Wenige Menschen, viel Leere zeigen diese Bilder, die zu den "typischen" Wenders-Bildern wurden, egal, ob es Fotografien sind - das Farmhaus im wogenden Getreidefeld, das verlassene Freiluftkino in Palermo -, oder ob es die Film-, die bewegten Bilder sind. Ikonographische Bilder. 2015 fahren im Musiker-Drama "Frank" Domhnall Gleeson und Michael Fassbender über einen Highway im Südwesten der USA und meinen nur:
"Das ist wie in 'Paris, Texas'. Stimmt's? - Ganz eindeutig."
Geht mehr? - "Paris, Texas" von 1984, Wenders' großer Erfolgt ist allerdings geboren aus dem großen Scheitern. In der Highsmith-Verfilmung "Der amerikanische Freund" spielt Dennis Hopper einen Cowboy, den es nach Hamburg verschlagen hatte:
"Trägst du den Hut da auch in Hamburg? – Was ist verkehrt an einem Cowboy in Hamburg."
Das war 1974.
"Das hat im Rückblick die Konsequenz gehabt, dass ich im Jahr darauf nach Amerika gegangen bin. Der Coppola hat mich eingeladen, weil er den 'Amerikanischen Freund' gesehen hatte, weil das auch in Amerika ein kommerzieller Film gewesen ist, der gut gelaufen ist."
Hollywood als Alptraumfabrik
Der Sprung von Deutschland nach Hollywood wird allerdings zu einem Albtraum. "Hammett", der Film, den Wim Wenders für Coppola drehen soll, ist nicht der Film, den Wenders drehen will. Was ins Kino kommt, hat wenig mit seinen ursprünglichen Ideen zu tun. Als Gegenentwurf zu "Hammett" dreht Wim Wenders 1984 mit "Paris, Texas" dann den magischen Film über einen Mann, der seinen Sohn sucht.
"Ich konnte auch nicht zurückkommen unverrichtete Dinge; konnte ich vor mir selbst nicht. Ich konnte aus Amerika also nur wieder raus und zurück nach Europa, wenn ich das Ding gemacht hatte, weswegen ich überhaupt erst hingegangen war."
"Was ist das denn? – Ein Foto. - Ein Foto von was? – Von Paris. – Paris, tatsächlich? – Von einem kleinen Stück von Paris. – Das soll Paris sein. Sieht aus wie Texas für mich. - Ist es auch. - Paris, Texas?"
Goldene Palme für "Paris, Texas"
Aber schon "Paris, Texas" - Goldene Palme in Cannes, in den USA allerdings ein Flop – enthält ein Missverständnis: Wenders war auf der Suche nach den großen Geschichten in den großen Landschaften, auch den Stadtlandschaften – wie seine großen Vorbilder John Ford oder Nicolas Ray. Doch zu deren Lakonie und Einfachheit fand er nicht. Wenders hakte sich häufig fest zwischen der Poesie der makellosen Bilder und dem Überhang von Pathos wie in "Don't Come Knocking" von 2005 oder "Palermo Shooting".
Auf der Suche nach den großen Geschichten
Dass der Erfolg im Leben eines Filmemachers der Erfolg ein hinterhältiges Monster ist, das hat Wenders immer wieder erfahren müssen. Neun Jahre nach "Paris, Texas" dreht Wender "In weiter Ferne, so nah!". Ein Flop.
"Das ist dann ein Film, der in Deutschland überhaupt nicht stattgefunden hat, der ist sozusagen gar nicht wahrgenommen worden. Das war damals eine große Enttäuschung."
Und so wechselt Wim Wenders ab Mitte der 1990er zweitweise in ein anderes Genre. Der Filmregisseur, der immer schon Fotograf war, wird nun auch zum Dokumentarfilmer. "Buena Vista Social Club" von 1999 und die Dokus "Pina" und "Das Salz der Erde" bringen ihm gar Oscar-Nominierungen ein. Doch der große Spielfilm, trotz des Achtungserfolges des 3D-Films "Every Thing Will Be Fine" von 2015, er will Wim Wenders nicht mehr gelingen. Vielleicht bleiben in der Rückschau dann doch vor allem die magischen Bilder, die der europäische Filmemacher und Photograph - in Anführungsstrichen - "gezeichnet" hat, und die die quälenden Misserfolge aufwiegen. Wim Wenders hat einmal Akira Kurosawa, den großen japanischen Kollegen, interviewt:
"Und dann habe ich gesehen, er hatte so Narben hier. Auf beiden Händen. Und dann habe ich auch rausgekriegt von seiner Übersetzerin: Er hatte mal einen Selbstmord gemacht, weil er so verzweifelt war, dass seine Filme in Japan alle nicht angekommen waren. Soweit möchte ich nicht gehen."