Bernd Gieseking: "Moin Bremen!"
Publikum: "Moin!"
Publikum: "Moin!"
Das Theater Bremen ist ausverkauft, das Publikum bester Laune. Schon die Begrüßung des Kabarettisten und Moderator des Tages, Bernd Gieseking, enthält das Thema des Tages: "Vorsicht, Heimat!". Hier: Heimat in der Sprache, wie sie der Satiriker Dietmar Wischmeyer in der Laudatio auf die beste Newcomerin beschreibt:
"'Moin!', sagt man dort, wo man sich begrüßt, und einsilbiger geht’s nun wirklich nicht. 'Moin' ist eins von diesen typischen Wörtern der Flachlandeingeborenen, die sich zwischen Ems und Elbe ausgebreitet haben. Warum? Weil, es so schön einsilbig ist! Und man nicht schon beim Begrüßen ins Labern kommt. Also 'Grüß Gott' – für so einen halben Roman, haben wir nun echt keine Zeit, ja!?"
Beste Newcomerin
Genauso einsilbig ist die Karikatur der besten Newcomerin, Sabine Winterwerber. Darauf abgebildet ist ein Paar, das schweigend an einem Tisch sitzt, als eine Dame vorbei kommt und sich zwischen den Frauen folgender Dialog entspinnt:
"Unn?"
"Jo."
"Muss!"
"Jo."
"Muss!"
"Wo man sich versteht…", ist der Untertitel. "Wer sich bei diesem Setting nicht daheim fühlt, hat kein Herz", heißt es in der Begründung der Jury. Und Winterwerber wird vor lauter Freude und Erstaunen über ihren Preis fast ebenso einsilbig:
Sabine Winterwerber: "Ich bin ein bisschen von der Rolle."
Bernd Gieseking: "Du musst nur atmen, das ist das wichtigste in diesem Augenblick."
Sabine Winterwerber: "Ok, ich atme."
Bernd Gieseking: "Du musst nur atmen, das ist das wichtigste in diesem Augenblick."
Sabine Winterwerber: "Ok, ich atme."
So reduziert wie diese Sprache, sind die schwarz-weiß Skizzen der nächsten Preisträger. In seiner Laudatio beschreibt sie der Gewinner des Vorjahres und Jury-Mitglied, Frank Hoppmann:
"Mehr als blöde Bildwitze, philosophisch, scharfsinnig, unverschämt, bösartig, aussagekräftig, intelligent, frech und, ja, auch lustig. Und manchmal zwischendurch ein schnöder Bildwitz. Und das alles kontinuierlich gut."
Jury-Preis für eine besondere Leistung
Elias Hauck und Dominik Bauer, die unter anderem auf den Satireseiten von "Spiegel Online" veröffentlichen, erhalten den Jury-Preis für eine besondere Leistung. Ihre Karikatur heißt "Fremdenfeindlichkeit" – sie zeigt zwei Männer in einem Interview: "Wir dürfen die Fremdenfeindlichkeit nicht den Rechten Parteien überlassen", steht in der Sprechblase über dem Interviewten.
Eine Karikatur, die auf den ernsten Aspekt des Mottos hinweist, ganz so wie Jury-Mitglied und Chefredakteur des "Weser-Kuriers", Moritz Döbler, es zuvor in seiner Begrüßungsrede beschrieben hatte:
"Dieses Motto kann man aus meiner Sicht auf zwei Weisen verstehen: Die eine drängt sich sofort auf, in der politischen Lage, die wir im Moment haben, nämlich erstens: Vorsicht vor den völkischen Heimatfreunden, den selbsternannten. 'Vorsicht, Heimat!' Aber die zweite Ebene finde ich fast noch wichtiger: Nämlich in dem Begriff Vorsicht steckt ja auch vorsichtig sein, also vorsichtig mit der Heimat, mit den Werten der Heimat sein, 'Vorsicht! Heimat!' heißt: Vorsicht! Nicht kaputt machen. Nicht diese Werte kaputt machen."
Preis für die Gesamtleistung
Es bleibt politisch, auch als der "Geflügelte Bleistift für die beste Gesamtleistung" an Til Mette geht. Eines seiner drei Werke zeigt einen Mann in Lederhose, der an einer Straße auf einem Podest steht, die linke Hand zur Faust geballt und nach oben gereckt, ruft er den Passanten durch ein Megaphon zu: "Machen wir einen Strich unter die Zukunft und wenden uns der Vergangenheit zu!"
Er schlägt hart in die Wunden der Gegenwart, schreibt die Jury in ihrer Begründung. Und Preisträger Mette, seine Karikaturen erscheinen unter anderem im "Stern", findet seinerseits das Motto des Wettbewerbs fantastisch: "Einerseits, dass es eben ein sinnlicher Begriff ist, der über Essen, Gerüche und die Erinnerung geht, das andere ist, dass er aber auch politisch benutzt wird, also das Heimatministerium von Horst Seehofer, ist auch für ihn eine politische Waffe."
Hauptpreis in Gold
Den Hauptpreis, den "Geflügelten Bleistift in Gold", gewinnen Achim Greser und Heribert Lenz, die ihre Zeichnungen unter anderem in der "FAZ" veröffentlichen. Sie zeichnen die Siegerehrung einer Vereinsmeisterschaft der Hasenzüchter. Der Zweitplatzierte ist ein zorniger, muslimisch gekleideter Mann, während der Erstplatzierte in Schlips und Sakko neben ihm grinst und sich denkt: "Mohammed ist wieder nur Zweiter geworden. Er explodiert gleich vor Zorn." Darunter steht: "Lauert die islamistische Bedrohung inzwischen überall?"
In seiner Laudatio interpretiert Dietmar Wischmeyer das Bild: "Greser und Lenz haben uns vor Augen geführt, wie absurd die Angst vor dem Fremden sein kann, wenn das Fremde in die Mitte der deutschen Leitkultur vordringt."
Hommage an die Karikatur grundsätzlich
An diesem Tag werden aber nicht nur die Preisträger geehrt. Vielmehr ist jede Rede auch eine Hommage an die Karikatur an sich. Moritz Döbler vom "Weser-Kurier" bringt es auf den Punkt:"Die politische Karikatur, die muss einen zum Lachen bringen, sonst ist sie nicht gut, aber sie muss zugleich ernst sein und manchmal ist sie am besten, wenn einem das Lachen im Hals stecken bleibt."