Ich hatte Vorstellungsgespräche bei drei deutschen Industrieunternehmen. Ich wollte eigentlich nachfragen, ob es möglich sein könnte, dass ich in die USA gehen könnte. Zu Filialen dieser Firmen. Um dann möglicherweise nach ein, zwei Jahren zurück zu kommen. Das war nicht möglich, bei keiner der Firmen. Die hatten gesagt, das wäre sehr unüblich.
Andreas Meisel ging auf eigene Faust in die USA. Mit seinen hervorragenden Noten landete er schnell in einer Forschungsgruppe an der Eliteuniversität Berkeley/Kalifornien. Jetzt arbeitet er in einer viel versprechenden High-Tech-Firma im Silicon Valley. Zurück nach Deutschland will er nicht mehr. Kein Einzelfall. Immer wieder lassen deutsche Unternehmen angehende Topleute in die USA ziehen. Hans Niebergall, Chef der europäisch-amerikanischen Handelskammer in San Francisco, kann das bestätigen. Erst kürzlich unterhielt er sich auf einer Veranstaltungen mit deutschen Nachwuchswissenschaftlern:
Einer sagte: Als ich meine Promotion hatte und mich bei 30, 40, 50 deutschen Unternehmen beworben hatte, hatte ich mich gleichzeitig auch bei einem amerikanischen Unternehmen beworben. Und nachdem ich bereits in Amerika acht Wochen arbeitete, bekam ich von deutschen Unternehmen ein Schreiben mit der Bitte, ich sollte mich doch mal melden.
Mit renommierten Forschern zusammenarbeiten, neue Arbeitsweisen kennen lernen - die Gründe, warum deutsche Jungforscher in die USA gehen, sind vielfältig. Und für die Karriere ist es nur von Vorteil, wenn man mal in den USA bzw. an einer amerikanischen Eliteuniversität gearbeitet hat. Mittlerweile arbeiten schätzungsweise 7.000 hochtalentierte deutsche Nachwuchswissenschaftler in den USA. Darunter die besten Köpfe, die die deutschen Unis hervorbringen, so Wolfgang Benz, Personalchef des Berliner Pharmakonzerns Schering.
Man muss sich noch einmal den Weg vorstellen: Sie machen ihre Promotion in Deutschland, sie gehen dann in die USA, bekommen Stipendien vom DAAD, von der DFG, von der Alexander von Humboldt-Stiftung. Aber nach zwei, drei Jahren, wenn sie dann hier intensiv tätig geworden sind und wissenschaftlich auch ihre Meriten verdient haben, haben wir in Deutschland den Kontakt zu ihnen nicht mehr da.
Um das zu ändern, hat Wolfgang Benz zusammen mit Hans Niebergall von der europäisch-amerikanischen Handelskammer und deutschen Hochschulprofessoren vor einem Jahr die "German Scholar Organization" gegründet. Präsident des Vereins ist der Physikprofessor Eicke Weber, der seit 20 Jahren an der Universität in Berkeley arbeitet, sich aber immer noch Deutschland verpflichtet fühlt.
Unser Ziel ist es nicht, den Scholars zu sagen ‚ihr müsst nach Deutschland zurückgehen'. Sondern unser Ziel ist es ihnen zu sagen: ‚In Deutschland warten sehr viele attraktive Stellen auf euch. Es gibt viele Arbeitgeber, die sehr glücklich sind euch aufzunehmen'. Wir wollen das nicht nur sagen, sondern wir wollen ganz konkret diesen Kontakt herstellen. Das ist das Entscheidende.
Die German Scholar Organization organisiert Veranstaltungen, lädt junge Wissenschaftler ein, und vermittelt ihnen Kontakte zu deutschen Unternehmensvertretern. Außerdem hat der Verein auf seiner Internet-Homepage eine Jobbörse eingerichtet. Deutsche Firmen können hier nach Spitzenkräften suchen. Und ihre Stellen anbieten. Das können auch die deutschen Forschungsinstitute und Universitäten. Die haben bei der German Scholar Organization auch einen speziellen Ansprechpartner: Peter Langer, er ist ehemaliger Gründungskanzler der Technischen Universität Cottbus. Er stellt immer wieder fest, dass die Nachwuchswissenschaftler gar nicht wissen, welche Chancen sie in Deutschland haben.
Hier werden viele Professorenstellen frei werden in den nächsten zehn Jahren. Und das ist vielen dieser jungen Leute nicht bekannt, dass in den Spitzenpositionen Deutschland auch sehr viel zu bieten hat. Sowohl was das Geld im eigenen Portemonnaie angeht als auch die Ausstattung.
Das sei in den deutschen Unternehmen genauso, meint Wolfgang Benz, Personalchef des Pharmakonzerns Schering. Alleine Schering stelle jedes Jahr 40 bis 50 Forscher ein.
Deutschland hat sehr interessante Arbeitsplätze zu bieten. Und wir stehen in der Attraktivität der Arbeitsplätze, sowohl was die Einkommenssituation als auch die Ausstattung betrifft, nach dem was ich hier sehe nicht nach.