Fußball in den USA
Warum immer mehr Deutsche Profis in die MLS wechseln

Arne Friedrich, Bastian Schweinsteiger oder Marco Reus: Für viele Fußballer ist die amerikanische MLS noch einmal ein Abenteuer zum Ausklang der Karriere. Doch mittlerweile wechseln auch immer mehr jüngere Profis aus Deutschland in die USA. Warum?

Von Heiko Oldörp |
Fußballprofi Marcel Hartel im Trikot des St. Louis City SC
Marcel Hartel schoss den FC St. Pauli mit 17 Toren zum Bundesliga-Aufstieg - und wechselte dann zum St. Louis City SC in die amerikanische MLS. (IMAGO / Imagn Images / IMAGO / Matt Krohn)
Als Leon Flach im März 2021 von Zweitligist FC St. Pauli zur Philadelphia Union in die Major League Soccer wechselte, galt das durchaus als Überraschung. "Es gab natürlich bestimmt Leute, die gefragt haben, ‘warum jetzt MLS?’"
Der Mittelfeldspieler hatte es bei St. Pauli auf neun Einsätze als Einwechsler gebracht, ein Tor geschossen - und er war damals gerade 20 Jahre alt geworden. Eigentlich kein Alter, um in die MLS zu gehen. "Aber ich sage, vom Niveau her ist es auf jeden Fall besser als dritte Liga, zweite Liga schon gleich. Also, ich würd’ sagen, sportlich ist es auf jeden Fall ein Schritt nach vorne. Aber auch so das ganze Drumherum, die Stadien sind auf richtig gutem Niveau, generell die Infrastruktur ist eigentlich super."
Dreieinhalb Jahre später spielt Flach immer noch in Philadelphia. Er hat mittlerweile mehr als 120 MLS-Partien absolviert, ist Leistungsträger und einer von rund einem Dutzend deutschen Profis in der Liga.

Marco Reus lässt Karriere in der MLS ausklingen

Der Bekannteste von ihnen: Marco Reus. Nachdem sein Vertrag bei Borussia Dortmund im Juni endete, unterschrieb er Mitte August bei Los Angeles Galaxy. Reus ist 35 Jahre alt - und somit ein Beispiel für einen Profi mit klangvollem Namen, der seine Karriere in der MLS beenden will.
Ganz anders, als die drei Deutschen, die auch im Sommer den Schritt in die MLS wagten: Marcel Hartel, Cedric Teuchert und Jannes Horn - allesamt aus der 2. Bundesliga und noch keine 30. Hartel war mit 17 Toren für FC St. Pauli sogar einer der Garanten für den Aufstieg in die Bundesliga. Dennoch entschied er sich für St. Louis. "Es ist ein neues Abenteuer, was auf mich und meine Familie zugekommen ist. Ich kann bisher nur Positives sagen über die Stadt und übers Land. Wir fühlen uns wohl." 7200 Kilometer sind es von Hamburg bis nach St. Louis. In seiner neuen sportlichen Heimat hat Hartel einen Vier-Jahres-Vertrag unterschrieben.

Lutz Pfannenstiel holte Hartel in die MLS

Dass Hartel mit seinen 28 Jahren nun MLS spielt und nicht Bundesliga, liegt an Lutz Pfannenstiel, dem Sportdirektor des St. Louis City SC. "Ich musste ihn gar nicht groß überzeugen oder überreden, sondern, dass war ein sehr gutes Gespräch. Er kam rüber, hat sich St. Louis angeschaut, hat ein paar Tage mit mir verbracht, auch mit meiner Frau. Wir haben uns unterhalten, wie ist das Leben hier. Er hat ein kleines Kind, das ist auch sehr wichtig - und in St. Louis kann man, sage ich mal, eine Familie gut großziehen. Also vom dem her können wir da schon was Attraktives anbieten."

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"Natürlich war der finanzielle Punkt auch ein großer Faktor, der da mit reingespielt hat", gibt Hartel zu, der rund 1,5 Millionen Dollar pro Jahr bekommen soll. "Aber es war nicht de Hauptgrund. Es war immer mein Ziel, oder ein Traum von mir, Deutschland zu verlassen und zu schauen, wie es in anderen Ligen ist. Die Möglichkeit hat sich einfach ergeben, in die USA zu wechseln, was auch ein sehr, sehr interessantes Land ist."

Sportdirektor Tanner: MLS als Zwischenschritt zu Top-Liga in Europa

Auch für Ernst Tanner, der seit sechs Jahren in den USA lebt. Der ehemalige Geschäftsführer der TSG Hoffenheim ist Sportdirektor bei Philadelphia Union - und hat in dieser Zeit unter anderem Leon Flach geholt. Mittlerweile, betont Tanner, sei es nicht mehr ganz so schwer, auch junge deutsche Spieler in die Liga zu locken: "Weil wir ein paar ganz gute Positiv-Beispiele haben und die Spieler natürlich auch mittlerweile mitgekriegt haben, dass hier ganz guter Fußball gespielt wird - und es ein interessanter Zwischenschritt zwischen einer zweiten oder niedrigeren Liga in Europa und einer Top-Liga in Europa ist."
Das bestätigt Cedric Teuchert, der in Deutschland für Schalke und Union Berlin in der Bundesliga stürmte und zuletzt bei Hannover 96 unter Vertrag war: "Ja, ich glaub’, dass das alles noch ein bisschen größer ist. Wenn man sieht, in was für Stadien man spielt, die Flugstrecken, das Entertainment auch im Stadion. Ich glaub’ so vom Fußballerischen her kann man schon es mit der oberen Zweitliga-Hälfte vergleichen. Es ist sehr, sehr athletisch, viele ‘Maschinen’, sage ich mal, dabei."

Messi verleiht MLS zusätzlichen Reiz

Seit Juli 2023 spielt mit Lionel Messi auch ein absoluter Superstar in der MLS. Er hat bei Inter Miami Luis Suarez, Jordi Alba und Sergio Busquets um sich versammelt, seine einstigen Weggefährten aus gemeinsamen Tagen beim FC Barcelona. Der Argentinier verleihe der Liga einen zusätzlichen Reiz, sagt Lutz Pfannenstiel: "Der Messi-Faktor spielt natürlich auch mit. Man spielt gegen Messi, man spielt gegen Messi’s Freunde, inzwischen auch. Suarez kann ja auch ganz gut kicken. Das zeigt halt einfach, dass der Stellenwert der Liga steigt."
Einer, der die Messi-Mania hautnah miterlebt, ist Julian Gressel, der seit 2017 in der MLS spielt, seit dieser Saison in Miami unter Vertrag ist und jetzt zum dritten Mal Meister werden könnte. "Es ist Wahnsinn, wie viele Emotionen er weckt in Leuten. Was er natürlich alles über seinen Fußball macht - und, wie viele Leute er begeistert. Er winkt dann nur ein bisschen und dann schreit das ganze Stadion. Und das ist schon Wahnsinn. Und das ich da son Platz in der ersten Reihe hab’, ist speziell."
In Deutschland hatte Gressel es nie in eine der drei Profiligen geschafft, spielte 32 Mal für Eintracht Bamberg in der Regionalliga Bayern. In Miami ist der Mittelfeldspieler nun der Mann hinter Messi.