Die Entwicklung ist laut Agora Energiewende, die die vorläufigen Zahlen vorgestellt hat, vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen. Simon Müller, der Leiter der Deutschlandarbeit der Denkfabrik, sagte im Deutschlandfunk, erstens erreiche die Kohleverstromung ein historisches Tief und zweitens gebe es krisenbedingte Produktionsrückgänge. Außerdem sei mehr Strom importiert worden, der zur Hälfte aus erneuerbaren Energien und zu einem Viertel aus Kernkraft stamme.
Als gute Nachricht für den Klimaschutz werten die Experten diese vorläufige Auswertung jedoch nicht, denn nur rund 15 Prozent des reduzierten CO2-Ausstoßes seien dauerhafte Einsparungen. Der Großteil hingegen sei nicht nachhaltig. Zum Beispiel könnten Emissionen konjunkturbedingt wieder steigen oder sich längerfristig Teile der Industrie ins Ausland verlagern.
Die Energiewirtschaft verzeichnete mit dem historischen Hoch bei den Erneuerbaren Energien einen klimapolitischen Erfolg, erklärte Müller. Die Schwäche der Industrie sei jedoch auch für das Klima nicht gut, wenn in der Folge der Industriestandort Deutschland leide und Emissionen lediglich verlagert würden.
In den kritischen Bereichen Verkehr und Gebäude habe es zudem kaum Veränderungen gegeben, betonte Agora. Damit rissen die Sektoren ihre Klimaziele zum vierten beziehungsweise dritten Mal in Folge.
Habeck: Ausbau bei Solar- und Windenergie zeigt Wirkung
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck äußerte sich erfreut über den sinkenden CO2-Ausstoß. Besonders bei der Solar- und Windenergie gehe der Ausbau gut voran, sagte Habeck dem Bayerischen Rundfunk. Zugleich widersprach er Darstellungen, wonach die Fortschritte beim Emissionsausstoß wieder zunichte gemacht werden, sobald es der deutschen Wirtschaft wieder besser geht. Diese sei voll auf dem Klimaschutzpfad.
Rekorderlös aus Emissionshandel - Grund sind Nachkäufe von Unternehmen
Gleichzeitig wurde gemeldet, dass der deutsche Staat im vergangenen Jahr erneut einen Rekorderlös aus dem Verkauf von Treibhausgas-Verschmutzungsrechten erzielt hat. Wie die Deutsche Emissionshandelsstelle in Berlin mitteilte, beliefen sich die Einnahmen aus dem Verkauf von sogenannten CO2-Zertifikaten insgesamt auf rund 18,4 Milliarden Euro. Das sind etwa 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Maßgeblicher Treiber war den Angaben zufolge das nationale Emissionshandelssystem für Wärme und Verkehr. Dort stiegen die Einnahmen um 67 Prozent.
Ursächlich hierfür seien nicht gestiegene Emissionen, sondern vielmehr der große Nachholbedarf von Unternehmen, die den Kauf ihrer Zertifikate aufgeschoben hätten, erklärte die Handelsstelle.
Vor dem Hintergrund des Klimawandels soll die Bepreisung von Kohlendioxid Wirtschaft und Verbrauchern einen Anreiz geben, weniger fossile Brennstoffe zu verwenden. Kraftwerke, große Industrieanlagen und der innereuropäische Luftverkehr benötigen die europäischen Berechtigungen - pro Tonne ausgestoßenem CO2 müssen sie ein Zertifikat bei der Emissionshandelsstelle abgeben. Erwerben können sie diese Verschmutzungsrechte unter anderem bei Versteigerungen an der Energiebörse in Leipzig. Die Menge der verfügbaren Berechtigungen wird jährlich gesenkt, um die Emissionen schrittweise immer stärker zu begrenzen.
Diese Nachricht wurde am 04.01.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.