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Deutscher Pflegetag
"Pflege attraktiver machen"

Pflege soll zum Topthema der kommenden Jahre werden, forderten Experten auf dem ersten Deutschen Pflegetag vor wenigen Tagen. Für das Jahr 2030 rechnen sie mit rund 3,4 Millionen Pflegebedürftigen und fordern, den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen. Aber wie?

Von Isabel Fannrich-Lautenschläger |
    Die anstehende Pflegereform wird verpuffen, wenn nicht die Probleme der Pflegenden in den Fokus gerückt werden, lautete der Tenor auf dem ersten Deutschen Pflegetag in Berlin.
    Allerdings weiß man hierzulande bisher wenig über die rund 1,2 Millionen Menschen, die Alte oder Säuglinge professionell pfle"gen, in der Notfallaufnahme oder Psychiatrie, auf der Intensivstation oder im OP als Krankenschwester oder Pfleger arbeiten.
    "Wir haben keine differenzierte Übersicht über die Vollzeitstellen und die Teilzeitstellen. Wir haben keine Registrierung und Erfassung der Pflegenden, über die Zusammensetzung der Berufsgruppe, deren Alter, der Qualifikation, also der Demografie innerhalb der Berufsgruppe. Ich denke mal, das ist eines der Kernprobleme, denn wie will man planen, in Ausbildung, in Fort- und Weiterbildung, wenn keine verlässlichen Zahlen auch für die Zukunft als Planungsinstrument zur Verfügung stehen."
    Nationaler Aktionsplan
    Andreas Westerfellhaus will das ändern. Der Präsident des Deutschen Pflegerates setzt sich für einen nationalen Aktionsplan ein. Damit versucht er, die einseitige Diskussion über die Finanzierung von Pflege zu beenden, um stattdessen ein Berufsgesetz Pflege und eine qualifizierte Ausbildung auf den Weg zu bringen. Das Problem Fachkräftemangel könne nur durch bessere Arbeitsbedingungen gelöst werden.
    "Mehr Kolleginnen und Kollegen. Weil das dazu führt, dass die Aufgabe, für die ich antrete, ich auch sorgfältig durchführen kann. Ich kann dem Patienten zuhören. Ich kann die verbindlichen Pflegeleistungen qualitativ mit der erforderlichen Zeit dann umsetzen. Nehmen Sie einfach einen Menschen, die wie heute auch in den somatischen Einrichtungen, ob das eine Hüft-OP ist oder ob das ein Herzinfarkt ist, mit zusätzlichen demenziellen Erkrankungen in unsere Krankenhäuser kommen, haben einen gewaltigen Betreuungsbedarf durch professionelle Pflege. Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass das auch immer mit Zeit und Beziehungsarbeit zu tun hat. Und dann ist das natürlich zu Recht, dass man dann sagt, dass diese Leistung auch entsprechend bezahlt werden muss."
    Die Gesellschaft müsse die Pflege durch Angehörige und Professionelle wieder stärker schätzen. Der frühere Bundesgesundheitsminister Heiner Geißler fordert einen grundlegenden Bewusstseinswandel:
    "Dass man für die Pflege – ein hoch qualifizierter Beruf, für den man eine langjährige Ausbildung braucht – auch eine Zusatzausbildung offenbar mir nichts dir nichts irgendwelche Leute in 6-Wochen-Umschulungskursen auf die Menschheit loslassen kann. Wir müssen das Bewusstsein in unserer Gesellschaft wieder ändern."
    Dagegen verweist Frank Weidner darauf, dass Pflege sowohl in der Bevölkerung als auch unter den Fachkräften als wichtiger Beruf wahrgenommen werde. Allerdings hätten sich die Arbeitsbedingungen in den letzten zehn Jahren stetig verschlechtert, betont der Professor und Direktor des "Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung". In den Krankenhäusern etwa sei jede siebte Pflegestelle abgebaut worden trotz einer steigenden Zahl von Patienten. Harte Arbeit für wenig Geld sei auch für Menschen aus anderen Ländern wenig attraktiv – und nicht zumutbar.
    Harte Arbeit für wenig Geld: unzumutbar
    "Momentan diskutieren wir über einen Fachkräftemangel, wir haben nicht genug Menschen, die das machen, also schauen wir im Ausland nach. Das ist die politische Antwort. Dass die am Thema vorbei geht, weil es eigentlich die Arbeitsbedingungen sind, die die Menschen fernhalten aus der Pflege und man jetzt aus dem Ausland Menschen holt, die vor den selben Arbeitsbedingungen stehen, zeigt, wie hilflos das politische Vorgehen an dieser Stelle ist. Nein, man muss an die Ursachen, an die Wurzeln ran und das heißt, man muss grundsätzlich mehr Menschen in die Pflege bringen, man muss dort verhindern, dass weiter Personal abgebaut wird. Wir reden über einen Prozess, der zehn, 15 oder 20 Jahre dauert, um das wieder aufzufangen, was in den letzten zehn, 15 Jahren in der Pflege falsch gelaufen ist."