"Wir haben hier eine Lösung vor Augen, die vielleicht auf den ersten Blick nicht so - na ja, es ist nicht so schnittig, es ist nicht das, was man sich normalerweise von einem neuen Automobil in einem Automobilsalon in Genf vorstellt."
Barbara Hendricks bei der Pressekonferenz der Post auf deren Testgelände bei Aachen. Die Bundesumweltministerin brachte mit ihrem kritischen Ton über das Retro-Design ein wenig Ernst in die Feier des 1.000 Street-Scooters:
"Wir hatten hier das berühmte Henne-und-Ei-Problem: Man wusste, man braucht so was im Wirtschaftsverkehr."
Die Post hatte lange versucht, die auf Dieselantrieb beruhende Paketfahrzeugflotte zu erneuern. Weil sich VW, Daimler und Co. nicht dafür interessierten, übernahm die Deutsche Post kurzerhand ein junges Unternehmen in Aachen, das sich der Elektromobilität von Nutzfahrzeugen verschrieben hat: die StreetScooter GmbH.
Das Ministerium unterstützte diese Entwicklung von Anfang an, und, wie die Ministerin bekannt gab, unterstützt sie auch die zweite Phase des Rollout: Die Testfahrten im Winter und im bergigen städtischen Gelände sind abgeschlossen, das Auto sieht nicht schick aus, wie ein Kastenwagen eben, es ist karg ausgestattet, aber es tut seinen Job. Die Post will einen großen Teil der Diesel-Flotte durch die neuen Elektromobile ersetzen.
Testfahrt mit dem Elektroauto
Autor: "Rechts neben dem Fahrersitz ist ein Metallgestell."
Achim Kampker: "Die Briefbehälter stehen, wo sonst der Beifahrer sitzt, und da ist die Frage, wie mache ich den Anstellwinkel, dass ich halt vernünftig reingreifen kann."
Autor: "Hinter mir ist eine Vier-Kubikmeter-Box, darin werden dann die Pakete verstaut und seitlich ausgeladen. Der Wagen fährt also elektrisch, und ich fahre jetzt einfach mal los."
Achim Kampker: "In dem Kleinen ist eine 30-Kilowatt-Maschine drin, in dem Größeren eine 60-Kilowatt-Maschine."
Achim Kampker, Geschäftsführer und Gründer der StreetScooter GmbH, seit der Übernahme auch Geschäftsbereichsleiter der Deutschen Post. Kampker hat an der RWTH Maschinenbau studiert. Die Elektromobilität ist beim Post-Fahrzeug für ihn sekundär, fast trivial. Die Ergonomie des Fahrzeugs hatte Priorität.
Achim Kampker: "Wir müssen sehen, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit bei solchen Fahrzeugen zwischen 15 und 20 Kilometer pro Stunde liegt."
Autor: "Ich fahre 15 Kilometer pro Stunde auf einem Testgelände."
Achim Kampker: "Das ist also nicht die Diskussion, die ich beim privaten Elektrofahrzeug habe: 'Ja, normalerweise fahre ich damit 40 Kilometer zur Arbeit. Aber ich will dreimal im Jahr damit in Urlaub fahren, und deswegen geht es nicht.' Diese Diskussion habe ich im kommerziellen Bereich natürlich nicht. Das heißt, ich weiß sehr genau, wann und wo das Fahrzeug ist, dass es abends in einen sogenannten Betriebshof zurückkommt. Das sind - in Anführungsstrichen - Vereinfachungen, um die Elektromobilität einzuführen."
Autor: "Eine Kamera zeigt mir, was hinter mir passiert."
Achim Kampker: "Das Fahrzeug ist auch so ausgelegt, dass es nicht nur Kilometerleistung bringen kann, also maximal 80 Kilometer, sondern auch zehn Stunden Betriebszeit. Dazu gehören die Nebenaggregate wie eine Heizung, dass ich die Scheiben frei fege. Dabei geht es weniger um das Wohlbefinden der Person, sondern darum dass ich, wenn ich viel Schnee und Feuchtigkeit in die Autos hineintrage, trotzdem die Scheiben freikriege und vernünftig arbeiten kann."
Autor: "Der Wagen hat einen sehr kleinen Wendekreis. In der Kurve liegt er nicht optimal, aber die Fahrzeuge fahren sowieso nur sehr langsam."
Achim Kampker: "Wir sehen das als Betriebsmittel, das in den logistischen Prozess optimal reinpassen muss. Das heißt, dass die Zusteller und Zustellerinnen zum Beispiel über 200 Mal am Tag darin ein- und aussteigen, in ein Fahrzeug. Das heißt, ich muss die Ergonomie sehr gut betrachten, also dass das Ein- und Aussteigen sehr leicht ist und zum Beispiel nicht auf die Knie oder den Rücken geht. Oder das Be- und Entladen - das ist ein Kernunterschied zu anderen E-Fahrzeugen."
Aus Energiegründen ohne Klimaanlagen
Die erste Konzeption des Street-Scooters entstand als Computersimulation. Dann baute man in Aachen die ersten Prototypen. Heute werden alle drei Monate in Absprache mit Briefträgern und Paketausfahrern Feinheiten optimiert: Ein schmalerer Einstiegsholm, mehr Kopffreiheit an der Tür und die Sitzheizung gingen auf die Wünsche der Fahrer zurück. An einer Klimaanlage wurde aus Energiegründen gespart.
In der dritten Modellgeneration kümmert sich Achim Kampkers Team um den Fußgängerschutz. Dafür wurden die Kanten der Fahrzeugfront weicher modelliert. Zahlen sind nicht genannt worden, aber die Ministerin meinte: Wenn wir schon mit öffentlichen Geldern finanzieren, dann muss die Post ihr Wissen als Automobilbauer früher oder später auch transferieren, zum Beispiel an Handwerksbetriebe mit ihren vielen kurzen Strecken innerhalb der Städte.