Ein grauer Nachmittag im Februar: ein Mann in dunkler Jacke betritt das Kölner Deutschlandfunk-Gebäude. Er wirkt angespannt, denn für ihn ist sein Besuch riskant. Der Mann will öffentlich Kritik an seinem Arbeitgeber üben, der Deutschen Telekom AG. Mitarbeiter, sagt er, würden dort stark unter Druck gesetzt: "Die Menschen können nicht mehr schlafen. Sie machen sich Sorgen um ihre Familie, um ihre eigene Zukunft. Viele werden krank und können es einfach nicht mehr ertragen."
Die Identität des Mannes ist dem Deutschlandfunk bekannt. In diesem Bericht nennen wir ihn Peter K.; zu seinem Schutz haben wir seine Interview-Aussagen von einem Sprecher vertonen lassen.
Offener Brief von Kritikern
Ein Konzern, der gezielt ältere Mitarbeiter vergrault?
Erst kürzlich wandten sich rund 300 Telekom-Beamte und Beamtinnen mit ähnlichen Klagen in einem offenen Brief an das Bundesjustizministerium. Im Vergleich zu rund 100.000 deutschen Telekom-Mitarbeitern insgesamt, sind 300 Kritiker zwar nicht allzu viel. Aber deren Vorwürfe sind drastisch.
Auch sie berichten von willkürlichen Versetzungen und Ausgrenzung. In der "Wirtschaftswoche" heißt es aus dem Brief der Mitarbeiter, Zitat: "Dabei handelt es sich um eine Art Beamten-Folterlager, in dem Beamte, die das Unternehmen loswerden möchte, derart gequält, gedemütigt, bedroht, schikaniert werden, bis sie freiwillig und ohne faire Abfindung und oftmals als psychisch und physisch gebrochene Menschen das Unternehmen verlassen."
Auch in Internetforen wie beamtentalk.de stößt man auf Vorwürfe dieser Art. Der Deutschlandfunk ist bei seinen Recherchen weder auf ein "Folterlager", noch auf "eine Art Beamten-Folterlager" gestoßen. Die Deutsche Telekom weist die Vorwürfe entschieden zurück. Die auf unterschiedlichen Wegen formulierten Vorwürfe entsprächen in keiner Weise dem Umgang, den man mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern pflege, erklärte das Unternehmen gegenüber dem Deutschlandfunk schriftlich und fügte hinzu, einige der Formulierungen im zitierten Brief diskreditierten die Arbeit vieler Beschäftigter.
Eine lange Vorgeschichte
Und doch decken sich viele der Anschuldigungen, die ältere Mitarbeiter sowie Gewerkschaftsvertreter teils offen, teils anonym formulieren. Sicher ist, das Unternehmen steht unter Erfolgsdruck, die Wachstumspläne sind ambitioniert.
Vor diesem Hintergrund sagt die Bundesvorsitzende der Kommunikationsgewerkschaft DPVKOM, Christina Dahlhaus, dass die Beschwerden von Mitarbeitern insgesamt zunehmen. "Die Deutsche Telekom steht einfach unter einem enormen Kostendruck und wie ist es immer am einfachsten? Am Personal natürlich zu sparen. Deswegen würde ich sagen, es hat sich in den letzten Jahren zugespitzt. Also auch anhand der Rückmeldungen, die wir haben."
Um den aktuellen Konflikt zu verstehen, gilt es, die Hintergründe zu kennen. Gerade der Streit zwischen der Telekom und ihren Beamten hat eine lange Vorgeschichte, beginnend mit der Gründung der Deutschen Telekom AG im Jahr 1995.
Damals wechselten gut 100.000 Beamtinnen und Beamte von der Deutschen Bundespost in den neuen Privatkonzern, allein schon, um den Betrieb dort aufrechtzuerhalten. Der Bundestag beschloss den Transfer der Beamtinnen und Beamten im Rahmen der sogenannten Postreform II.
"Mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen die Abgeordneten, dass die drei Postunternehmen zum 1. Januar 1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt werden", so berichtete damals die Tagesschau.
Vor diesem Hintergrund sagt die Bundesvorsitzende der Kommunikationsgewerkschaft DPVKOM, Christina Dahlhaus, dass die Beschwerden von Mitarbeitern insgesamt zunehmen. "Die Deutsche Telekom steht einfach unter einem enormen Kostendruck und wie ist es immer am einfachsten? Am Personal natürlich zu sparen. Deswegen würde ich sagen, es hat sich in den letzten Jahren zugespitzt. Also auch anhand der Rückmeldungen, die wir haben."
Um den aktuellen Konflikt zu verstehen, gilt es, die Hintergründe zu kennen. Gerade der Streit zwischen der Telekom und ihren Beamten hat eine lange Vorgeschichte, beginnend mit der Gründung der Deutschen Telekom AG im Jahr 1995.
Damals wechselten gut 100.000 Beamtinnen und Beamte von der Deutschen Bundespost in den neuen Privatkonzern, allein schon, um den Betrieb dort aufrechtzuerhalten. Der Bundestag beschloss den Transfer der Beamtinnen und Beamten im Rahmen der sogenannten Postreform II.
"Mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen die Abgeordneten, dass die drei Postunternehmen zum 1. Januar 1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt werden", so berichtete damals die Tagesschau.
Behördenwelt und Börsenwelt
Die Strukturen bei der Deutschen Telekom veränderten sich danach rasant. Ende der 90er-Jahre wurde der Telekommunikations-Markt für neue Anbieter geöffnet. Die Telekom musste plötzlich im freien Wettbewerb bestehen. Um günstiger und damit wettbewerbsfähig zu werden, wurden zahlreiche Bereiche ausgelagert, schildert Gewerkschafterin Dahlhaus: "Wir haben in über 25 Jahren circa 27 große Umorganisationen gehabt. Da verbarg sich dann hinter dem schönen Wort ‚Standortkonzepte‘ in der Regel immer nichts anderes als Standortkahlschläge."
Technologische Fortschritte im Mobilfunk und die Digitalisierung führten außerdem dazu, dass sich Anforderungen an Mitarbeiter stark veränderten. Ein Kraftakt für den Konzern.
Dass die Telekom heute in Europa dennoch mit Vodafone und O2 in erster Reihe steht, gilt vielen als Paradebeispiel gelungener Privatisierung. Jung, hip, energetisch – so präsentiert sich der einst träge Monopolist in einem seiner jüngsten Werbespots.
Technologische Fortschritte im Mobilfunk und die Digitalisierung führten außerdem dazu, dass sich Anforderungen an Mitarbeiter stark veränderten. Ein Kraftakt für den Konzern.
Dass die Telekom heute in Europa dennoch mit Vodafone und O2 in erster Reihe steht, gilt vielen als Paradebeispiel gelungener Privatisierung. Jung, hip, energetisch – so präsentiert sich der einst träge Monopolist in einem seiner jüngsten Werbespots.
Allerdings: Im Schatten dieser Erfolgsgeschichte bestehen seit langem Konflikte. Alte Behördenwelt und neue Börsenwelt prallen im Konzern mit Wucht aufeinander. Seit Jahren schon fühlten sich Beamte im Unternehmen an den Rand gedrängt, berichten Berufsverbände und Gewerkschaften.
Im offenen Brief der Beamten ans Justizministerium heißt es dazu:
"Klar, dass in Billiglohnländern die Personalkosten für die Telekom geringer sind als wenn die Aufgaben hier in Deutschland durch langjährige Mitarbeiter durchgeführt werden. Zu dumm nur, dass diese Mitarbeiter unkündbare Bundesbeamte sind. "
Verschiebebahnhof oder Abstellgleis
Unkündbare Mitarbeiter in einem Konzern im ständigen Wandel – für manche Manager passe das nicht zusammen, so der Vorwurf. Um ihre Beamten dennoch loszuwerden, gehe die Telekom daher, so Berichte aus unterschiedlichen Quellen, einen anderen Weg.
Sie behandle Mitarbeiter zum Teil so achtlos, dass diese irgendwann zutiefst frustriert seien, sagt Christina Dahlhaus von der Gewerkschaft DPVKOM: "Auch wir haben immer wieder Beschwerden von Beamten, die schon auch sehr drastisch dann sagen: Also wir haben das Gefühl, wir sind hier seit Jahren auf einem Verschiebebahnhof und kommen jetzt an der ein oder anderen Stelle auch auf das Abstellgleis."
Schon seit Jahren beschäftigen daher immer wieder Klagen von Beamten und Beamtinnen gegen die Telekom die Verwaltungsgerichte. Von einst gut 100.000 Staatsdienern im Unternehmen ist heute noch etwa ein Viertel übrig. Und offenbar spitzt sich der Konflikt zu.
So berichtet Peter K., dass die Telekom inzwischen nicht mehr nur viele Beamte, sondern teils auch ältere Angestellte in den Vorruhestand dränge: "Es werden Mitarbeiter vor allen Dingen ab Mitte 50 in diese Situation gebracht. Mitarbeiter sind Beamte wie auch Angestellte. Deshalb einfach nur Mitarbeiter."
Sie behandle Mitarbeiter zum Teil so achtlos, dass diese irgendwann zutiefst frustriert seien, sagt Christina Dahlhaus von der Gewerkschaft DPVKOM: "Auch wir haben immer wieder Beschwerden von Beamten, die schon auch sehr drastisch dann sagen: Also wir haben das Gefühl, wir sind hier seit Jahren auf einem Verschiebebahnhof und kommen jetzt an der ein oder anderen Stelle auch auf das Abstellgleis."
Schon seit Jahren beschäftigen daher immer wieder Klagen von Beamten und Beamtinnen gegen die Telekom die Verwaltungsgerichte. Von einst gut 100.000 Staatsdienern im Unternehmen ist heute noch etwa ein Viertel übrig. Und offenbar spitzt sich der Konflikt zu.
So berichtet Peter K., dass die Telekom inzwischen nicht mehr nur viele Beamte, sondern teils auch ältere Angestellte in den Vorruhestand dränge: "Es werden Mitarbeiter vor allen Dingen ab Mitte 50 in diese Situation gebracht. Mitarbeiter sind Beamte wie auch Angestellte. Deshalb einfach nur Mitarbeiter."
Druck auf die Mitarbeiter?
Betrachtet man die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, zeigt sich, wie sehr die Telekom im Umbruch steckt. Der Konzern treibt in den USA die Fusion mit dem Wettbewerber Sprint voran. In Deutschland gilt es, den Ausbau des 5G-Mobilfunkstandards zu stemmen. Das alles wird teuer – deshalb will der Konzern bis 2021 intern rund 1-einhalb Milliarden Euro einsparen:
"Davon circa die Hälfte beim Personal und das übt natürlich einfach enormen Druck aus", sagt Gewerkschafterin Christina Dahlhaus.
Im Umgang mit älteren Mitarbeitern gibt es für Peter K. dabei ein typisches Muster. Diese werden zunächst bundesweit von Projekten im Konzern abgezogen, so beobachtet er, und dann zur TPS nach Brühl, Darmstadt oder Leipzig versetzt.
Viele Mitarbeiter müssten dadurch stundenlang pendeln oder umziehen. Auf soziale Umstände werde dabei kaum geachtet, sagt K.. Er erzählt von einem Kollegen, der nach Darmstadt sollte: "Er ist schwerbehindert, hat sein Haus umgebaut, auf seine Schwerbehinderung hin, weil er gehbehindert war. Also, seine Familie war ebenfalls schwerbehindert. Und es wurde keine Rücksicht darauf genommen, dass er viele hundert Kilometer von Zuhause jetzt auf einmal an den neuen Dienstort fahren musste. Und er sollte sich da halt eine neue Bleibe schaffen. Ist aber nicht möglich: Die Einkunftssituation ist nicht so, dass ein Mitarbeiter ohne weiteres mal eben eine neue Wohnung beziehen kann."
Bei der Telekom hält man die Vorwürfe für abwegig. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, man nehme die Anschuldigungen zwar ernst, diese seien aber nicht haltbar: "Notwendige Personalanpassungen wurden und werden bei der Telekom grundsätzlich sozialverträglich vorgenommen."
"Davon circa die Hälfte beim Personal und das übt natürlich einfach enormen Druck aus", sagt Gewerkschafterin Christina Dahlhaus.
Im Umgang mit älteren Mitarbeitern gibt es für Peter K. dabei ein typisches Muster. Diese werden zunächst bundesweit von Projekten im Konzern abgezogen, so beobachtet er, und dann zur TPS nach Brühl, Darmstadt oder Leipzig versetzt.
Viele Mitarbeiter müssten dadurch stundenlang pendeln oder umziehen. Auf soziale Umstände werde dabei kaum geachtet, sagt K.. Er erzählt von einem Kollegen, der nach Darmstadt sollte: "Er ist schwerbehindert, hat sein Haus umgebaut, auf seine Schwerbehinderung hin, weil er gehbehindert war. Also, seine Familie war ebenfalls schwerbehindert. Und es wurde keine Rücksicht darauf genommen, dass er viele hundert Kilometer von Zuhause jetzt auf einmal an den neuen Dienstort fahren musste. Und er sollte sich da halt eine neue Bleibe schaffen. Ist aber nicht möglich: Die Einkunftssituation ist nicht so, dass ein Mitarbeiter ohne weiteres mal eben eine neue Wohnung beziehen kann."
Bei der Telekom hält man die Vorwürfe für abwegig. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, man nehme die Anschuldigungen zwar ernst, diese seien aber nicht haltbar: "Notwendige Personalanpassungen wurden und werden bei der Telekom grundsätzlich sozialverträglich vorgenommen."
Schwieriges Alter für Jobwechsel
So seien betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Und wenn sich Versetzungen an weit entfernte Standorte nicht vermeiden ließen, bekämen Betroffene alternativ eine heimatnahe Tätigkeit bei anderen öffentlichen Arbeitgebern angeboten, etwa Behörden. Bei Mitarbeitern mit Behinderungen würde jeder Fall noch genauer geprüft.
Peter K. dagegen erzählt, sein Kollege habe die Versetzung nur durch eine Klage verhindern können. Und viele andere Mitarbeiter trauten sich das nicht. Sie wechselten zur TPS, bekämen dort aber oft keine oder sehr stupide Arbeit zugeteilt – etwa das Übertragen von Daten in eine PC-Maske.
Dieser Vorwurf lässt sich auch im offenen Brief der Beamten an das Justizministerium nachlesen. Dort heißt es, dass "selbst 60-jährige Spitzenbeamte, die viele Jahre hochrangige Telekom-Manager waren, nun Aushilfstätigkeiten machen müssen und dabei lächerlich gemacht werden."
Die Telekom widerspricht. Wie gesetzlich vorgeschrieben, würden Beamte und Beamtinnen amtsangemessen beschäftigt, zum Beispiel durch entsprechende Projektarbeitsplätze. Dass dabei unterschiedliche Tätigkeiten anfielen, liege in der Natur der Sache.
Peter K. dagegen sagt, die Langeweile in der TPS sei so groß, dass manche Bücher zum Lesen mitbringen. Und wer sich beschwere, werde zusätzlich abgestraft: "Dann versucht man halt ihn entsprechend, fertigzumachen. Man nimmt ihn aus Gruppen raus, man gibt immer wieder andere Arbeiten und zeigt so, dass er gar nicht in der Lage ist, die entsprechenden Arbeiten zu machen."
Die Telekom dagegen verweist darauf, dass Verstöße von Führungskräften jederzeit gemeldet werden könnten. Dafür gebe es Hotlines, Betriebsräte und Gewerkschaften. Dem Deutschlandfunk gegenüber will sich der zuständige Betriebsrat allerdings nicht äußern. Man spreche nicht öffentlich über Interna, heißt es auf eine telefonische Anfrage.
Sicher ist: Wenn die Vorwürfe stimmen, trifft es Menschen in einem kritischen Alter. Mit über 50 sei ein Jobwechsel zwar nicht unmöglich, aber schwierig, sagt der Berliner Arbeitsrechtler Christoph Abeln: "Weil diese Mitarbeiter oftmals eine sehr lange Betriebszugehörigkeit haben in nur einer Branche, was grundsätzlich einen Wechsel schon erschwert."
Aus steuerlichen Gründen lohne sich ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung meist auch finanziell nicht mehr. Nach Angaben der Telekom haben 2019 nur circa 70 Mitarbeiter über 55 Jahre eine Abfindung in Anspruch genommen.
Peter K. dagegen erzählt, sein Kollege habe die Versetzung nur durch eine Klage verhindern können. Und viele andere Mitarbeiter trauten sich das nicht. Sie wechselten zur TPS, bekämen dort aber oft keine oder sehr stupide Arbeit zugeteilt – etwa das Übertragen von Daten in eine PC-Maske.
Dieser Vorwurf lässt sich auch im offenen Brief der Beamten an das Justizministerium nachlesen. Dort heißt es, dass "selbst 60-jährige Spitzenbeamte, die viele Jahre hochrangige Telekom-Manager waren, nun Aushilfstätigkeiten machen müssen und dabei lächerlich gemacht werden."
Die Telekom widerspricht. Wie gesetzlich vorgeschrieben, würden Beamte und Beamtinnen amtsangemessen beschäftigt, zum Beispiel durch entsprechende Projektarbeitsplätze. Dass dabei unterschiedliche Tätigkeiten anfielen, liege in der Natur der Sache.
Peter K. dagegen sagt, die Langeweile in der TPS sei so groß, dass manche Bücher zum Lesen mitbringen. Und wer sich beschwere, werde zusätzlich abgestraft: "Dann versucht man halt ihn entsprechend, fertigzumachen. Man nimmt ihn aus Gruppen raus, man gibt immer wieder andere Arbeiten und zeigt so, dass er gar nicht in der Lage ist, die entsprechenden Arbeiten zu machen."
Die Telekom dagegen verweist darauf, dass Verstöße von Führungskräften jederzeit gemeldet werden könnten. Dafür gebe es Hotlines, Betriebsräte und Gewerkschaften. Dem Deutschlandfunk gegenüber will sich der zuständige Betriebsrat allerdings nicht äußern. Man spreche nicht öffentlich über Interna, heißt es auf eine telefonische Anfrage.
Sicher ist: Wenn die Vorwürfe stimmen, trifft es Menschen in einem kritischen Alter. Mit über 50 sei ein Jobwechsel zwar nicht unmöglich, aber schwierig, sagt der Berliner Arbeitsrechtler Christoph Abeln: "Weil diese Mitarbeiter oftmals eine sehr lange Betriebszugehörigkeit haben in nur einer Branche, was grundsätzlich einen Wechsel schon erschwert."
Aus steuerlichen Gründen lohne sich ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung meist auch finanziell nicht mehr. Nach Angaben der Telekom haben 2019 nur circa 70 Mitarbeiter über 55 Jahre eine Abfindung in Anspruch genommen.
Vorzeitiger Ruhestand hat Nachteile
Für andere Mitarbeiter, die ihr Unternehmen verlassen wollen, bleibt oft nur eine Option: der Abgang in den vorzeitigen Ruhestand. Dafür gibt es bei der Telekom auch Angebote für Beamte. Sie können ab 56 abschlagsfrei in Pension gehen, solange sie für einen bestimmten Zeitraum noch ehrenamtlich arbeiten.
Manche Beamte nehmen diesen sogenannten "Engagierten Ruhestand" durchaus gerne wahr – zum Beispiel Karl-Heinz Bialas, der 28 Jahren lang bei der Telekom gearbeitet hat, zuletzt im Projektmanagement. Gegangen sei er allein aus gesundheitlichen Gründen, wie er betont: "Also ich kann auf mich bezogen sagen, dass ich in keiner Weise von irgendwem gedrängt worden bin."
Peter K. dagegen sagt, er erlebe immer wieder, dass Kollegen den vorzeitigen Ruhestand nur akzeptierten, weil sie die Situation im Unternehmen nicht mehr ertragen könnten.
Denn so attraktiv der Vorruhestand zunächst wirken mag, viele Mitarbeiter könnten es sich schlicht nicht leisten, schon mit Mitte 50 nur noch Pension oder Rente statt eines vollen Einkommens zu beziehen, sagt K.: "Eine Mutter, ein Vater, die aufgrund von längeren Erziehungszeiten längere Zeit zu Hause geblieben sind, wollen dann natürlich ihre entsprechende Pension erhöhen und aufbauen, was sie mit dieser Methode, wie es jetzt hier ist, nicht mehr machen können."
Rechtsanwalt Christoph Abeln kennt solche Rechnungen gut. Zu den Mandanten seiner Kanzlei gehören Führungskräfte des mittleren und höheren Managements. Abeln erfährt bei Konzernen immer wieder, wie sie aussortiert werden. Als Grund dafür nennt auch Abeln den Druck, Gewinne zu machen: Statt teure, ältere Mitarbeiter mühsam umzuschulen, suchten viele Konzerne lieber jüngere Kollegen – die nicht nur günstiger, weil niedriger bezahlt seien, sondern auch im Ruf stehen, mehr Digitalkompetenz mitzubringen: "Bei den Großunternehmen ist es heute leider so, dass die eben heute kennzahlengesteuert sind. Das heißt: Die nächsten Quartalszahlen an der Börse, die zählen, und die Lebensleistung einzelner verdienter Manager, die zählt dann eben nichts mehr."
Was hinter den Kennzahlen allerdings verschwindet, ist das Schicksal der Betroffenen. Vor allem, wenn es tatsächlich so weit komme, dass ein Unternehmen seine Mitarbeiter psychisch unter Druck setze, sei das für Betroffene enorm belastend, sagt die Münchener Diplom-Psychologin Bärbel Wardetzki. Die Psychologin und Buchautorin beschäftigt sich seit Jahren mit den Folgen von Mobbing am Arbeitsplatz.
Manche Beamte nehmen diesen sogenannten "Engagierten Ruhestand" durchaus gerne wahr – zum Beispiel Karl-Heinz Bialas, der 28 Jahren lang bei der Telekom gearbeitet hat, zuletzt im Projektmanagement. Gegangen sei er allein aus gesundheitlichen Gründen, wie er betont: "Also ich kann auf mich bezogen sagen, dass ich in keiner Weise von irgendwem gedrängt worden bin."
Peter K. dagegen sagt, er erlebe immer wieder, dass Kollegen den vorzeitigen Ruhestand nur akzeptierten, weil sie die Situation im Unternehmen nicht mehr ertragen könnten.
Denn so attraktiv der Vorruhestand zunächst wirken mag, viele Mitarbeiter könnten es sich schlicht nicht leisten, schon mit Mitte 50 nur noch Pension oder Rente statt eines vollen Einkommens zu beziehen, sagt K.: "Eine Mutter, ein Vater, die aufgrund von längeren Erziehungszeiten längere Zeit zu Hause geblieben sind, wollen dann natürlich ihre entsprechende Pension erhöhen und aufbauen, was sie mit dieser Methode, wie es jetzt hier ist, nicht mehr machen können."
Rechtsanwalt Christoph Abeln kennt solche Rechnungen gut. Zu den Mandanten seiner Kanzlei gehören Führungskräfte des mittleren und höheren Managements. Abeln erfährt bei Konzernen immer wieder, wie sie aussortiert werden. Als Grund dafür nennt auch Abeln den Druck, Gewinne zu machen: Statt teure, ältere Mitarbeiter mühsam umzuschulen, suchten viele Konzerne lieber jüngere Kollegen – die nicht nur günstiger, weil niedriger bezahlt seien, sondern auch im Ruf stehen, mehr Digitalkompetenz mitzubringen: "Bei den Großunternehmen ist es heute leider so, dass die eben heute kennzahlengesteuert sind. Das heißt: Die nächsten Quartalszahlen an der Börse, die zählen, und die Lebensleistung einzelner verdienter Manager, die zählt dann eben nichts mehr."
Was hinter den Kennzahlen allerdings verschwindet, ist das Schicksal der Betroffenen. Vor allem, wenn es tatsächlich so weit komme, dass ein Unternehmen seine Mitarbeiter psychisch unter Druck setze, sei das für Betroffene enorm belastend, sagt die Münchener Diplom-Psychologin Bärbel Wardetzki. Die Psychologin und Buchautorin beschäftigt sich seit Jahren mit den Folgen von Mobbing am Arbeitsplatz.
Angst und Depressionen
Typisch seien, so Wardetzki, körperliche und psychische Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und Angststörungen: "Wenn es eine ganz massive Situation ist, dann kann es auch zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen, weil die Leute das nicht nur als Mobbing erleben, sondern als Trauma – als wirkliche Verletzung ihrer Seele, gegen die sie sich nicht schützen können."
Wie weit das führen kann, hat sich vor gut zehn Jahren beim Telekommunikationsanbieter "France Télécom" gezeigt, der inzwischen "Orange" heißt. Der Vorstand des französischen Konzerns baute in den Jahren 2008 und 2009 rund 20.000 Stellen ab – mithilfe von großem Druck auf die Belegschaft, wie man heute weiß. Mitarbeiter wurden willkürlich versetzt, ausgegrenzt, gezielt unter- oder überfordert. Neunzehn Beschäftigte nahmen sich damals das Leben, andere versuchten es oder bekamen Depressionen.
Und der damalige Konzernchef tat das als "Mode-Erscheinung" ab: "Es muss jetzt mal Schluss sein mit dieser Selbstmord-Mode, die natürlich alle Welt schockiert."
Inzwischen ist klar: Der ehemalige Manager selbst trägt dafür Verantwortung. Ende vergangenen Jahres verurteilte ihn ein Pariser Gericht zu einer mehrmonatigen Haftstrafe, wie auch zwei weitere Ex-Manager des Konzerns. Kommentatoren sprechen von einem wegweisenden Urteil. Es mache klar: Wer als Konzernchef systematisch Angst verbreitet, handelt illegal.
Orange und die Deutsche Telekom arbeiten im selben Geschäftsfeld. Darüber hinaus Parallelen zu ziehen, ist gewagt. Peter K. aber meint, durch das Vorgehen der Telekom sei das gerechtfertigt, jedenfalls teilweise: "Die ist auf jeden Fall vergleichbar. Die Mitarbeiter bei uns scheinen diesen Weg Gott sei Dank noch nicht so gesehen zu haben, dass sie sich umbringen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, den Vorruhestand zu nehmen und das machen halt viele, weil sie sonst keine andere Möglichkeit mehr sehen."
Wie weit das führen kann, hat sich vor gut zehn Jahren beim Telekommunikationsanbieter "France Télécom" gezeigt, der inzwischen "Orange" heißt. Der Vorstand des französischen Konzerns baute in den Jahren 2008 und 2009 rund 20.000 Stellen ab – mithilfe von großem Druck auf die Belegschaft, wie man heute weiß. Mitarbeiter wurden willkürlich versetzt, ausgegrenzt, gezielt unter- oder überfordert. Neunzehn Beschäftigte nahmen sich damals das Leben, andere versuchten es oder bekamen Depressionen.
Und der damalige Konzernchef tat das als "Mode-Erscheinung" ab: "Es muss jetzt mal Schluss sein mit dieser Selbstmord-Mode, die natürlich alle Welt schockiert."
Inzwischen ist klar: Der ehemalige Manager selbst trägt dafür Verantwortung. Ende vergangenen Jahres verurteilte ihn ein Pariser Gericht zu einer mehrmonatigen Haftstrafe, wie auch zwei weitere Ex-Manager des Konzerns. Kommentatoren sprechen von einem wegweisenden Urteil. Es mache klar: Wer als Konzernchef systematisch Angst verbreitet, handelt illegal.
Orange und die Deutsche Telekom arbeiten im selben Geschäftsfeld. Darüber hinaus Parallelen zu ziehen, ist gewagt. Peter K. aber meint, durch das Vorgehen der Telekom sei das gerechtfertigt, jedenfalls teilweise: "Die ist auf jeden Fall vergleichbar. Die Mitarbeiter bei uns scheinen diesen Weg Gott sei Dank noch nicht so gesehen zu haben, dass sie sich umbringen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, den Vorruhestand zu nehmen und das machen halt viele, weil sie sonst keine andere Möglichkeit mehr sehen."
Die Telekom dagegen betont, der Vergleich zur France Télécom sei unhaltbar; die Anschuldigungen absurd und diffamierend. Verträge über Altersteilzeit und Frührente würden immer auf freiwilliger Basis abgeschlossen. Oft sei die Nachfrage danach sogar so groß, dass das Unternehmen gar nicht allen Wünschen nachkommen könne: "Dies führte mitunter in der Vergangenheit zu Unzufriedenheiten bei den Beamtinnen und Beamten, die (innerhalb des von Ihnen gewünschten Zeitpunkts) nicht berücksichtigt werden konnten."
Nach Angaben der Telekom sind 2018 gut 1.700 Beamte in den sogenannten "Engagierten Ruhestand" gegangen; im Schnitt meldeten rund 1.500 Angestellte pro Jahr Altersteilzeit an.
Der Bund, an den die Beamtinnen ihren offenen Brief gerichtet haben, sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf. Dem Staat gehören aktuell noch gut 30 Prozent der Deutschen Telekom AG; zudem trägt das Bundesfinanzministerium die Rechtsaufsicht darüber, wie mit Beamten dort umgegangen wird.
Hoffnung auf einen Wandel
Auf Anfrage des Deutschlandfunks verweist das Justizministerium ans Innenministerium, das wiederum an das Finanzministerium verweist. Das teilt mit, man nehme die Rechtsaufsicht bei der Deutschen Telekom grundsätzlich sehr ernst, Beschwerden von Beamten würden stets genau überprüft: "Bislang kam es nur in wenigen Ausnahmefällen dazu, dass die Deutsche Telekom AG Entscheidungen zurücknehmen musste."
Peter K. findet solche Antworten unbefriedigend. Umso mehr hofft er, dass bei der Telekom bald von allein ein Umdenken beginnt, dass ältere Mitarbeiter dort künftig besser akzeptiert und nicht – wie er wahrnimmt – aussortiert werden. Dafür, sagt er, brauche es nicht einmal neue Regeln – aber eben den Mut, Wachstum nicht um jeden Preis durchzusetzen.
Peter K. findet solche Antworten unbefriedigend. Umso mehr hofft er, dass bei der Telekom bald von allein ein Umdenken beginnt, dass ältere Mitarbeiter dort künftig besser akzeptiert und nicht – wie er wahrnimmt – aussortiert werden. Dafür, sagt er, brauche es nicht einmal neue Regeln – aber eben den Mut, Wachstum nicht um jeden Preis durchzusetzen.