In der Lidl-Filiale in Madrid-Prosperidad ist schon frühmorgens viel Betrieb. Aus der Tür kommt ein bunt gemischtes Publikum: Junge Leute, die sich für Schule oder Uni mit Verpflegung eindecken und ältere Spanier, die hier ihren Wocheneinkauf machen.
"Der Supermarkt ist nah an meiner Wohnung. Ich mag ihn, die Preise sind gut."
"Manchmal ist es schwierig, jemanden zu finden, der einem etwas erklärt. Klar, die Mitarbeiter sind oft an der Kasse, können dort nicht weg, oder sie räumen neue Ware ein."
Aktionsware, Eigenmarken und viele Bio-Produkte
Das Konzept von Lidl ist anders als das der meisten spanischen Ketten. Der deutsche Discounter hat zum Beispiel - fast einmalig in Spanien - den "Bazar", die Wühltische mit Aktionsware, die von der italienischen Woche über die Anti-Falten-Creme bis hin zur Heckenschere reicht. Dazu kommen hochwertige Eigenmarken und viele Bio-Produkte: Ein Lebensmittel-Trend, der in Spanien noch recht neu ist und auf den die einheimischen Supermärkte bisher eher zurückhalten reagiert haben, sagt Erik Schlie, Marketing-Professor und Vize-Dekan der IE Business School in Madrid. Aber:
"Die Landwirtschaft muss nachziehen. Insofern braucht man mehr und mehr zertifizierte Öko-Landwirtschaft hier in Spanien, die dann auch beliefern kann. Insgesamt glaube ich, dass die Konsumenten das wollen. Dass sie selbst die Wahl haben wollen: Nehme ich jetzt die Bio-Tomate, die vielleicht ein bisschen teurer ist oder die normale Tomate, die hier fast nichts kostet. Insofern ist das sicherlich ein Thema der Zukunft."
Der Konkurrenzkampf geht über den Preis
Im vergangenen Jahr haben laut Statistiken sechs von zehn spanischen Haushalten Bio-Produkte gekauft, eine Zunahme von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Lidl war nach eigenen Angaben 2018 die Supermarktkette mit der meisten Bio-Ware im Sortiment. Aldi setzt in Spanien ebenfalls verstärkt auf Bio. Auch solch hochwertige Produkte verkaufen die deutschen Discounter meistens günstiger als ihre spanische Konkurrenz – ebenso wie Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau.
"Es ist sicherlich fragwürdig, wenn man sieht, dass das Kilo Bananen für deutlich unter einem Euro verkauft wird. Denn was bleibt dann noch dem Bauern auf den Kanarischen Inseln übrig, wenn das Produkt nicht ohnehin aus Ecuador kommt. Das gleiche gilt für Orangen. Ich glaube, da haben beide auch eingesehen, dass es eine untere Preisschwelle gibt, unter die man nicht gehen sollte."
Lidl betont, dass die Kette stets die niedrigsten Preise auf dem Markt bieten wolle – aber nicht auf Kosten ihrer Zulieferer. Der Konzern habe eine Verantwortung seinen Produzenten gegenüber, sagt der Sprecher von Lidl Spanien, Carlos Gonzáles-Vilardell.
"Wir gehen mit ihnen langfristige Verbindungen ein. Wir gehören nicht zu den Firmen, die nur kurzfristige Verträge schließen. Wir wollen, dass sich unsere Zulieferer nachhaltig entwickeln können - und langfristig eine Planungssicherheit haben."
Viele einheimische Märkte sind schlicht angestaubt
Doch der Erfolg von LIDL in Spanien hängt auch mit dem Misserfolg anderer Konzerne zusammen: Die einheimischen Supermarktketten Día und Eroski stehen wirtschaftlich schlecht da. Ihre Schwäche nutzt Lidl aus, sagt Marketing-Professor Erik Schlie.
"Eroski und Día sind Supermarktformate, wo ich als Deutscher, der seit zehn Jahren hier lebt, sage: ‚Die finde ich angestaubt‘. Ich gehe da auch selber nicht rein. Und wenn ich mir Lidl anschaue, wie sie auch gewachsen sind: Lidl hat Spanien erobert über die Küste. Da, wo die Deutschen sind, die Urlauber und die, die dort auch leben. Und insofern wurde eine nicht-bekannte Marke eigentlich in den Urlaubsorten erst und auf den Inseln der hiesigen Bevölkerung bekannt gemacht."
In den zurückliegenden 25 Jahren hat Lidl rund 600 Filialen in Spanien eröffnet. Der deutsche Konzern ist neben Aldi und dem spanischen Unternehmen Mercadona - dem unangefochtenen Marktführer - die einzige Supermarktkette, die in Spanien auf Wachstumskurs ist. Im kommenden Jahr plant Lidl 30 weitere Supermärkte in Spanien zu eröffnen. "Made in Germany" zu Lowcost-Preisen erobert die Iberische Halbinsel: Den Spaniern gefällt’s.