Sandra Schulz: Die deutsche Wirtschaft bewegt sich derzeit in einem extrem spannungsgeladenen Umfeld, das durch Handelskonflikte geprägt ist. So laufen auf der einen Seite Gespräche zwischen den USA und China, auf der anderen zwischen den USA und der EU. Und über allem schwebt ja auch noch der Brexit. Wie schlägt sich in diesen Zeiten die deutsche Wirtschaft? Dazu gab es vor einer halben Stunde neue Zahlen vom Statistischen Bundesamt. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, wie fielen die aus?
Günter Hetzke: Veröffentlicht wurden die vorläufigen neuen Monatszahlen für die deutsche Exportwirtschaft, die Zahlen für den November 2018. Kurz noch zur Einordnung: Die Branche ist ja ein wichtiger Wirtschaftszweig in Deutschland, wenn man bedenkt, dass fast jeder vierte Arbeitsplatz hierzulande vom Export abhängt. Die Novemberzahlen lösen jetzt keinen Jubel aus. Mit gut 116 Milliarden Euro liegen die Exporte auf dem gleichen Niveau wie im November 2017. Gegenüber dem Vormonat ist das ein leichter Rückgang um 0,4 Prozent. Ziehen wir die Importe ab, bleibt im November unter dem Strich ein Außenhandelsüberschuss von rund 20 Milliarden.
"Die Branche selbst ist tatsächlich nicht zufrieden"
Schulz: Und wenn wir diese Zahlen, diese bisherige Entwicklung einmal einordnen. Was heißt das für die Branche und die Sicherheit der Arbeitsplätze?
Hetzke: Da gehen die Ansichten etwas auseinander. Ganz neutral betrachtet, sieht es nach der Vorlage der November-Zahlen danach aus, dass die deutsche Exportwirtschaft 2018 das fünfte Rekordjahr in Folge verbuchen wird. Das ist ja eigentlich schon mal eine gute Nachricht aus wirtschaftlicher Sicht. Die Branche selbst ist aber tatsächlich nicht zufrieden. Denn die hatte mehr Wachstum erwartet. Sowohl der Bundesverband Groß- und Außenhandel als auch der Deutsche Industrie-und Handelskammertag beklagen, dass das Wachstum wohl nur halb so kräftig ausfallen wird, wie angenommen. Hier zeigt man sich also enttäuscht.
Schulz: Woran liegt es, dass die Exporte nicht so stark zulegen, wie erwartet. Ist der Handelskonflikt zwischen den USA und China ein Grund?
Hetzke: Also, von diesem Handelsstreit ist die deutsche Exportwirtschaft bisher eher weniger betroffen. Im Gegenteil: Deutschland ist ja durchaus in der Position des lachenden Dritten, wie es der Deka-Bank-Volkswirt Andreas Scheuerle ausdrückte. Denn während sich die US-amerikanischen und chinesischen Exporte verteuern durch die gegenseitigen Zölle, bleiben ja deutsche Güter stabil im Preis und werden dadurch sogar attraktiver als bisher. Und bisher läuft der Handel mit den USA, immerhin derzeit wichtigster Einzelmarkt für Waren "Made in Germany", durchaus rund.
Wachstum hat sich verlangsamt
Schulz: Woran liegt es dann, dass die Erwartungen nicht erfüllt wurden?
Hetzke: Eher an der globalen Abkühlung der Weltwirtschaft. Das sich hier das Wachstum verlangsamt, hat ja heute auch die Weltbank bestätigt und ihre Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft noch einmal gesenkt, vor allem einige Industrie- und Schwellenländer bereiten Sorgen. Und, das ist die eigentliche schlechte Nachricht: Gerade der Wirtschaftspolitik von US-Präsident Trump wird ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Der derzeitige Boom nach der Steuerreform werde nur ein Strohfeuer sein und das Wachstum bis 2020 deutlich zurückgehen. Das wäre dann keine gute Nachricht für die deutschen Exporteure, ebenso das vorhergesagte langsamere Wachstum in der Eurozone und in China. Denn zusätzlich stehen ja zwei große Sorgen noch unmittelbar bevor: Was wird aus dem britischen Markt nach dem Brexit? Und natürlich: Kann der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU abgewendet werden, insbesondere bei den für Deutschland wichtigen Autozöllen. Hierzu finden ja gerade Gespräche der EU-Handelskommissarin in Washington statt. Ergebnisse kennen wir bisher keine.