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Deutsche spenden mehr Geld als im Vorjahr

Die Spendenbereitschaft der Deutschen hat 2010 wieder zugenommen: Insgesamt spendeten Privatleute hierzulande 2,3 Milliarden Euro. Vor allem die Naturkatastrophen in Haiti und Pakistan haben das Spendenaufkommen in Deutschland gesteigert.

Philip Banse im Gespräch mit Susanne Kuhlmann |
    Susanne Kuhlmann: Nach der Dreifach-Katastrophe in Japan mangelt es in den Notunterkünften immer noch an vielem. Es hat eine Weile gedauert, aber mittlerweile rufen Hilfsorganisationen zu Spenden für Japan auf. Meistens sind es bitter arme Länder, in denen sich Unglücke apokalyptischen Ausmaßes ereignen, so wie Haiti, wo Anfang vorigen Jahres die Erde bebte, und Pakistan, wo im Juli und August weite Teile des Landes unter Wasser standen. Es sind vor allem beklemmende Fernsehbilder und direkte Anschreiben der Hilfsorganisationen, die die Geldbeutel der Menschen öffnen. Neben dem Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen, das ein Spendensiegel vergibt, ist der Deutsche Spendenrat die zweite seriöse Informationsquelle. Im Deutschen Spendenrat sind rund 60 Organisationen zusammengeschlossen und sie wollen ihr Tun so transparent wie möglich gestalten. Heute zieht der Deutsche Spendenrat in Berlin seine Bilanz des Helfens für das Jahr 2010. - Philip Banse, vermutlich nicht, ohne auch auf die Situation der Erdbeben- und Tsunami-Opfer in Japan einzugehen?

    Philip Banse: Nein. Das Thema wurde natürlich erwähnt. Allerdings liegen dem Deutschen Spendenrat da jetzt noch keine wissenschaftlich unterfütterten Zahlen vor, wie sie etwa für das Jahr 2010 heute vorgestellt wurden. Daniela Felser, die Chefin des Deutschen Spendenrats, einer gemeinnützigen Dachorganisation vieler Hilfsorganisationen, hat schlicht gestern einmal einige ihrer Mitgliedsorganisationen angerufen:

    Daniela Felser: Die Organisationen haben uns gesagt, dass am Anfang das Spendenverhalten sehr zurückhaltend war und sich in letzter Zeit verstärkt. Bei den privaten Spenden hat insbesondere World Vision einen sehr starken Zuwachs von 1,5 Millionen zu verzeichnen, während die Unternehmensspenden sich sehr entwickeln, und zwar deswegen: die Organisationen haben gesagt, dass Unternehmen, die vor Ort Dependancen haben in Japan, nunmehr verstärkt spenden.

    Banse: Für das Jahr 2010 hat der Spendenrat wie üblich 120.000 Interviews mit Deutschen über zehn Jahren führen lassen, und das Ergebnis: 2010 war ein recht erfolgreiches Spendenjahr. Nach einem Knick in 2009 hat die Spendenbereitschaft der Deutschen im vergangenen Jahr wieder deutlich zugenommen. Insgesamt spendeten Privatleute hierzulande 2,3 Milliarden Euro, sagt Roland Adler, der für die Gesellschaft für Konsumforschung das Spendenaufkommen ermittelt hat. 2010 haben die Deutschen also 185 Millionen Euro mehr gespendet als 2009, ein Plus von immerhin 8,8 Prozent:

    Roland Adler: Also aufgerundet neun Prozent Zuwachs im Spendenvolumen von 2009 auf 2010, das ist sehr gut, das ist sehr viel. Man sieht daran, dass die Deutschen sich haben gut motivieren lassen, deutlich mehr zu geben als im Vorjahr.

    Banse: Die erhöhte Spendenbereitschaft hat mehrere Ursachen. Ganz vorne zu nennen sind natürlich die beiden Naturkatastrophen, im Januar 2010 das Erdbeben in Haiti, dann die Überschwemmungskatastrophe in Pakistan. Diese Ereignisse haben sehr viele Menschen dazu bewogen, erstmals zu spenden, sagt Spendenforscher Adler von der GFK:

    Roland Adler: Die Anzahl der Spender hat deutlich, in einem Wachstum von 5,4 Prozent, dazu beigetragen, dass das Spendenvolumen in diesem Jahr nach oben gegangen ist. Wir haben also einen guten Zuwachs an Spendern. Im Vorjahr war hier ein Minus von 1,4 Prozent zu messen; jetzt haben wir ein Plus von 5,4 Prozent. Man sieht also, dass die Naturkatastrophen Haiti und Pakistan deutlich mehr Menschen zum Spenden bewegt haben, als es im Vorjahr der Fall war.

    Banse: Insgesamt spendete gut jeder fünfte Deutsche mindestens einmal, auch das ein leichtes Plus. Aber auch die Spenden selbst fielen 2010 etwas höher aus. Im Schnitt lag jede Spende bei 28 Euro, knapp einen Euro mehr als im Jahr zuvor. Es gibt jedoch auch einen Wermutstropfen für alle Spendensammler, nämlich der Dezember. Er ist der wichtigste Monat für alle Organisationen, die auf Spenden angewiesen sind, und es zeichnet sich leider eine klare Tendenz ab: im Dezember wird immer weniger gespendet. 2010 sank das Spendenaufkommen im Weihnachtsmonat zum zweiten Mal in Folge um 50 Millionen Euro, ein Minus von elf Prozent. Eine Ursache dafür konnte der Spendenforscher Adler nicht wirklich nennen. Die Folgen allerdings sind klar:

    Roland Adler: Wenn das Weihnachtsgeschäft kontinuierlich weniger werden sollte, oder die Einnahmen zur Weihnachtszeit, dann haben natürlich die Spendenorganisationen, die fast ausschließlich ihren Schwerpunkt im vierten Quartal eines Jahres haben, in Zukunft unter Umständen Probleme, ihre laufenden Projekte zu finanzieren.

    Banse: Und mit diesem Ausblick zurück zu Ihnen nach Köln.

    Kuhlmann: So weit der Bericht von Philip Banse zur Bilanz des Deutschen Spendenrats.