Archiv

Deutscher Handelskongress
Stolpersteine der Politik treiben die Branche um

In Berlin findet der Deutsche Handelskongress statt. Die Konsumstimmung in Deutschland scheint gut zu sein. Die wirtschaftliche Entwicklung - so der Einzelhandel - hinge auch stark von den Koalitionsverhandlungen ab.

Von Verena Herb | 20.11.2013
    Wie so oft, wenn sich eine Wirtschaftsbranche in diesen Wochen trifft: Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU-CSU und SPD prägen die Veranstaltung. Schließlich bietet sie nicht zuletzt eine politische Bühne, um – wie im Fall von Josef Sanktjohanser, dem Präsidenten des Handelsverbandes – sämtlichem Unmut Luft zu machen. Bei den Koalitionsverhandlungen herrsche kein Klima, was die Wirtschaftsdynamik befördere:
    “Generell erleben wir Verhandlungen, die Regulierungsthemen mehr beherrschen als Themen, die die Wirtschaft fördern und zu mehr Investitionen anreizen.“
    Generell gerieten die Interessen der Wirtschaft bei den Verhandlungen aus dem Blick: Die Union müsse da ein bisschen mehr Kante zeigen und die Stafette aufnehmen, weil die FDP nicht mehr im Bundestag ist.
    Stopp des Strompreisanstiegs gefordert
    Themen, die die Branche umtreiben, sind altbekannt. Angefangen bei der notwendigen Reform des EEG-Gesetzes und einem Stopp des Strompreisanstiegs. Und die Arbeitspolitik generell:
    “Wir haben mit der Agenda 2010 das Land wirklich groß in Bewegung gebracht. Und von außen betrachtet gibt es wenig Verständnis dafür, dass eigentlich alle Themen, die heute in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitischen Szene diskutiert werden, eigentlich ein Zurückführen dieser wirklichen Flexibilisierungen für die Wirtschaft darstellen. Und mit Verlaub gesagt: Wir haben da wenig Verständnis.“
    Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn – hier lohne es sich wohl nicht mehr, sich darüber aufzuregen, so Josef Sanktjohanser – tut es aber dann doch:
    “Es ist mehr unsere Botschaft zu sagen, es darf da kein Eingriff stattfinden, weil das Folgen haben wird. Es geht nicht um die Höhe des Mindestlohnes allein. Der nicht ökonomisch hergeleitet ist, wie wir kritisieren. Sondern es geht um die Folgewirkung, dass die Tarifverträge, die wirklich ein großes Institut sind in unserer Wirtschaft, dass die zunehmend dann durch politische Entscheidungen ersetzt werden.“
    Kundenbindung Offline und Online gefragt
    Doch fernab der politischen Geschehnisse sieht sich der Handel – wie bereits die Jahre zuvor – mit den Herausforderungen des E-Commerce konfrontiert: Die neue Handelswelt sei äußerst anstrengend – konstatiert etwa Michael Otto, Aufsichtsratschef der Otto Group – denn kein Unternehmen komme drum herum, die Kunden auf allen Kanälen zu binden. Offline und Online.
    “Fakt ist, dass der Distanzhandel bis 2020 das Potenzial hat, seinen Umsatzanteil zu verdoppeln. 20 Prozent am gesamten Einzelhandel zu erringen. Also weiterhin im knapp zweistelligen Prozentbereich auf dann nahezu 100 Milliarden Euro zu wachsen.“
    Zwei Tage lang werden Unternehmensvertreter, Einzel- wie Großhändler über die passenden Strategien diskutieren. Höhepunkt für viele: Der Besuch von Kanzlerin Merkel, die morgen Vormittag vor dem Treffen der großen Koalitionsrunde auf dem Kongress sprechen wird.