Krise im DHB
Journalist Eggers: "Nicht richtig aufgestellt"

Der Deutsche Handballbund gibt nicht zum ersten Mal nach außen ein katastrophales Bild ab. Dem DHB fehle jemand, "der in der Kommunikation die Zügel in die Hand nimmt", sagte Journalist Erik Eggers im Dlf.

Erik Eggers im Gespräch mit Christian von Stülpnagel | 19.05.2024
Der scheidende DHB-Sportvorstand Axel Kromer (l.) auf einer Pressekonferenz neben DHB-Präsident Andreas Michelmann.
Sportvorstand Axel Kromer (l.), hier neben Präsident Andreas Michelmann, wird den Deutschen Handball-Bund zum Jahresende verlassen. (IMAGO / Noah Wedel / IMAGO / Noah Wedel)
Der Deutsche Handballbund (DHB) gibt nach außen aktuell ein schlechtes Bild ab. Anfang des Monats wurde bekannt, dass der Verband sich zum Jahresende von Sportvorstand Axel Kromer trennen wird - sehr zur Überraschung von Kromer. Die deutsche Handball-Legende Stefan Kretschmar sprach daraufhin von einem "amateurhaft" geführten Verband, der sich in seiner Personalführung "lächerlich" macht.
"Es gibt Schwierigkeiten, weil viele Leute nicht verstehen, wer für gewisse Personalien zuständig sind. Da geht es vor allem um die Personalie des Bundestrainers", sagte der Journalist und Handball-Experte Erik Eggers im Deutschlandfunk. "Es geht auch noch um einen weiteren Posten. Nämlich um einen sogenannten Scharnierposten zwischen Vorstand und Nationalmannschaft. Also es soll jemanden geben, der den Deutschen Handballbund bei Männer-Länderspiele repräsentiert, weil man das dem Axel Kromer so nicht mehr zugetraut hat."

"Asymmetrische Kriegsführung" zwischen Kretschmar und Michelmann

Kretschmar kritisierte ein Machtvakuum im DHB und vermisste so eine Person, die den Verband führt und auch nach außen repräsentiert. Die Kritik teilt Eggers jedoch nicht: "Diese Person gibt es in Gestalt von Andreas Michelmann, der sich auch äußert, der aus meiner Sicht aber nicht dieselben Waffen zur Verfügung hat wie Kretschmar, der als Vorstand der Füchse Berlin unterwegs ist, als TV-Experte und eine halbe Million Follower hat. Das hat Michelmann natürlich nicht zur Verfügung", sagte er. Kretschmar entfalte mit seinen Aussagen also mehr Wucht. "Das kann man als asymmetrische Kriegsführung bezeichnen."
Warum Sportvorstand Kromer seinen Posten räumen muss, habe DHB-Präsident Michelmann bislang nur angedeutet, sagte Eggers. "Es gab Zweifel im Präsidium darüber, ob man mit der bisherigen Struktur gut weiterarbeiten kann." Kromer hatte sieben Jahre lang den DHB bei Länderspielen repräsentiert. "Aber viele im Präsidium haben eben nicht mehr gesehen, dass er das vernünftig macht. Deswegen gab es Konflikte im Präsidium. Die Männer-Bundesliga stand zum Beispiel nicht mehr hinter Kromer. Das war die Situation, bevor es jetzt zu diesem Knall kam."

Auch Finanzvorstand Chatton verlässt DHB

Dieser Knall sei eine Überraschung gewesen, sagte Eggers. "Das hat aber auch damit zu tun, dass ein sehr fähiger Mann im DHB-Vorstand, nämlich der Finanzvorstand Benjamin Chatton, vorher schon erklärt hatte, dass er den DHB verlassen würde. Und in der Liga war Chatton als Favorit für diesen Scharnierposten betrachtet worden."
Wer Kromer zum Ende des Jahres ersetzt, steht noch nicht fest. Der DHB hat eine Entscheidung für den 26. Mai angekündigt. "Es gibt verschiedene Kandidaten", sagte Eggers. Ein Ergebnis sei aber "noch völlig offen".

Nicht die erste Krise im DHB

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der DHB selbst in schwieriges Fahrwasser manövriert hat. Schon bei der Entlassung nach Job-Garantie von Ex-Bundestrainer Christian Prokop und der an die Olympia-Teilnahme geknüpften Vertragsverlängerung des aktuellen Bundestrainers Alfred Gislason gab der DHB öffentlich kein gutes Bild ab. "Da fragt man sich natürlich, was steckt dahinter?", sagte Eggers. "Aber das kann ich auch nicht beantworten."
Ein Problem könnten ungeklärte Zuständigkeiten beim DHB sein. "Auf jeden Fall ist der größte Handballverband der Welt da nicht richtig aufgestellt. Er braucht vielleicht jemanden, der vor allem in der Kommunikation die Zügel in die Hand nimmt", so Eggers. "Die Strukturen müssten so sein, dass man schnell ist, dass man gut beraten ist und dann man eben trotzdem auch vernünftig agieren kann in einer Medienlandschaft, die zugegebenermaßen komplizierter geworden ist."