas wie ein humanitäres Einsatzteam zu gründen"
    Grieß: Das ist ja nun nicht die erste medizinische Katastrophe, die es gibt in der Welt. Warum ist Deutschland so schlecht aufgestellt?
    Pastors: Vielleicht ein Problem der Koordination. Vielleicht wäre es besser, man würde so etwas wie ein humanitäres Einsatzteam gründen, wo alle unterschiedlichen Bereiche abgedeckt sind. So etwas haben wir nicht, so ein Hilfskorps im Grunde genommen. Wenn man so etwas auf den Weg bringen könnte, wäre man sicherlich schneller im Geschehen drin, könnte man schneller Informationen bekommen und möglicherweise schneller auch Hilfe ansetzen.
    Diskussion über Rolle der Bundeswehr
    Grieß: Seit gestern haben wir eine Diskussion darüber, welche Rolle dabei die Bundeswehr übernehmen kann, ob sie zum Beispiel in der Lage ist, Freiwillige jederzeit wieder zurückzufliegen. Da gibt es verschiedene Aussagen aus dem Ministerium, die nun gegeneinander stehen. Halten Sie die Bundeswehr in diesem Sektor für interventionsfähig?
    Pastors: Es gibt jetzt noch keine Erfahrungen, wie das in der Vergangenheit funktioniert hat, und man merkt ja schon einerseits den Willen, was Gutes zu tun, auf der anderen Seite mit den Rahmenbedingungen zurechtzukommen. Zudem ist die Bundeswehr an vielen Enden ja im Moment auch gefragt. Das wird sicherlich eine sehr große Herausforderung werden.
    Grieß: Wie erklären Sie das Ihren Partnern in Liberia, Deutschland ein reiches Land, leistet sich ein Militär mit mehr als 30 Milliarden Euro im Jahr, und dann das?
    Pastors: Sicherlich muss man hier darüber nachdenken, inwieweit man Prioritäten anders setzen muss und inwieweit man auch Liberia, einem sehr kleinen afrikanischen Land, trotzdem die Mindeststandards an Hilfe zukommen lassen kann.
    Grieß: ..., sagt Bernd Pastors, der Vorstandssprecher von Action Medeor, heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Herr Pastors, danke schön für das Gespräch.
    Pastors: Vielen Dank auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.