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Lufthansa, Ritter Sport, Mercedes
Deutsche Traditionskonzerne stoßen zunehmend ins Web3 und Metaversum vor

Immer mehr traditionelle Konzerne richten ihre Aufmerksamkeit auf die Weiterentwicklung des Internets in Richtung der Visionen vom Web3 oder Metaversum, wo virtuelle und analoge Welten miteinander verschmelzen sollen. Trotz der jüngsten Pleiten und juristischen Probleme mit NFTs setzen sie weiter auf diese rein digitalen Produkte, die nur als Dateien existieren. Es geht ihnen um Werbung und Kundenbindung auch in der Kryptowelt.

    Auf dem Display eines Smartphones sind Bilder der sogenannten bored apes. Im Hintergrund ist ein Sechseck mit der Inschrift NFT.
    Die Kryptwelt hatte zuletzt vermehrt mit Negativschlagzeilen zu kämpfen – doch die Anziehungskraft ist weiter gegeben. (picture alliance / NurPhoto / Jakub Porzycki)
    Die Lufthansa hat zur erweiterten Zielgruppenansprache ein neues Treueprogramm namens „Uptrip“ gestartet. Kunden können sich dabei ähnlich wie beim bestehenden Prämienprogramm „Miles & More“ mit digitalen Bildchen für ihre Buchungen belohnen lassen. Über den reinen Sammlerwert hinaus bietet die Fluglinie weitere Vorteile an, wenn eine bestimmte Anzahl an Bildchen erreicht worden ist. Dazu zählen etwa kostenlose Internetzugänge auf Flügen oder Zugänge zu Flughafen-Lounges. Die Sammelkarten zeigen jeweils bestimmte Themengebiete wie Reiseziele oder Flugzeugtypen.

    Was sind NFTs und Blockchains?

    Die Bilder werden als NFTs auf einer Blockchain gespeichert. NFTs sind digitale Kennzeichen, mit denen man allerlei Dateien von Grafiken aber auch von Musik, Videos, Tweets oder anderem markieren kann. Wer sie besitzt, hat quasi eine Eigentumsurkunde und ein Echtheitszertifikat. NFTs versprechen somit Exklusivität. Sie gelten als jeweils einzigartig. Sie lassen sich nicht ersetzen und nicht kopieren. NFT steht für Englisch non-fungible-token, also: nicht austauschbares Objekt.
    NFTs werden wie Kryptowährungen auf einer Blockchain gespeichert. Dabei handelt es sich um eine dezentrale Datenbankstruktur. Durch eine kryptografische Verkettung der Datensätze gelten Bockchains als manipulationssicher.

    Schokolade „Döner Kebab“ und „Cannabis“

    Auch der Schokoladen-Hersteller „Ritter Sport“ brachte jüngst als Marketinginstrument eine NFT-Kunstkollektion unter dem Titel „Art of the Square“ in Umlauf. Deren Pixelkunst zeigt erfundene Sorten mit Döner Kebab- oder Cannabis-Geschmack. Andere Süßwarenhersteller sind bereits in der neuen Internetwelt unterwegs oder erwägen den Einstieg. Wie unter anderem die Lebensmittelzeitung berichtete, liebäugelt offenbar auch Haribo mit NFTs oder dem Einsatz seiner Marke im Metaverse.
    Bereits im Juni stieß der Autobauer Mercedes ins Web3 vor – mit 1.000 Bildern, die vom niederländischen Künstler Harm van den Dorpel gestaltet wurden. Der Sportartikelhersteller Adidas hat seine Geschäfte schon vor zwei Jahren auf die virtuellen Welten ausgeweitet, damit Nutzer ihre digitalen Zwillinge (Avatare) auch dort mit seinen Produkten ausstatten können. Davor waren schon viele US-Unternehmen auf den Zug aufgesprungen.

    Alles Spielerei? Mitnichten, meint Minister Wissing (FDP)

    Der Mutterkonzern von „Facebook“ benannte sich 2021 in „Meta“ um. Konzerngründer Mark Zuckerberg gilt als einer der prominentesten Unternehmer, die vom Erfolg der Zukunftsvision Metaversums, englisch Metaverse, überzeugt sind.
    Im Juli bescheinigte der Bundesminister für digitale Infrastruktur, Wissing, „immersiven Technologien“ ein großes Entwicklungspotenzial für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Immersive Technologien bilden die Realität entweder komplett virtuell ab (Virtual Reality, VR) oder reichern sie mit ausgewählten virtuellen Informationen an (Augmented Reality, AR). Man müsse Deutschland zum besten Standort für neue Technologien machen, sagte der FDP-Politiker in Berlin bei Beratungen mit Experten über die konkreten Anwendungsfelder der virtuellen Welten.
    Immersive Technologien spielten bei der Digitalisierung eine zunehmend wichtigere Rolle, betonte Wissing. Mit digitalen Zwillingen könne man zum Beispiel schneller und effizienter bauen. Live-Anleitungen im Metaverse erleichterten die Qualifizierung, etwa in der Pflege, führte er aus. Und im Maschinenbau ermöglichten virtuelle Modelle die ortsunabhängige Wartung. Damit entstünden neue Geschäftsmodelle für die deutsche Industrie, führt der Minister aus.

    Haftstrafen, Schadenersatzforderungen, Imageverluste

    Zuletzt hatte die Kryptobranche allerdings vor allem negative Schlagzeilen gemacht. Der Hype, der während der Corona-Pandemie entstanden war, brach zusammen, was viele exemplarisch am Bored Ape Yacht Club festmachen. Viele Menschen haben große Summen Geld verloren. Zu Kryptobörsen und NFT-Marktplätzen mehren sich Meldungen über juristische Strafverfahren und Schadenersatzprozesse.
    Diese Nachricht wurde am 07.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.