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Deutsche Schrebergärten für Griechenland

Im März 2010 vereinbarten Bundeskanzlerin Merkel und der damalige griechische Ministerpräsident Papandreou eine Deutsch-Griechische Partnerschaft, um Erfahrungen über Verwaltung, Gesetze und Politikziele austauschen. Das Unternehmen verlief im Sande. Dann versuchte man es auf kommunaler Ebene.

Von Panagiotis Kouparanis | 14.06.2012
    In Deutschland ist er nicht allzu bekannt, dafür in Griechenland inzwischen um so mehr: Hans-Joachim Fuchtel ist Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium und seit sechs Monaten Beauftragter der Bundeskanzlerin für die Deutsch-Griechische Versammlung - einer Vereinigung von Kommunen und Regionen beider Länder. Wo immer Fuchtel in Griechenland öffentlich auftritt, ist die Presse schon da. Jedes Mal wird er nach Kreditpaketen und der Zukunft Griechenlands in der Eurozone befragt. Jedes Mal versucht, er zu beschwichtigen. Fuchtel will das Augenmerk auf seine eigentliche Mission lenken:

    "Den griechischen Bürgerinnen und Bürger möchte ich klar sagen: Wir als Deutsche sind Griechenland sehr freundschaftlich verbunden. Sonst wäre ich in dieser Zeit nicht hier. Wir möchten als gute Freunde auf den Ebenen, auf denen wir das national auch tun können, unseren Beitrag leisten. Beispielsweise durch Know-How-Partnerschaften, damit hier mehr Arbeitsplätze entstehen, mehr wirtschaftliches Wachstum aufkommt."

    Erstes Ziel dieser Partnerschaft ist es, kommunales Wissen von Deutschland nach Griechenland zu bringen. Zum Beispiel in Fragen der kommunalen Infrastruktur, der lokalen Wirtschaftsentwicklung, der Umwelt- und Energiepolitik, des Tourismus oder auch der Abfallbeseitigung. Fragen der Entsorgung sind für den Bürgermeister von Thessaloniki, Jannis Butaris, besonders interessant. In Griechenland ist er der erste Ansprechpartner von Hans-Joachim Fuchtel. Ständig zahlt Griechenland Strafen, weil es sich nicht an EU-Bestimmungen zur Abfallbeseitigung hält. Jetzt verpflichtet ein neues nationales Gesetz die Kommunen dazu, diese Strafzahlungen zu zahlen. Das Budget der Stadt Thessaloniki gibt das aber nicht her, so Jannis Butaris.

    "Natürlich könnten wir für viel Geld eine ausländische Consultingfirma beauftragen, die uns berät, wie wir das Problem lösen können, das wir nachgewiesenermaßen nicht handhaben können. Es wäre aber um vieles günstiger, wenn wir mit einer Partnerstadt oder einer anderen deutschen Stadt zusammenarbeiten, die uns ihr Know-How vermittelt. Wir könnten darüber hinaus das Strafgeld einsparen und auch Nutzen aus der Müllverwertung gewinnen, denn den gibt es tatsächlich."

    Butaris hat keine Berührungsängste. Andere Bürgermeister zögern. Das hängt auch mit Erklärungen deutscher Politiker über vermeintliche Charaktereigenschaften der Griechen zusammen und mit Belehrungen, wie sie sich zu verhalten haben.

    Solche Spannungen machen Hans-Joachim Fuchtel seine Aufgabe nicht leichter. Seit 25 Jahren ist er Abgeordneter des Bundestags, mehr als 30 Jahre lang war er Kommunalpolitiker. Er versucht, direkt auf die Griechen zuzugehen. Vor allem sein Angebot, zügig deutsche Ansprechpartner zu vermitteln, findet Anklang.

    Dabei müssen es nicht immer die ganz großen Themen sein. Der Bürgermeister von Langadas im Norden Griechenlands, Jannis Anastassiadis, interessiert sich für deutsche Schrebergärten.

    "Das fehlt in Griechenland. Besonders jetzt, wo die Wirtschaftskrise die Familien und Haushalte schwer belastet. Die kommunale Institution der Schrebergärten würde einen Ausweg aufzeigen: Kleingärtner könnten durch den Anbau von Gemüse und anderen Produkten ihr Einkommen aufbessern – auf Flächen, die ihnen unsere Kommune zuweisen würde."

    Jannis Anastassiadis kann hier auf die Hilfe des Berliner Bezirks Steglitz-Zehlendorf zählen, mit dem Langadas vor Jahren ohnehin schon eine Partnerschaft eingegangen ist. Weitere Partnerschaften zwischen Städten und Gemeinden sollen nun aufgebaut werden. Vor allem ostdeutsche Kommunen könnten helfen, Anträge für Strukturfonds-Mittel der EU zu stellen; deutsche Naturparks könnten ihr Wissen Aufbau eines naturnahen Tourismus vermitteln und Tourismusexperten schwäbischer Kurorte mit ihrem Wissen zur Einrichtung von Heilbädern beitragen.

    Was jetzt nur noch fehlt, sind Ergebnisse. Das allerdings wird seine Zeit brauchen.