"Also ich glaube, es wäre falsch, von Krise zu sprechen."
Bettina Schön. Sie leitet von Schanghai aus die regionale Konzernzentrale Asien des Weinheimer Familienunternehmens Freudenberg. Die Firma produziert unter anderem Dichtungen, Filter und Spezialchemikalien für unterschiedliche Branchen.
"Die Automobilindustrie ist von großer Bedeutung für uns, aber auch der Maschinen- und Anlagenbau, außerdem die Bauindustrie und die Bereiche Textil und Chemie. Natürlich gab es da im letzten Jahr eine Abschwächung. Das Wachstum hat sich verlangsamt. Einfach deswegen, weil in den Jahren vorher viele Überkapazitäten geschaffen wurden."
Wachstum immer noch beeindruckend
Die Managerin legt Wert auf die Tatsache, dass sich Chinas Wirtschaft zwar abkühlt, aber immer noch wächst. Vergangenes Jahr - nach offiziellen Angaben - um 6,9 Prozent. Selbst wenn diese Zahl möglicherweise geschönt sei, sei das erstens immer noch beeindruckend und biete zweitens europäischen Unternehmen weiter ein attraktives Umfeld.
"Das ist ein Prozess, wir auch in Europa durchgemacht haben."
Thomas Dorn, Asien-Chef des französischen Mittelständlers TLD. Die Firma stellt unter anderem Spezialfahrzeuge und -maschinen für Flughäfen her.
"Das ist ein ganz natürlicher Prozess, der mit der Entwicklung eines Landes vonstattengeht. Es wird weniger arbeitsintensiv, es wird immer mehr auf Service und Dienstleistungen gehen."
Entwicklung hin zur serviceorientierten Wirtschaft
Genau das ist es, was auch die Regierung in Peking seit Jahren sagt: Chinas Wirtschaft muss und wird sich entwickeln von einer industriellen und exportorientierten hin zu einer serviceorientierten Wirtschaft. Eine der Auswirkungen: Die Wachstumsraten von früher werden heute nicht mehr erreicht.
Dorn: "Ich sehe auf der einen Seite dass die meisten Kollegen hier, sehr stark auf die Kostenbremse drücken. Es ist ein permanentes Schauen, sich die Effizienz und die Kosten so hinzuschleifen, dass man auch in den nächsten Monaten hier noch Bestand hat."
Sowohl Bettina Schön als auch Thomas Dorn bekommen regelmäßig Mails und Anrufe aus der Heimat mit Fragen wie: Was ist denn da los bei Euch, sieht es wirklich so düster aus? Ihre Antwort: Die Situation ist nicht schwarz-weiß. Natürlich gebe es Probleme, aber:
Dorn: "Die Unkenrufe, die sehe ich eher als Reißer. Der eine will Geld an der Börse machen, der andere will seine Zeitung verkaufen. Das hat mit dem täglichen Geschäft im Betrieb in China und in Asien nicht viel zu tun."
Schwerindustrie - das war einmal
Künftig, das sagen fast alle europäischen Mittelständler in China, müsse man sich eben andere Branchen aussuchen, um in der Volksrepublik Geld zu verdienen. Schwerindustrie, Textilien und Grundstoffe - das war einmal.
Schön: "Diese Kontinuitätsannahme, dass wir hier in China immer doppelstellig wachsen, und zwar durchgängig, in allen Industrie-Branchen, die kann ich heute nicht mehr machen."
Bereiche wie Fotovoltaik, Elektromobilität, Medizin- und Internet-Technologie - das sei die Zukunft. Und da seien wegen der hohen Qualität und des guten Images vor allem deutsche Firmen im Vorteil.
Schön: "Also ich denke, dass das wirklich immer sehr einseitig betrachtet wird. China wächst. Und es tut sich wahnsinnig viel im Markt. Deswegen lehne ich es ab, von einer Krise zu sprechen. Davon sind wir weit entfernt."